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Wahlprüfsteine Landtagswahl Bayern 2018

Transparency Deutschland hat im Vorfeld der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober 2018 die Parteien CSU, SPD, Freie Wähler, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und DIE LINKE zu Ihren Positionen bei Korruptionsbekämpfung und Transparenz befragt.

Auf dieser Seite finden Sie alle Fragen sowie die Antworten von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Freie Wähler und FDP. CSU und DIE LINKE hingegen haben keine Antworten eingereicht.

Alle an der Befragung teilnehmenden Parteien sprechen sich für einen besseren Hinweisgeberschutz sowie eine gesetzliche Regelung zur Informationsfreiheit aus. Die Forderung zur Einführung eines Lobbyregisteres sowie eines sogenannten "legislativen Fußabdrucks" auf Landesebene unterstützen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Freien Wähler.


Frage 1 – Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz

2017 erschien erstmals ein Transparenzranking, welches die Bundesländer hinsichtlich ihrer Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze vergleicht. Wie bewerten Sie das mangelhafte Abschneiden des Freistaates Bayern?

Das Transparenzranking zeigt deutlich, dass nur noch wenige Bundesländer über keine entsprechenden Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze verfügen. In die Reihe dieser Länder reiht sich leider auch der Freistaat Bayern ein. Wir haben uns bereits mehrmals für den Erlass eines Bayerischen Informationsfreiheits- bzw. Informationszugangsgesetzes eingesetzt (vgl. hierzu Gesetzentwürfe der FREIE WÄHLER Landtagsfraktion (LT-Drs. 16/3679; 17/1602), das allen Bürgern und Bürgerinnen einen allgemeinen und voraussetzungslosen Zugang zu amtlichen Informationen des Freistaats Bayern unter angemessener Berücksichtigung des Daten- und Geheimnisschutzes gewährt. Allerdings wurden beide Gesetzentwürfe abgelehnt. Aus unserer Sicht ist der umfassende Zugang zu amtlichen Informationen eine wichtige Voraussetzung für die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten. Wir sind der Auffassung, dass ein entsprechendes Gesetz nicht nur zur Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung beitragen würde. Daneben würde auch die Kontrolle staatlichen Handelns verbessert sowie dessen Akzeptanz in der Bevölkerung gestärkt. Der Erlass eines Bayerischen Informationsfreiheitsgesetzes ist daher aus unserer Sicht unerlässlich.

Bayern schneidet in diesem Transparenzranking erwartungsgemäß katastrophal ab, da die CSU-Staatsregierung beim Recht auf Informationsfreiheit seit Jahren mauert und sich allen vernünftigen Sachargumen-ten verschließt. Informationsfreiheit ist für uns ein elementares Bürgerrecht des 21. Jahrhunderts. Wir Grüne haben deshalb wiederholt Gesetzesentwürfe für ein Informationsfreiheitsgesetz und seit 2013 auch für ein noch weitergehendes Transparenzgesetz, das wir in interaktiver Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet haben, in den Landtag eingebracht. Jede Initiative wurde durch die CSU-Mehrheit abgelehnt. Wir Grüne fordern, Bürgerinnen und Bürgern das Recht zu geben, bei Behörden Informationen zu erfragen, Akteneinsicht zu verlangen und Kopien von Unterlagen anzufordern. Ebenso müssen alle Informationen, die in der Verwaltung vorhanden und die von öffentlichem Interesse sind – Statistiken, Gutachten, Verwaltungsvorschriften, Verträge – im Internet über ein zentrales Informationsregister verfügbar gemacht werden, alles im Rahmen des klaren Datenschutzes: Öffentliche Informationen sollen öffentlich gemacht werden, private Informationen bleiben privat. Bayern muss in Sachen Informationsfreiheit endlich vorankommen, den gegenwärtig sind wir im Ländervergleich abgehängt.

Dass für Bayern im Transparenzranking 2017 von Mehr Demokratie e.V. und der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. keine Punktevergabe wegen eines fehlenden Informationsfreiheits-/Transparenzgesetzes möglich gewesen ist, ist bekannt. Die BayernSPD kritisiert, dass in Bayern seit Jahren die die Staatsregierung tragende CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag ein Bayerisches Informationsfreiheitsgesetz bzw. ein Bayerisches Transparenzgesetz blockiert. Seit 2001 versuchten insgesamt neun parlamentarische Initiativen der Oppositionsfraktionen ein Informationsfreiheits-/Transparenzgesetz einzuführen. Sie scheiterten alle an der Mehrheit der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Zwar gewährt Art. 39 BayDSG ein allgemeines Recht auf Auskunft über den Inhalt von Dateien und Akten öffentlicher Stellen, soweit ein berechtigtes, nicht auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft dargelegt wird und bei personenbezogenen Daten eine Übermittlung an nicht öffentliche Stellen zulässig ist und Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt werden, jedoch bietet diese Vorschrift kein Auskunftsrecht wie es ein Informationsfreiheitsgesetz bieten würde, noch ist sie ein Ersatz für ein Bayerisches Informationsfreiheitsgesetz. Art. 39 BayDSG stellt eine Kodifizierung des aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Informationszugangsbegehren durch die Behörde dar und normiert kein eigenständiges Recht auf Informationen.
Da es sich bei Art. 39 BayDSG um kein BayIFG handelt, die Vorschrift überdies sehr restriktiv formuliert ist, und die öffentlichen Stellen auch weder zur proaktiven elektronischen Bereitstellung von Behördeninformationen, noch zur elektronischen Akten- oder Registerführung verpflichtet werden, bleibt die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes oder besser: eines Transparenzgesetzes für Bayern weiter auf der Agenda der BayernSPD.
Mangels eines modernen Informationsfreiheits-/Transparenzgesetzes verwundert das schlechte Abschneiden Bayerns bei dem Transparenzranking nicht.
Auf kommunaler Ebene hat man sich aufgrund des den Kommunen garantierten Selbstverwaltungsrechts mit kommunalen Informationsfreiheitssatzungen helfen können und auch geholfen und wie Sie richtig feststellen, haben mittlerweile über 80 Kommunen in Bayern Informationsfreiheitssatzungen für ihren eigenen Wirkungskreis erlassen, allerdings mit unterschiedlicher Qualität, was man auch feststellen muss. In den seltensten Fällen ist die überarbeitete Mustersatzung des Bündnisses Informationsfreiheit für Bayern die Vorlage für diese Satzungen, was wünschenswert wäre, sondern Vorlagen sind Satzungsentwürfe der Verwaltung, des Bürgermeisters, der Gemeindeverwaltung oder des Landratsamts.
Art. 39 BayDSG entfaltet gegenüber den IFS keine Sperrwirkung, wie der BayVGH in seinem Obiter Dictum in der Entscheidung zur IFS der Gemeinde Inzell spekuliert hat. Die Gemeinden und Landkreise können aufgrund ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts Informationsfreiheitssatzungen beschließen, sind jedoch auf die Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises beschränkt, weswegen kommunale Informationsfreiheitssatzungen ein Informationsfreiheits-/Transparenzgesetz auch für die kommunale Ebene nicht überflüssig machen. Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises, die auch zu den kommunalen Angelegenheiten zählen, bedürfen so eines Informationsfreiheits-/Transparenzgesetzes.

