Themen

© iStock.com / TasfotoNL

Wissenschaft

Gesetzlicher Ökonomisierungsdruck und die zunehmende Entkopplung der planbaren Grundfinanzierung von den zugewiesenen Aufgaben gefährden heute die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Wissenschaft und ihre Gemeinwohlorientierung. Der Zwang zur externen Geldbeschaffung in Verbindung mit Stärkung und Hierarchisierung der Institutionen und systematischer Marginalisierung der demokratischen Selbstverwaltung bei gleichzeitigem Rückzug der Aufsichtsbehörden aus Fach- und Rechtsaufsicht führen zu Intransparenz und Korruptionsgeneigtheit und gefährdet die Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft. Im Namen ihrer eigenen, institutionellen Wissenschaftsfreiheit beschneiden heute die Entscheidungsträger unternehmensförmiger Wissenschaftsinstitutionen zunehmend selbst die grundgesetzlich zugesicherten Freiheitsrechte ihrer Wissenschaftler.

Forderungen

  • Die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit von Wissenschaft, Forschung und Lehre muss besser geschützt werden. Das Freiheitsgebot schützt primär die einzelnen Wissenschaftler und sekundär ihre Institutionen vor äußerem Zwang. Der gesetzliche Druck, die Freiheitsrechte des Einzelnen durch innerinstitutionelle Zwänge zu beschneiden darf nicht weiter hingenommen werden.
  • Die Öffentliche Transparenz und eine wirksame Kontrolle zur Bekämpfung von Korruption an Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen sichergestellt werden.
  • Entsprechende Hinweisgebersysteme müssen an den wissenschaftlichen Einrichtungen und Hochschulen etabliert werden, die einen anonymen Dialog ermöglichen sowie einen institutionellen Schutz für Hinweisgeber/Whistleblower bieten.
  • Die Informationsfreiheitsgesetze/Transparenzgesetze der Länder müssen grundsätzlich auch für öffentliche Wissenschaftseinrichtungen gelten, besonders für deren Beziehungen zu privatrechtlichen Organisationen. Die zum Schutz der Wissenschaftsfreiheit erforderlichen Einschränkungen der gesetzlichen Transparenzpflichten sind auf das nötige Maß zu beschränken und dürfen auch nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen ausgeweitet werden.
  • Transparenz in der wissenschaftlichen Politikberatung. Besetzung von Beratungsgremien und Interessensregister offenlegen.

Hintergrund

"Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." (Grundgesetz Art. 5 Abs. 3 Satz 1).

Dieses Grundrecht gewährt jedem Staatsbürger ein individuelles Freiheitsrecht für wissenschaftliche Tätigkeit. Es schützt aber auch die Institutionen der Wissenschaft vor fremder Einflussnahme und bildet so die Grundlage der wissenschaftlichen Selbstverantwortung. Es umfasst die Freiheit zur Wahl der Forschungsgegenstände, der Lehrthemen, der Methoden der Wissenschaftsausübung und zur unbeschränkten Verbreitung ihrer Ergebnisse.

Bei der Nutzung wissenschaftlicher Politikberatung durch die Einsetzung von Kommissionen, Beiräten und anderen Sachverständigengremien durch die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag kann es zu Interessenkonflikten einzelner Sachverständiger kommen. Es sollte deshalb gesetzlich geregelt werden, dass in den Einsetzungsbeschlüssen eine Verpflichtung zur Veröffentlichung der personellen Zusammensetzung verankert wird. Das Gleiche gilt für die Einführung einer obligatorischen Interessenerklärung der Mitglieder der Gremien. Diese sollen darin Auskunft über ihren Interessenhintergrund geben. Dies gilt sowohl für gegenwärtige ausgeübte Tätigkeiten als auch für solche, die bis zu fünf Jahre in der Vergangenheit zurückliegen.

Transparency Deutschland hat drei Projekte entwickelt, um Transparenz und Kontrollmöglichkeiten zu verbessern. 

  • Das Projekt Hochschulwatch vermittelt einen Überblick und detailreiche Einsicht in den Umfang und die Verteilung der privaten und staatlichen Drittmittel auf die deutschen Hochschulen. Es umfasst Stiftungsprofessuren, Spenden, Sponsoring sowie mögliche personelle Verwicklungen der Wirtschaft in den Hochschulgremien.
  • Die Checkliste für Self-Audits zur Korruptionsprävention trägt dazu bei, das Bewusstsein für Interessenkonflikte und Korruptionsrisiken in Hochschulen zu stärken. Die Checkliste soll dazu dienen, gefährdete hochschulspezifische Bereiche zu identifizieren und wirksame Gegenmaßnahmen zu implementieren. Zur Einschätzung des Reifegrades der Korruptionsprävention einer öffentlichen Hochschule ist ein interner „Self-Audit“ ein wichtiger Leitfaden.
  • Einen Forderungskatalog für die Sicherstellung der Transparenz der wissenschaftlichen Politikberatung.

Publikationen
Artikel

Wanted: Richtlinien zum Umgang mit Interessenkonflikten an medizinischen Fakultäten

Von Peter Grabitz und Zoé Friedmann, beide sind Mitglieder der Arbeitsgruppe Interessenskonflikte von Universities Allied for...

Scheinwerfer

Wissenschaft und Forschung – Einflussnahme durch Dritte als Risikofaktor

„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“ – das ist im Grundgesetz festgeschrieben. Doch wie können Freiheit...

Aktuelle Meldungen
Pressemitteilungen
Stellungnahmen

Kontakt

Christopher Bohlens

Leiter der Arbeitsgruppe Wissenschaft