CPI

Der Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) 2023 ist am 30. Januar 2024 erschienen. Der CPI ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Er wird vom Internationalen Sekretariat von Transparency International erstellt und listet Länder nach dem Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption auf.

Der CPI 2023 umfasst 180 Länder, die auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) angeordnet werden.

Der Index fasst 13 Einzelindizes von 12 unabhängigen Institutionen zusammen und beruht auf Daten aus der Befragung von Expert:innen und Führungskräften.

Der Korruptionswahrnehmungsindex bewertet den öffentlichen Sektor – das heißt Politik und Verwaltung.

Das komplette CPI-Ranking, FAQs sowie Details zur Methodik und den Quellen finden Sie am Ende der Seite unter „Weiterführende Informationen“.

 


Internationale Trends

Insgesamt erreichen mehr als zwei Drittel der 180 Länder weniger als 50 von 100 Punkten, was ein deutlicher Hinweis auf ernsthafte Korruptionsprobleme weltweit ist. Der weltweite Durchschnitt liegt wie im Vorjahr bei einem Wert von 43 von 100 Punkten.

Dänemark liegt im CPI 2023 mit 90 Punkten an der Spitze, gefolgt von Finnland, Neuseeland und Norwegen. Die letzten Plätze belegen weiterhin Südsudan, Syrien, Venezuela und Somalia. Am Ende des Rankings befinden sich insbesondere Staaten, in denen staatliche Institutionen zerfallen und die von gewaltsamen Konflikten geprägt sind.

Besonders verbessert: Estland und Ukraine

Zu den größten Gewinnern im CPI im Lauf der letzten elf Jahre gehören die postsowjetischen Staaten Estland (76 Punkte, Rang 12, +12 Punkte seit 2012) und Ukraine (36 Punkte, Rang 104, +10 Punkte seit 2012). Die beiden Länder verbindet, dass sie bei der Korruptionsbekämpfung auf moderne digitale Transparenz- und Verwaltungsinstrumente setzen.

Bei der Ukraine kommt hinzu, dass im Zuge des EU-Beitrittsprozesses Korruptionsbekämpfung eine große Rolle spielt. Durch die verstärkten Anstrengungen der Antikorruptionsbehörden machen regelmäßig auch hochrangige Korruptionsverdachtsfälle Schlagzeilen. Da die Ukraine weiterhin mit einem vergleichsweise hohen Korruptionsniveau zu kämpfen hat, rangiert das Land im internationalen Vergleich weiterhin in der unteren Hälfte.

Rechtsstaatlichkeit und Korruption

Der weltweite Trend zur Schwächung der Rechtsstaatlichkeit, der sich seit 2016 zum Beispiel im World Justice Project Rule of Law Index abbildet, ist mit Blick auf die Korruptionsbekämpfung sehr beunruhigend.

Wie die Grafik (per Klick vergrößerbar) verdeutlicht, unterstreicht ein Vergleich des Rule of Law Index 2023 mit dem CPI 2023 eine starke Korrelation: Länder mit schwachen rechtsstaatlichen Strukturen weisen ein hohes Korruptionsniveau auf; im Umkehrschluss zeigt der Vergleich auch, dass starke rechtsstaatliche Strukturen mit einer geringen Wahrnehmung von Korruption korrelieren. (Quelle: Globaler Report zum CPI 2023, S. 9, verfügbar unter www.transparency.org/en/cpi/.)

Damit führt das Erstarken antidemokratischer Kräfte weltweit auch zu einem Ansteigen von Korruption in den jeweiligen Ländern. Wo der Rechtsstaat, unabhängige Medien und zivilgesellschaftliche Gruppen geschwächt werden, dort blüht die Korruption.

Entsprechend überrascht es nicht, dass die Türkei (34 Punkte, Rang 115, -15 Punkte seit 2012) und Ungarn (42 Punkte, Rang 76, -13 Punkte seit 2012) zu den Ländern gehören, die seit Einführung der aktuellen CPI-Methodik im Jahr 2012 im globalen Vergleich mit am meisten Punkte verloren haben.