Die von der CSU geführte Staatsregierung verweigert sich seit Langem einem Informationsfreiheitsgesetz, aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Damit zeigt die Staatsregierung keinen erkennbaren Willen, ihr Handeln gegenüber dem Bürger als Souverän transparent und durchschaubar zu machen. Wir finden: auch in Bayern muss staatliches Handeln endlich für den Bürger nachvollziehbar sein. Folglich wollen wir Freie Demokraten mit einem bayerischen Informationsfreiheitsgesetz für Bürger auch auf Landesebene einen Anspruch auf Einsicht in staatliche Prozesse schaffen. Vorbild dafür ist das seit 2006 bestehende Bundesinformationsfreiheitsgesetz. Die Herausgabe von Daten muss ein unbürokratischer, leicht durchführbarer Vorgang sein. Die Behörden sollen die Herausgabe der Informationen möglichst kostenlos durchführen. Die Initiativen auf kommunaler Ebene begrüßen wir ausdrücklich.


Frage 2 – Informationsfreiheitssatzungen

Auf kommunaler Ebene haben bereits mehr als 80 Kommunen Informationsfreiheitssatzungen erlassen, darunter fast alle Großstädte Bayerns. Wie erklären sie sich die Diskrepanz zwischen kommunaler Ebene und Landesebene?

Auf der Grundlage ihrer gemeindlichen Organisationshoheit haben sich zahlreiche Kommunen dafür entschieden, entsprechende Informationsfreiheitssatzungen zu schaffen. Sie haben damit ein klares Signal für mehr Bürgernähe und Transparenz gesetzt, indem sie ihren Bürgern und Bürgerinnen ermöglichen, sich zu informieren. Verwaltungsvorgänge werden auf diese Weise für die Bürger und Bürgerinnen transparent und können von diesen auch besser nachvollzogen werden. Dies schafft Vertrauen und Akzeptanz für die Verwaltung sowie für die von ihr getroffenen Entscheidungen. Diesen Beispielen auf kommunaler Ebene sollte nun auch der Landesgesetzgeber folgen und ein entsprechendes Bayerisches Informationsfreiheitsgesetz erlassen, um auch auf Landesebene für die nötige Transparenz zu sorgen.

Ganz offensichtlich haben die Menschen ein großes Interesse an einer offenen Verwaltung, an Zugang zu Informationen und transparenten Entscheidungsprozessen. Dort wo sie es selbst in die Hand nehmen können, nämlich in den Kommunen, schaffen sich die Bürgerinnen und Bürger diese Rechte selbst. Der Erfolg der kommunalen Informationsfreiheitssatzungen zeigt deutlich, wie unbegründet es ist, dass die Staatsregierung in Sachen Transparenz und Informationsfreiheit seit Jahren alle Initiativen blockiert. Die Informationsfreiheitssatzungen sind ein echtes Erfolgsmodell. Sie tragen auch dazu bei, dass Bedenken gegen mehr Offenheit in der Verwaltung abgebaut werden und bringen Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung näher zueinander.

Vgl. Antwort 1

Vgl. Antwort 1


Frage 3 – Beauftragte/r für Informationsfreiheit

Befürworten Sie, dass künftig die Stelle eines/einer Beauftragten für Informationsfreiheit auf Landesebene eingerichtet wird? Wenn ja, welche Kompetenzen würden Sie einer solchen Stelle einräumen?

Wir befürworten die Einrichtung der Stelle eines Landesbeauftragten für Informationsfreiheit, der grundsätzlich von jedermann angerufen werden kann, der sein Recht auf Informationsfreiheit als verletzt ansieht. Entsprechend dem Vorbild in vielen anderen Bundesländern (vgl. beispielsweise Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern) sollte die Aufgabe des Landesbeauftragten für Informationsfreiheit aufgrund der engen Verzahnung zwischen Informationsfreiheit und Datenschutz von dem Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen werden. Die Kompetenzen eines solchen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit würden sich damit aus den bereits für den Landesbeauftragten für den Datenschutz bestehenden Befugnissen ergeben. Aufgabe eines Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wäre es damit, den Bürgern und Bürgerinnen zu helfen, ihre Rechte bei Behörden und staatlichen Stellen durchzusetzen. Entsprechende Beschwerden würden durch ihn überprüft. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit könnte aber auch unabhängig von etwaigen Beschwerden staatliche Stellen kontrollieren. Bei entsprechenden Verstößen hätte der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit zudem auch ein Beanstandungsrecht. Bei Gesetzgebungsverfahren bzw. dem Erlass von entsprechenden Verwaltungsvorschriften wäre der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit seitens der Staatskanzlei und den Staatsministerien zu unterrichten. Dem Landtag und der Staatsregierung gegenüber müsste der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit alle zwei Jahre einen entsprechenden Tätigkeitsbericht erstatten.