Neben diesen beiden Ländern kommt auch Russland (26 Punkte, Rang 141) auf den niedrigsten CPI-Wert seit 2012. Das Putin-Regime hat zudem Transparency International 2023 als „unerwünschte Organisation” eingestuft. Auch der Iran (24 Punkte, Rang 149) und Venezuela (13 Punkte, Rang 177) kommen auf die bisher niedrigsten Werte seit Einführung der aktuellen Methodik.

Demokratien unter Druck

Auch als stabil geltende Demokratien sind Angriffen von innen und außen ausgesetzt. Gerade jetzt und mit Blick auf die Europawahl muss sich Deutschland auf europäischer und internationaler Ebene noch aktiver für starke Rechtsstaatlichkeit und einen vehementen Kampf gegen Korruption einsetzen.

Außerdem fordert Transparency Deutschland die Bundesregierung auf, den Gefahren der „strategischen Korruption“ entgegenzutreten und eine Strategie gegen die Einflussnahme durch autokratische Regime vorzulegen. In den letzten Jahren haben autokratische Regime Korruption in großem Umfang strategisch als Werkzeug gegen westliche Demokratien eingesetzt.

Ziel ist es, Entscheidungstragende für ihre geopolitischen Ziele zu vereinnahmen, demokratische Institutionen und ganze Gesellschaften zu destabilisieren und deren nationale Sicherheit zu untergraben. Diese Form der Korruption ist auf strategische, langfristige Einflussnahme ausgelegt. Es ist dringend geboten, unsere Institutionen und unsere Gesellschaft widerstandsfähiger zu machen.


Die Situation in Deutschland

Deutschland erreicht im CPI 2023 mit 78 Punkten den 9. Rang. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland weiterhin zu den robustesten Ländern im Kampf gegen Korruption. Während in vielen Staaten Korruption systemisch ist, gibt es in Deutschland eine gefestigte Demokratie, in der Korruption prinzipiell geächtet ist, und einen funktionierenden Rechtsstaat, der bei Korruptionsverdacht auch gegen hochrangige Personen vorgeht.

Gleichzeitig verliert Deutschland im zweiten Jahr in Folge einen Punkt und erreicht wieder den gleichen Punktwert wie vor zehn Jahren. Dennoch tritt Deutschland im Korruptionswahrnehmungsindex mehr oder weniger auf der Stelle. Obwohl Deutschland das Problem der Korruption verhältnismäßig gut im Griff hat, gibt es einige offene Flanken. Skandale wie Cum-Ex, die Masken-Affäre und die Aserbaidschan-Affäre verdeutlichen die Schwachstellen, im Jahr 2023 sorgte insbesondere die sog. Graichen-Affäre für Schlagzeilen.

Der Politik fehlt es bei der Korruptionsbekämpfung nach wie vor an Konsequenz. Im Jahr 2023 gab es zu viele halbe Sachen: Zwar wurde das Lobbyregister reformiert, der Lobbyfußabdruck wurde allerdings erstmal weggelassen. Auch das neue Gesetz zum Schutz von Hinweisgebenden ist ein Fortschritt, aber der große Bereich der nationalen Sicherheit wurde fast komplett ausgeklammert. Für das dringend benötigte Unternehmensstrafrecht hat die Koalition bisher keinen Entwurf vorgelegt.

Transparency Deutschland fordert daher, dass die Ampel-Koalition im Jahr 2024 drei Vorhaben, die bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, endlich umsetzt: die Verschärfung des Gesetzes gegen Abgeordnetenbestechung, den Lobbyfußabdruck und das Bundestransparenzgesetz.

Darüber hinaus sind auch die Bundesländer gefragt, Strafverfolgungsbehörden und Justiz schlagkräftiger auszustatten. Unabhängig davon braucht es in allen gesellschaftlichen Bereichen einen Wandel in den Köpfen hin zu Transparenz, Offenheit und umfassender Partizipation.

2023: Fortschritte und verpasste Chancen

Der Deutsche Bundestag hat im Oktober 2023 ein verbessertes Lobbyregister beschlossen. Einige langjährige Forderungen von Transparency Deutschland haben Eingang in das Gesetz gefunden. So müssen Lobbyist:innen künftig konkret benennen, zu welchen Gesetzen und Verordnungen sie gearbeitet haben und grundlegende Stellungnahmen veröffentlichen.

Dennoch ist das Gesetz kein großer Wurf, da die Chance verpasst wurde, einen Lobbyfußabdruck in das Gesetz zu integrieren. Nur durch den Fußabdruck wird klar, welche Wirkung die Arbeit von Lobbyist:innen auf Gesetze und Rechtsverordnungen hat. Im Fußabdruck steht, wie und an welcher Stelle Lobbyist:innen sich eingebracht haben und wie ihre Forderungen berücksichtigt wurden. Damit der Lobbyfußabdruck zügig beschlossen wird, sammelt Transparency Deutschland derzeit Unterschriften.

Durch die Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie haben viele hinweisgebende Personen in Deutschland seit Juli 2023 endlich einen gesetzlichen Schutz bekommen. Das war mehr als überfällig, nachdem Deutschland die Whistleblowing-Richtlinie der EU schon vor anderthalb Jahren hätte umsetzen müssen. Leider wurde das Gesetz im Vermittlungsausschuss auf den letzten Metern an entscheidenden Punkten verwässert.

Die Einschränkungen bringen Unsicherheiten für hinweisgebende Personen, Unternehmen und Behörden. Auch die Ausnahmen vom Gesetz mit Blick auf Verschlusssachen und den Bereich der Geheimdienste gehen deutlich zu weit. Transparency Deutschland hatte am Rande der Verhandlungen die Unterschriften von mehr als 65.000 Menschen übergeben.

Die Reform des Parteiengesetzes im Dezember 2023 ist mit Blick auf die Transparenz von Parteispenden leider nur ein zögerlicher Schritt nach vorne. Wichtig und richtig war, Parteisponsoring analog zu Parteispenden transparent zu machen und Parallelaktionen, durch die Parteien verdeckt unterstützt werden konnten, zu unterbinden.

Transparency Deutschland fordert den Deutschen Bundestag auf, die Schwellenwerte zur Veröffentlichung deutlich weiter abzusenken und eine unabhängige Instanz zur Kontrolle der Parteienfinanzierung einzuführen. Fälle wie die jüngst durch die Bundestagsverwaltung eingestellte Untersuchung der Spenden des Immobilienunternehmers Gröner an die Berliner CDU zeigen, dass die derzeitige Kontrolle keinen Biss hat.

In Deutschland ist es nach wie vor nicht strafbar, wenn Abgeordnete ihre Stellung missbrauchen, um im Gegenzug für einen persönlichen Vorteil Einfluss im Interesse Dritter zu nehmen. Daher wurden die in die Maskenaffäre involvierten Abgeordneten nicht verurteilt. Das liegt laut dem Bundesgerichtshof daran, dass der deutsche Gesetzgeber das „Korruptionsdelikt der missbräuchlichen Einflussnahme” nicht im deutschen Recht verankert hat.

Transparency Deutschland fordert, dieses Schlupfloch für Abgeordnetenbestechung zügig durch eine Reform des §108e StGB zu schließen. Die Ampel-Koalition hat eine Überarbeitung im Koalitionsvertrag vereinbart und Abgeordnete haben dies im Jahr 2023 wiederholt öffentlich angekündigt, aber bisher keinen Gesetzentwurf vorgelegt.