Ja, wir brauchen eine oder einen Beauftragte/n für Informationsfreiheit und Transparenz in Bayern! Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich an ihn oder sie wenden können, wenn sie ihr Recht auf Informationsfreiheit, das wir Grüne mit unserem Transparenzgesetz endlich in Bayern einführen wollen, verletzt sehen. Außerdem sollen er oder sie mindestens alle zwei Jahre einen Bericht über die Situation der Informationsfreiheit in Bayern abgeben und die Verwaltung dabei unterstützen Transparenz herzustellen

Die BayernSPD schlägt die Einrichtung eines Beauftragten für Transparenz und Informationsfreiheit vor und dessen gesetzliche Verankerung in einem Bayerischen Transparenz- und Informations-freiheitsgesetz. Er soll die Einhaltung der Vorschriften eines BayTIFG kontrollieren und Landtag und Staatsregierung alle zwei Jahre einen Bericht über seine Tätigkeit erstatten. Er soll dabei auch einen Überblick über die Anzahl und die Schwerpunkte der Anträge auf Information, die Zahl der abgelehnten Anträge und der Fristverlängerung geben und Verbesserungen des Transparenzgebots anregen. Jeder/jede soll das Recht haben, den Beauftragten für Transparenz und Informationsfreiheit anzurufen, wenn er das Transparenzgebot oder sein Recht auf Informationszugang nach einem BayTIFG als verletzt ansieht.

Entscheidend ist, dass ein Informationsfreiheitsgesetz auf Landesebene auch mit einem einklagbaren Anspruch kommt. Ob danach ein eigener Beauftragter notwendig sein wird, muss sich in der Umsetzung der Gesetzgebung zeigen


Frage 4 – Parteienfinanzierung

Wie bewerten Sie die Forderung von Transparency International Deutschland nach mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung? Bitte nehmen Sie insbesondere zur Frage der Rechenschaftspflicht bei Parteiensponsoring Stellung.

Wir sprechen uns für volle Transparenz bei Parteispenden aus. Gerade in Wahljahren haben Parteispenden Hochkonjunktur. Industrieverbände, einzelne Unternehmen oder Firmeninhaber als Privatpersonen überweisen dann regelmäßig gewaltige Summen. Problematisch wird dies dann, wenn die Parteien hierdurch zusehends in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten, die Zahlungen mitunter für diese unverzichtbar werden. Wir fordern daher eine Reglementierung, die sich nach unserer eigenen freiwilligen Selbstverpflichtung von maximal 20.000 Euro Spenden von juristischen Personen sowie maximal 50.000 Euro von natürlichen Personen pro Jahr richtet. Wir sehen hierdurch gewährleistet, dass wenige große Geldgeber keinen finanziellen Entscheidungsdruck in den Parteizentralen ausüben können. Da wir das Thema Parteispenden schon immer sehr sensibel betrachtet haben, nehmen wir mit Rücksicht auf unsere politische Unabhängigkeit bewusst keine Großspenden an. Zudem erachten wir Geschäftsmodelle, in deren Rahmen Parteien ihre Vertreter in politischen Spitzenämtern gegen Geldzahlungen für Veranstaltungen von Unternehmen anbieten, als unredlich, weshalb wir diese Einnahmequelle auch verbieten wollen.

Bündnis 90/Die Grünen teilen die Forderungen von Transparency International. Wir wollen ebenfalls eine Senkung der Veröffentlichungsgrenzen für Parteispenden und die Einführung entsprechender Regeln auch für das Parteisponsoring. Auf Bundesebene haben die Grünen einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Grenze für die Veröffentlichung von Spenden auf der Webseite des Bundestages von 50.000€ auf 25.000€ senken wollte. Für die Veröffentlichung in den Rechenschaftsberichten der Parteien wollen wir eine Absenkung von 10.000€ auf 5.000€ erreichen. Beides wurde abgelehnt. Wir
Grüne veröffentlichen seit darüber hinaus unsere Einnahmen durch Sponsoring bei unserer Delegiertenkonferenz. Hier gehen wir weiter als es das Parteiengesetz verlangt, denn dort müssen solche Sponsoring-Gelder nur gesammelt als ‚sonstige Einnahme‘ aufgeführt werden.

Die Finanzquellen der Parteien setzen sich aus Mitgliedsbeiträgen, staatlichen Mitteln und Spenden zusammen. Doch zwischen den Parteien gibt es große anteilsmäßige Unterschiede. So finanziert sich die SPD in einem viel geringeren Umfang durch Spenden als andere Parteien. Spenden müssen bis zu einer bestimmten Grenze nicht unmittelbar offengelegt werden. Ebenso existiert bislang keine allgemein gültige Obergrenze für Spenden pro Person an eine Partei. Dies begünstigt wiederum verdeckte Einflussnahme und deshalb muss auch hier mehr Transparenz geschaffen werden. Künftig sollte die Veröffentlichungsgrenze für Spenden gesenkt werden. Für Spenden ab einer bestimmten Höhe sollte gelten, dass die Spender/innen namentlich in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufzuführen sind. Auch sollte eine Obergrenze für Spenden pro Jahr, pro Person und Partei eingeführt werden. Eine signifikante Finanzierungsquelle von Parteien ist auch das sogenannte Sponsoring. Dies setzt sich zum Beispiel aus Anzeigen in Parteizeitungen und Standgebühren an Parteitagen zusammen. Es ist nur logisch und konsequent, zu fordern, dass das Parteiensponsoring denselben Regularien wie Spenden unterliegen soll. Es ist bekannt, dass die SPD-Bundestagsfraktion in der letzten WP des Bundestags beabsichtigt hat, einen Gesetzentwurf für mehr Transparenz bei Parteiensponsoring und in der Gesetzgebung vorzulegen. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, wer - direkt oder indirekt - Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. Vertrauen in die Legitimität staatlicher Entscheidungen setzt Transparenz voraus. Der Gesetzentwurf sieht deshalb die Einrichtung eines Lobbyregisters im Bundestag vor, in dem alle Vertreter von Verbänden, Initiativen und  anderen Lobbygruppen aufgeführt werden. Die Bundesregierung sollte zur Angabe eines „legislativen Fußabdrucks“ verpflichtet werden. Sie soll also offenlegen müssen, welche Interessenvertreter und Sachverständige bei der Erarbeitung eines Gesetzentwurfs mitgewirkt haben. Ein Beauftragter des Bundestags soll über die Einhaltung der Vorschriften wachen. Außerdem soll Transparenz über Einnahmen der Parteien durch Sponsoring geschaffen werden. Sie sollen zukünftig im Rechenschaftsbericht aufgeführt werden. Langfristig sollte man sich allerdings Gedanken machen, ob man Parteien nicht gänzlich unabhängig von Spenden macht. So könnte der Verdacht der unlauteren Einflussnahme, der mit jeder Großspende einhergeht, beseitigt und die Demokratie gestärkt werden.

Die FDP Bayern hält sich genau an alle gesetzlichen Vorschriften, die die Veröffentlichung von Spendengeldern betreffen. Darüber hinaus gehende Veröffentlichungen von Spendern unter den veröffentlichungspflichtigen Beträgen (siehe § 25 Abs. 3 PartG) würde Konflikte mit dem Datenschutz mit sich bringen. Unter Sponsoring versteht die FDP in Übereinstimmung mit dem einschlägigen Erlass des BMF (BMF IV B 2 – S 2144 – 40/98, IV B 7 – S 0183 –62/98, v. 18.02 1998) - sog. Sponsoringerlass - die Gewährung von Geld oder geldwerten Vorteilen, mit der der Gewährende auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit verfolgt. Es ist somit die Bezahlung einer Dienstleistung im Umfeld von Parteiveranstaltungen durch Sponsoren, wobei die Dienstleistung darin besteht, dass den Sponsoren das Recht eingeräumt wird, mit ihrem Sponsoring für ihre Produkte zu werben. Die Freie Demokratische Partei befürwortet das Sponsoring politischer Veranstaltungen durch die Wirtschaft. Sponsoring ist per se ein öffentlicher Vorgang. Sponsoren sind dabei z.B. mit Ständen oder Broschüren, die bei den jeweiligen Veranstaltungen für alle Gäste ausgelegt werden, vertreten und somit transparent sichtbar. Nur durch die öffentliche Präsentation des Sponsors und die Benennung seines Engagements erfüllt das Sponsoring die Voraussetzungen, welche die Finanzverwaltung an Betriebsausgaben dieser Art knüpft. Die Verbuchung und der Ausweis dieser Beträge erfolgen nach den Bestimmungen des Parteiengesetzes und werden im Rechenschaftsbericht der Partei ausgewiesen. Politisch treten wir Freie Demokraten dafür ein, dass die Parteien mit ihren Rechenschaftsberichten auch einen Sponsoringbericht erstellen, der jedermann zeigt, wer zu welchen Gelegenheiten und in welchem Umfang Veranstaltungen politischer Parteien unterstützt hat.


Frage 5 – Lobbyregister

Wie stehen Sie der Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters im Freistaat Bayern auf gesetzlicher Grundlage gegenüber?

Wir werden uns auch künftig für ein solches Register einsetzen. Schon bisher haben wir ein solches Transparenzregister für Bayern gefordert. Die Vertretung von Interessen gegenüber der Legislative und der Exekutive ist legitimer Bestandteil unseres demokratischen Systems. Allerdings bestehen kaum Regelungen für die Zulässigkeit und Form der Einflussnahme von Interessenvertretern. Die Interessenvertretung im Freistaat Bayern muss künftig transparent und möglichst unbürokratisch geregelt werden. Ein Lobbyistenregister erlaubt zudem, Verflechtungen oder Interessenskonflikte besser zu erkennen, z.B. wenn ehemalige oder aktuelle Entscheidungsträger oder Berater zugleich als Lobbyisten registriert sind. Das Register sollte aber nicht nur für den Landtag, sondern auch für die Staatsregierung gelten, beim Landtag geführt und auf der Internetseite des Landtags veröffentlicht werden.

Die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters in Bayern, mit dem der Einfluss von Lobbyistinnen und Lobbyisten und Interessengruppen offengelegt werden soll, würde die Demokratie in Bayern stärken. Wir wollen für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar machen, welche Verbände oder Unternehmen Einfluss auf ein Gesetz genommen haben („legislativer Fußabdruck“). Auf Bundesebene haben wir Grünen ein solches Gesetz bereits wiederholt gefordert. Damit nicht in jedem Bundesland andere Regelungen gelten, wäre eine Orientierung von Landesregelungen an einem solchen Bundesgesetz sinnvoll. Da die Bundesregierung aus SPD und CDU/CSU das Thema Lobbyregister nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat, ist hier aber auch für die laufende Legislaturperiode nur Stillstand zu erwarten. Deshalb ist es jetzt an der Zeit in den Ländern voranzugehen und für Bayern eine eigenständige Regelung auf den Weg zu bringen.

Die BayernSPD hat sich in der 17. Wahlperiode erneut für die Einführung eines Transparenzregisters eingesetzt. Unseren Vorstellungen nach soll die Präsidentin oder der Präsident des Bayerischen Landtags eine öffentliche Liste führen, in der alle Verbände, die Interessen gegenüber dem Landtag oder der Staatsregierung vertreten, auf Antrag eingetragen werden. Eine Anhörung von Vertretern von Verbänden im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren u.a. soll nur stattfinden, wenn die Verbände in die Liste eingetragen und dabei folgende Angaben gemacht haben: Name und Sitz des Verbands, Zusammensetzung von Vorstand und Geschäftsführung, Interessenbereich des Verbands, Mitgliederzahl, Anzahl der angeschlossenen Organisationen, Namen der Verbandsvertreter, Anschrift der Geschäftsstelle am Sitz des Landtags. Die Eintragung in die Liste begründet keinen Rechtsanspruch auf Anhörung. Die Liste ist von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Bayerischen Landtags auf der Homepage des Bayerischen Landtags zu veröffentlichen.