Die im Juni 2023 vorgestellte Nationale Sicherheitsstrategie macht deutlich, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung gegen illegitime Einflussnahme von außen geschützt und verteidigt werden muss. Dabei wird jedoch Korruption als Sicherheitsrisiko für Deutschland ausgeklammert. Dabei sind die Gefahren durch strategische Korruption rund ein Jahr nach Katargate sowie im Licht der russischen Einflussnahme in Europa besonders zu Tage getreten.

Deutschland sollte nach dem Vorbild der USA eine umfassende Nationale Strategie zur Bekämpfung der Korruption als Risiko für die nationale Sicherheit vorlegen. Bereits 2021 hat das Weiße Haus die Bekämpfung von Korruption durch seine Antikorruptionsstrategie zur Priorität erklärt. Auf dieser Grundlage sollte die Bundesregierung einen verbindlichen Aktionsplan beschließen und eine Koordinierungsstelle zur Korruptionsbekämpfung einrichten.

Bis Ende des Jahres 2022 wollte die Ampel-Koalition ursprünglich Eckpunkte für ein Bundestransparenzgesetz vorlegen – doch noch immer geht das Warten weiter. Dabei liegt ein fertiger Gesetzentwurf bereits vor, der im Herbst 2022 von einem zivilgesellschaftlichen Bündnis u.a. rund um Transparency Deutschland, Mehr Demokratie und FragDenStaat vorgestellt wurde.

Das Bundestransparenzgesetz stellt eine große Chance für einen Kulturwandel in der Verwaltung dar, hin zu mehr Transparenz, Partizipation und Digitalisierung. Dafür wäre auch eine Verankerung des Grundsatzes „Open Data by Default“ in einem Bundestransparenzgesetz wichtig, damit Daten grundsätzlich in einem offen nutzbaren Format zur Verfügung gestellt werden.

„Wir schützen ehrliche Unternehmen vor rechtsuntreuen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern. Wir überarbeiten die Vorschriften der Unternehmenssanktionen einschließlich der Sanktionshöhe, um die Rechtssicherheit von Unternehmen im Hinblick auf Compliance-Pflichten zu verbessern und für interne Untersuchungen einen präzisen Rechtsrahmen zu schaffen.”

Dieses Versprechen gab die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag (S. 88). Seither ist das Thema jedoch kaum vorangekommen, ein offizieller Gesetzentwurf liegt noch nicht vor. Dabei haben die Skandale der vergangenen Jahre die Notwendigkeit eines präventiv wirkenden Sanktionierungssystems und der Etablierung des Legalitätsprinzips verdeutlicht. Aktuell betragen die Geldbußen für Unternehmen bei einer vorsätzlichen Straftat maximal 10 Millionen Euro, unabhängig von der Belegschaftsstärke und dem Umsatz des Unternehmens.

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie bildet die Grundlage für den deutschen Beitrag zur Erreichung der globalen Agenda 2030. Die im Juni 2023 im Bundeskanzleramt diskutierte Zwischenbilanz zur Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) ist durchwachsen: Deutschland liegt bei mindestens 39 der 76 Indikatoren „off track“ (Stand 31.10.2022). In diesen Bereichen wird Deutschland seine Verpflichtungen voraussichtlich nicht erreichen, wenn die aktuelle Entwicklung sich fortsetzt. Global sieht es nicht besser aus.

Als Indikator 16.3a zählt zu den Zielen der Bundesregierung auch eine Verbesserung der Bewertung im Korruptionswahrnehmungsindex bis zum Jahr 2030 – bisher ohne Erfolg. In der deutschen Strategie von 2016 wird zwar auf die „Schlüsselfunktion des Ziels 16“ und damit auch der darin verankerten Korruptionsbekämpfung hingewiesen. Bei der Vorstellung der Zwischenbilanz fand das Thema jedoch keine Erwähnung, obwohl Korruption die Erreichung aller anderen Zielbereiche unterminieren kann.


Wie wird der CPI erstellt? Die Methodik im Video



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