Wir Freien Demokraten halten die bestehenden Regeln (u.a. Anlage 2 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Registrierung von Verbänden und deren Vertetern) für ausreichend. Ein zusätzliches Lobbyistenregister wäre ein hoher bürokratischer Aufwand bei minimalem demokratischen Gewinn: Denn für die Demokratie und das Treffen sachgerechter Entscheidungen ist nicht die Frequenz des Kontakts mit Bürgern und Interessengruppen ausschlaggebend, sondern, dass keine unzulässigen Beeinflussungen stattfinden. Es wäre eine reine Scheintransparenz ohne echten Informationsgehalt, wenn bspw. festgehalten würde, dass sich ein Abgeordneter z.B. zweimal mit einem Vertreter von Transparency International Deutschland e.V. ausgetauscht hat.


Frage 6 – Maßnahmen gegen Korruptionsstraftaten

Nachdem es in jüngster Zeit mehrere Ermittlungsverfahren zu Korruptionsstraftaten in bayerischen Behörden gab – wie gedenken Sie dem Phänomen über Antikorruptionsrichtlinien hinaus wirksame Maßnahmen entgegenzusetzen?

Die jüngsten Korruptionsskandale in Bayern sind bedauerlich. Sie haben aber auch deutlich gemacht, dass es sich bei Korruptionsstraftaten um keine Kavaliersdelikte handelt. Korruption in der öffentlichen Verwaltung führt zu einem Vertrauensverlust der Bevölkerung in deren Integrität und Unbestechlichkeit. Zudem geht das Ansehen für die öffentliche Verwaltung sowie die Akzeptanz für die von ihr getroffenen Entscheidungen hierdurch immer mehr verloren. Korruption weist damit ein beachtliches Schadenspotenzial für die öffentliche Verwaltung auf. Umso wichtiger sind daher effektive Maßnahmen, um Korruption vorzubeugen und zu bekämpfen. Gerade im präventiven Bereich stellen Antikorruptionsrichtlinien ein wichtiges Instrument zur Vorbeugung dar. Wichtig ist es aber darüber hinaus auch, dass Korruptionsstraftaten konsequent verfolgt und geahndet werden. Dies setzt zum einen voraus, dass die zuständigen Strafverfolgungsbehörden über die nötige Personalausstattung und das erforderliche, auch stets aktualisierte Fachwissen in diesem Bereich verfügen. Zum anderen müssen den Strafverfolgungsbehörden aber auch die gesetzlichen Mittel zum strafrechtlichen Einschreiten zur Verfügung stehen. Insoweit ist es positiv zu bewerten, dass der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung im Jahre 2014 neu gefasst wurde und Deutschland damit endlich die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert hat. Die Neufassung wurde allerdings zum Teil als zu eng und unzureichend kritisiert, da nicht alle Fälle erfasst werden können. Diese Kritik macht deutlich, dass gerade im gesetzlichen Bereich gegebenenfalls noch Nachbesserungen zur wirksamen Bekämpfung von Korruption erforderlich sind.

Antikorruptionsrichtlinien sind der erste Schritt. Sie sind wichtig, dürfen aber nicht das einzige Mittel bleiben. Es ist unverzichtbar, ihre Einhaltung auch durchzusetzen. Dafür ist in den jeweiligen Verwaltungen und Behörden Personal vorzusehen und mit der nötigen Unabhängigkeit abzusichern und es sind auch außerhalb der jeweiligen Behörden institutionelle Stellen, die hinreichend mit Personal und Sachmitteln ausgestattet sind, zu schaffen, um Korruption zu bekämpfen. Außerdem sind die Staatsanwaltschaften hinreichend also wesentlich besser als jetzt zu besetzen (siehe unsere Antworten zu den Fragen 8 und 9).

Korruption darf sich wirtschaftlich nicht lohnen. Daher muss man über ein Unternehmensstrafrecht in Deutschland nachdenken. Bislang können Unternehmen lediglich nach dem OWiG verurteilt werden. Große Unternehmensskandale in jüngster Vergangenheit haben gezeigt, dass zudem gesetzliche Mindeststandards für Compliance-Management-Systeme eingeführt werden müssen. Die Einführung eines Wettbewerbsregisters für korrupte Unternehmen ist ein weiterer wichtiger Schritt. Hinweisgeber müssen besser geschützt werden. In Deutschland gibt es keinen gesetzlichen arbeitsrechtlichen Schutz für Hinweisgeber. Wer auf Missstände in angemessener Weise hinweist, darf keine Sorge um seinen Arbeitsplatz haben müssen oder aufgrund der Verletzung eines Geschäfts- oder Dienstgeheimnisses strafrechtlich verfolgt werden. Fälle wie „LuxLeaks“ und die Panama Papers machen deutlich, wie wichtig die Informationen von Hinweisgebern bei der Verfolgung von Straftaten sind. Lobbyismus muss stärker reguliert werden. Um den fairen Zugang aller Interessen zu gewährleisten und den Einfluss von Interessen in Gesetzgebungsverfahren nachvollziehen zu können, ist ein verpflichtendes Lobbyregister und ein „legislativen Fußabdruck“ erforderlich (vgl. auch Antwort auf Frage 4). Auch eine Verschärfung der Regeln der Parteienfinanzierung ist längst überfällig. Dass Einnahmen aus Sponsoring von den Parteien nach wie vor nicht veröffentlicht werden müssen, erzeugt den Eindruck, diese seien zuweilen käuflich. Dieser Verdacht schadet dem Ansehen unserer Demokratie (vgl. auch Antwort auf Frage 4). Darüber hinaus ist die Offenlegung von Interessenkonflikten in Legislative und Exekutive sowie ein Beauftragten für Transparenz bei der politischen Interessenvertretung zu fordern (vgl. auch Antwort auf Frage 4). Die Wirksamkeit der Bankenaufsicht ist zu stärken. Jahre nach Ausbrechen der Finanzkrise ist es nicht gelungen, das Vertrauen in das Finanzsystem  insgesamt zu stärken. Stattdessen sorgen spektakuläre Fälle von Fehlverhalten wie beispielsweise bei Banken für Aufregung. Die politisch Verantwortlichen müssen dafür Sorge tragen, dass die Rechenschaftspflichten der Banken gegenüber der Bankenaufsicht und die Auskunftspflichten der Bankenaufsicht gegenüber der Öffentlichkeit verbessert werden. Bayern braucht ein eigenes Bayerisches Transparenzgesetz. Beim Thema Informationsfreiheit hinkt Deutschland international und insbesondere Bayern national hinterher. Die Weiterentwicklung der bestehenden Informationsfreiheitsgesetze zu modernen Transparenzgesetzen ist überfällig, um den Anforderungen an ein modernes Verwaltungshandeln gerecht zu werden (vgl. auch Antwort auf Fragen 1 und 2, die aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet wurden). Ein solches Gesetz muss sich auch auf überwiegend im Eigentum des Staates stehende Unternehmen erstrecken, die Gebührenfreiheit für Anfragen an die öffentlichen Stellen beinhalten und die Abwägung zwischen dem Schutz privater Interessen und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit.

Konsequente Verfolgung von Korruptionsstraftaten ist ein absolutes Muss. Jedem Verdacht muss nachgegangen werden. Das erzielt eine bedeutsame abschreckende Wirkung auf mögliche weitere Täter. Kleinere, behördeninterne Maßnahmen wie die Etablierung des Vier-Augen-Prinzips und Ähnliches müssen darüber hinaus überall geprüft werden.


Frage 7 – Compliance-Management-Systeme

Wie bewerten Sie die Einführung gesetzlicher Mindeststandards für Compliance-Management-Systeme?

Wir können uns gesetzliche Compliance-Mindeststandards für große, börsennotierte Kapitalgesellschaften vorstellen, da es hier in der Vergangenheit auch die größten Missstände gegeben hat. Keinesfalls darf es aber zu weiteren bürokratischen Belastungen von Mittelstand und inhabergeführten Unternehmen führen, weshalb wir solche Standards in diesem Bereich ablehnen.

Gesetzliche Mindeststandards für Compliance-Management-Systeme sind sinnvoll. In der letzten Zeit wurden in immer mehr Unternehmen und Verwaltungen derartige CMS eingeführt. Insbesondere, wenn diese wirkungsvoll sein sollen und wenn sie Auswirkungen auch in Strafprozessen haben sollen, wäre es gut, wenn eine allgemeine Vergleichbarkeit durch generelle Mindeststandards gewährleistet wird.

vgl. Antwort 6.

Große Unternehmen haben ein erhebliches Eigeninteresse daran, dass innerhalb ihrer komplexen Strukturen keine Möglichkeiten für Mitarbeiter entstehen, die korruptes Verhalten möglich machen. Mindeststandards laufen hingegen eher Gefahr an den tatsächlichen Problemen vorbei, bürokratischen Mehraufwand zu produzieren. Im Übrigen verweisen wir auf internationale Rahmenwerke, wie etwa die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC), nach deren Prinzipien Unternehmen ihre Antikorruptionsverpflichtungen und Integritätsprogramme ausrichten können.


Frage 8 – Korruption im Gesundheitswesen

Korruption im Gesundheitswesen wird trotz der Verabschiedung eines Bundesgesetzes 2016 immer stärker wahrgenommen. So hat z.B. die Arbeitsgemeinschaft bayerischer Pflege- und Krankenkassenverbände jüngst einen „10-Punkte-Plan zur Prävention und Bekämpfung von Abrechnungsbetrug in der Pflege“ vorgestellt. Bitte nehmen Sie Stellung zu dem Plan auch im Hinblick auf die personelle Ausstattung der bestehenden Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen.

Generell leiden die Strafverfolgungsbehörden, zu denen auch die seit dem 1. Oktober 2014 in München, Nürnberg und Hof bestehenden Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen zählen, an chronischem Personalmangel. Insofern haben wir uns auch schon bisher für eine bessere Personal- und Sachmittelausstattung eingesetzt und werden dies auch künftig tun, damit sie ihren Aufgaben, zu denen auch die Ahndung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen gehört, umfassend nachkommen können.

Die Staatsanwaltschaften sind in Bayern auch mit der Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen überlastet. Dies hat sich nicht zuletzt beim Untersuchungsausschuss des Landtages „Labor“ gezeigt. Es ist wichtig, dass die Staatsanwaltschaften so ausgestattet sind, dass sie angemessen Korruption bekämpfen können und dass sie unabhängig von möglichem parteipolitischem Einfluss ermitteln. Eine gerechte Justiz braucht eine angemessene Ausstattung. Dafür werden wir die Haushaltsmittel erheblich erhöhen, damit weitere Richter*innen, Staatsanwält*innen und vor allem mehr Justizbedienstete angestellt und angemessen bezahlt, Gebäude saniert und die notwendige Ausstattung angeschafft werden können. Die Unabhängigkeit der Justiz ist für uns zentral. Das Prinzip der Gewaltenteilung wird bei der Justiz durchbrochen, denn sie wird von der Staatsregierung verwaltet. Das gefährdet die Unabhängigkeit der Rechtsprechung. Die Justiz soll sich künftig eigenverantwortlich und autonom selbstverwalten. Das Weisungsrecht der Staatsregierung gegenüber den Staatsanwaltschaften werden wir abschaffen, und die Auswahl der Richter*innen wird durch Wahlgremien erfolgen.

Wir unterstützen den „10-Punkte-Plan zur Prävention und Bekämpfung von Abrechnungsbetrug in der Pflege“ der Arbeitsgemeinschaft bayerischer Pflege- und Krankenkassenverbände. Die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag hat daher im April 2018 einen Dringlichkeitsantrag zum Pflegebetrug in das parlamentarische Verfahren eingebracht (Drucksache 17/21548). In diesem Antrag forderten wir die Bayerische Staatsregierung auf, möglichst zeitnah und auf jeden Fall noch in der 17. Legislaturperiode detailliert darüber zu berichten, wie sie den 10-Punkte-Plan der bayerischen Pflege- und Krankenkassenverbände beurteilt und welche Maßnahmen sie jeweils treffen wird. Der Dringlichkeitsantrag wurde von den zuständigen Ausschüssen und im Landtagsplenum einstimmig verabschiedet. Der Bericht der Staatsregierung steht noch aus.

Der vorgeschlagene 10-Punkte-Plan kann ein sinnvoller Baustein im Kampf gegen Korruption im Gesundheitswesen sein. Darüber hinaus sollten noch weitere Maßnahmen in Erwägung gezogen werden. Dabei wäre z.B. auch das Ausstellen und die Überprüfbarkeit von Rechnungen auch an gesetzlich Versicherte ein geeignetes Mittel


Frage 9 – Strafverfolgungsbehörden

Sehen Sie zur Korruptionsbekämpfung eine stärkere Einbindung von branchenspezifischen Fachleuten (z.B. Bauingenieuren oder Rechnungsprüfern) in die Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsbehörden als zweckdienlich an? Befürworten Sie die Schaffung entsprechender Planstellen?

Aus unserer Sicht ist es grundsätzlich denkbar, branchenspezifische Fachleute zu beteiligen und hierfür Stellen zu schaffen. Da hierfür aber Haushaltsmittel vorhanden sein müssen und die Erfahrung zeigt, dass leider nur zurückhaltend neue Planstellen geschaffen werden, liegt unser Fokus aber zunächst darauf, den Strafverfolgungsbehörden selbst eine angemessene Personal- und Sachmittelausstattung zu verschaffen.

Ja. In der Strafverfolgung ist neben der juristischen Kenntnis Wissen über den jeweiligen Lebenssachverhalt erforderlich. Darum ist es wichtig, dass künftig in den Staatsanwaltschaften Planstellen geschaffen werden, damit die jeweiligen ExpertInnen (z. B. BauingenieurInnen und RechnungsprüferInnen) an der Ermittlungsarbeit direkt beteiligt sind.

Die BayernSPD setzt sich seit jeher für die Einstellung von sog. Quereinsteigern bei der Polizei und die Schaffung entsprechender Planstellen in einer attraktiven Besoldungs- oder Entgeltgruppe ein.

Es ist begrüßenswert, wenn externe Fachleute bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zurate gezogen werden. So können Sachverhalte besser und schneller aufgeklärt werden. Dafür bedarf es aber nicht unbedingt neuer Planstellen. Stattdessen könnten je nach Bedarf Freiberufler engagiert werden, um möglichst kosteneffizient zu arbeiten.


Frage 10 – Unterricht in Schulen

Wie stehen Sie dem Anliegen von Transparency International Deutschland gegenüber, die Themen Korruption und Korruptionsbekämpfung bereits im Unterricht der Sekundarstufen I und II zu platzieren?

Die Themen „Korruption und Korruptionsbekämpfung“ sollten unserer Ansicht nach nicht explizit im Unterricht der Sekundarstufen I und II platziert werden. An Schulen halten wir es dagegen für zielführender, die politische Bildung und Werteerziehung zu stärken und die Kinder und Jugendlichen in ihrer Persönlichkeit, ihren Haltungen und Werten zu festigen. Denn gerade in der Erziehung junger Menschen zu Verantwortungsgefühl, Zuverlässigkeit, Solidarität und moralischer Integrität sehen wir ein viel besseres Präventionsmittel gegen Korruption, als es die Einführung eines weiteren verpflichtenden Unterrichtsstoffs darstellen kann.

Korruption und Korruptionsbekämpfung in den Schulen zu platzieren, ist eine sehr gute Idee. Uns ist es wichtig, die heutige Generation fit zu machen für die aktuellen Herausforderungen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Auswirkungen unser Verhalten heute auf die zukünftigen Generationen hat. Wir wollen eine Schule, in der sich die Kinder zu starken Persönlichkeiten mit guter Urteilsfähigkeit entwickeln, damit sie Verantwortung für sich, für die Gesellschaft und für unsere Umwelt übernehmen können. Wir wollen neue Akzente in den Schulen setzen – für den Aufbruch in die digitale Welt, für eine starke demokratische, politische und kulturelle Bildung. Deshalb werden wir die fächerübergreifende politische und philosophische Bildung schon in der Grundschule stärken und dem Fach Sozialkunde an allen Schularten einen höheren Stellenwert einräumen. Dies bietet dann die Grundlage, dass es genügend Raum gibt, damit den SchülerInnen vermittelt werden kann, was unsere Demokratie ausmacht und damit mit ihnen über das zentrale Problemfeld Korruption gesprochen und diskutiert werden kann.

Aufgabe von Schule ist - dem großen Pädagogen Hartmut von Hentig zu Folge - "Die Menschen stärken, die Sachen klären." In den Schulen einer pluralistischen Gesellschaft geht es darum, unter verschiedenen Aspekten und in unterschiedlichen Fachunterrichten auf ein Phänomen zu blicken und zu klären, warum es wie funktioniert. Und sie soll junge Menschen stark machen im eigenen Urteil. Korruption und Korruptionsbekämpfung ist also ein Inhalt der in mehreren Fächern behandelt werden kann und muss: in Wirtschaft und Ethik, genauso wie in Geografie oder in Politik. Wichtig ist, dass in allen Schularten darüber gesprochen wird, weil Korruption eine Frage der Haltung gegenüber Wirtschaftsprozessen ist. Zu glauben, dass durch die frühestmögliche Befassung von Kindern und Jugendlichen mit dem Thema in einem schulischen Zusammenhang eine Art Immunisierung gegen Korruption ausgehen kann, wäre allerdings blauäugig. Werteerziehung funktioniert anders als Wissensvermittlung. Sie bedarf in pluralistischen Gesellschaften der immerwährenden Versicherung.

Die Sensibilisierung für Korruption schon in der Schule sicherzustellen ist wichtig. Dies kann über verschiedene Methoden oder Projekte und in mehreren Fächern umgesetzt werden. Ob dazu eine festgeschriebene Aufnahme in den Lehrplan zwingend notwendig ist, müsste aber zunächst noch evaluiert werden. So sehen wir Freie Demokraten beispielsweise eine erhöhte Notwendigkeit von politischer Bildung an Schulen – dies könnte ein geeigneter Rahmen sein, Lehrinhalte über Korruption oder Integrität zu verankern.


Frage 11 – Hinweisgeberschutz

Viele Straftatbestände können nur mithilfe von Hinweisgebern aufgeklärt werden. Das gilt insbesondere für Korruption, weil hier sowohl der Bestechende wie der Bestochene die Tat geheim halten wollen. Wie stehen Sie zu einer gesetzlichen Regelung des Hinweisgeberschutzes?

Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission im April diesen Jahres bereits einen Richtlinienentwurf vorgestellt, der gemeinsame europaweit geltende Mindeststandards für den Schutz von Personen vorsieht, die Verstöße in ihren Unternehmen oder in ihrer Organisation offenlegen. Anlass dieses Vorstoßes der EU-Kommission war eine Entschließung des EU-Parlamentes. Diese Entschließung haben wir auf europäischer Ebene unterstützt. Da eine entsprechende Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden muss, ist damit auch Deutschland zur Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung verpflichtet. Die EU-Kommission empfiehlt insoweit den Mitgliedstaaten, über die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststandards sogar hinauszugehen und darauf aufbauend einen umfassenden Schutz von Hinweisgebern zu schaffen. Auf Bundesebene hat man noch nicht reagiert. Das Bundesjustizministerium hat bislang nur einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vorgelegt, der sich aufgrund seines nur unzureichenden Schutzes von Hinweisgebern deutlicher Kritik ausgesetzt sah. Sobald der Umsetzungsprozess der nunmehr neuen Richtlinie auf Bundesebene begonnen hat, werden wir diesen im Hinblick auf die Vorgaben der EU-Kommission genauestens beobachten und kritisch begleiten

Bürger*innen, die – oft unter großen Risiken – Informationen über Missstände der Öffentlichkeit zugänglich machen, müssen unterstützt und mit einem Whistleblower*innen-Schutzgesetz geschützt werden. Sie decken Unrecht und Ungerechtigkeiten auf und leisten einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Es ist widersinnig, sie in solch begründeten Fällen strafrechtlich zu verfolgen oder sie nicht vor dienst- und arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wie Kündigung, zu schützen. Wir wollen Edward Snowden politisches Asyl geben, wie es das Europäische Parlament seit Jahren fordert.

Hinweisgeber unterstützen die Gesellschaft dabei, sich vor illegalen und illegitimen Machenschaften zu schützen, indem sie diese aufdecken. Hinweisgeber dürfen nicht diskriminiert werden. Sie setzen sich unter Inkaufnahme erheblicher persönlicher Risiken für das Gemeinwohl ein. Korruption erfolgt verdeckt. Korruption wird weniger durch Prüfungshandlungen als durch Hinweisgeber aufgedeckt, die internes Wissen offenbaren und sich damit dem Risiko aussetzen, wegen ihres Handelns benachteiligt zu werden. Die Etablierung von Schutzmechanismen gegen Benachteiligungen würde die Bereitschaft potenzieller Hinweisgeber, ihr Wissen zu offenbaren, deutlich erhöhen. Effiziente Korruptionsprävention in Organisationen und Unternehmen, im öffentlichen und privaten Sektor, erfordert daher den Schutz der Personen, die durch ihre Hinweise Korruption aufdecken und so die Verfolgung von Korruptionstaten ermöglichen. Hinweisgeber sind in Deutschland nur in spezifischen Situationen geschützt, für die Mehrzahl der Beschäftigten ist der Schutz unzureichend. Hinreichend geschützt sind Beschäftige in Unternehmen oder Organisationen, die über ein System verfügen, das Vertraulichkeit gewährleistet (Ombudsanwalt, Vertrauensanwalt, nicht rückverfolgbares internetbasiertes System). Nicht ausreichend geschützt sind vor allem Personen, die – zum Beispiel mangels einer internen Möglichkeit – einen Hinweis außerhalb ihrer Organisation platzieren wollen, sei es bei einer Behörde oder bei den Medien. Für dieses externe Whistleblowing gibt es in Deutschland keine klaren Regeln. Es gibt nur die schwer einschätzbare Rechtsprechung der Arbeitsgerichte im jeweiligen Einzelfall, für die der Schutz von Geheimnissen und die Treuepflicht des Arbeitnehmers (oft zu) hohe Bedeutung haben. Aufgrund dieser Rechtsunsicherheit werden Personen davon abgehalten, Missstände gegenüber Stellen aufzudecken, die Abhilfe schaffen oder – wie bei Rechtsverstößen die Ermittlungsbehörden – sonst angemessen darauf reagieren könnten. Der rechtliche Schutz von Hinweisgebern im Beschäftigungsverhältnis muss daher durch eine bundesgesetzliche Regelung verbessert werden. Die Offenbarung von rechtswidrigen Geschäfts- oder Dienstgeheimnissen muss entkriminalisiert, Hinweisgebersysteme müssen in Organisationen und Unternehmen eingerichtet und der Schutz von Hinweisgebern muss in die Führungsleitlinien aller Unternehmen und Organisationen der Wirtschaft sowie der öffentlichen Hand integriert werden.

Wer rechtmäßig Straftaten aufdeckt, muss sich sicher sein können, dass er dafür nicht belangt werden kann. Dies sollte bereits innerhalb der bestehenden Rechtfertigungstatbestände möglich sein. Wo dies lückenhaft ist, wäre auch eine gesetzliche Regelung denkbar.