Einführung
Das öffentliche Auftragswesen hat eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung. Das finanzielle Volumen der öffentlichen Aufträge, die Bund, Länder und Kommunen vergeben, wird auf mindestens 300 Milliarden Euro geschätzt. Verlässliche Daten existieren jedoch nicht. Eine Regierung sollte wissen, was sie von wem, für wieviel, wann und wie kauft.
Aufgrund der wirtschaftlichen und finanziellen Bedeutung des öffentlichen Auftragswesens, besteht das Risiko von Manipulation und Korruption. Intransparente Verfahren erhöhen dieses Risiko zusätzlich. Wenn zudem leistungsfähigen Unternehmen der Zugang zu öffentlichen Aufträgen verwehrt bleibt, erhalten öffentliche Auftraggeber in der Folge eher mangelhafte oder zu teure Leistungen. Das schadet allen: dem Staat, den Unternehmen, und den Bürger:innen.
Die Bereitschaft und die Initiative für korrupte Handlungen können sowohl von Vertreter:innen der öffentlichen Auftraggeber als auch von Vertreter:innen der privaten Auftragnehmer ausgehen.
Das Vergaberecht soll dem entgegenwirken. Es strukturiert die Beschaffungstätigkeit der öffentlichen Hand, es schützt durch seine Regeln den Wettbewerb, es erhöht die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen, die die öffentlichen Auftraggeber von der Bedarfsermittlung über die Ausschreibung und die Zuschlagserteilung bis zur Auftragsabwicklung treffen. Die Transparenz der öffentlichen Beschaffung von der Vorbereitung der Vergabeverfahren bis hin zur Vertragsausführung sollte dabei im Mittelpunkt stehen. Transparenz ermöglicht demokratische Kontrolle, erschwert Korruption und stärkt das Vertrauen in öffentliche Institutionen. Gleichzeitig stärkt Transparenz den Wettbewerb um öffentliche Aufträge und führt zu besseren Angeboten.
Zurzeit findet eine Neuorientierung der öffentlichen Vergabe statt, konkret im Vergabetransformationsgesetzesvorhaben. Nachhaltige Beschaffung ist notwendig. Sie muss öffentlich nachvollziehbar, effizient und transparent sein.
Forderungen
1. Transparency Deutschland fordert, dass das öffentliche Auftragswesen über den ganzen Vergabeprozess – von der Planung bis hin zur Implementierung des Vertrags – transparent und öffentlich nachvollziehbar gemacht wird.
2. Der Gesetzgeber muss das Vergaberecht rechtssicher und handhabbar gestalten. Zu komplizierte Verfahren schrecken Unternehmen ab, verengen die Märkte und reduzieren den Wettbewerb.
3. Die Vergaberegeln müssen bundesweit einheitlich geregelt werden, um eine sichere Anwendung für Liefer- und Dienstleistungsaufträgen und Bauleistungen zu ermöglichen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Veröffentlichungs- und Informationspflicht für alle Teilnehmer:innen in der Unterschwellenvergabe. Zusätzlich muss die Transparenz auch bei beschränkten Ausschreibungen und der Direktvergabe gewährleistet werden.
4. Unzuverlässige Unternehmen müssen ausgeschlossen werden, um zuverlässige Unternehmen zu schützen. Die Eintragung in das bundesweite Wettbewerbsregister muss möglichst zeitnah nach dem Fehlverhalten erfolgen und öffentlich zugänglich sein. Die Voraussetzungen für eine Eintragung in das Register sollten vereinfacht werden – statt erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung, sollte schon eine hinreichende Feststellung des Sachverhalts für eine Eintragung ausreichen.
5. Der Rechtsschutz für Bieter:innen muss leicht und effektiv umsetzbar sein, weil der von potenziellen Nachprüfungsverfahren ausgehende Kontrolldruck vor Korruption schützt. Bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten vor einer endgültigen Zuschlagserteilung und die bestehenden Regelungen zur Rechtswidrigkeit von de-facto-Vergaben müssen erhalten bleiben. Sanktionszahlungen allein senken die Attraktivität von Nachprüfungsverfahren für konkurrierende Bieter erheblich.
6. Verwaltungsinterne Kontroll- und Sanktionsmechanismen müssen gestärkt werden, um effektiv Korruption zu bekämpfen und Interessenkonflikte zu vermeiden.
7. Guter und damit korruptionssicherer öffentlicher Einkauf erfordert eine angemessene personelle Kapazität in den Beschaffungsstellen. Gerade im kommunalen Beschaffungswesen mit vielfach sehr kleinen Verwaltungsapparaten fehlt es daran häufig. Kleine Kommunen sollten deshalb zusammenarbeiten, um ihre Beschaffungstätigkeit zu zentralisieren und ihre personellen Kapazitäten zu bündeln. Einheitliche Veröffentlichungsportale sind hierfür unerlässlich.
8. Die Digitalisierung liefert erfolgsversprechende Instrumente, um die Transparenz zu erhöhen und Korruption zu verhindern. Offene Daten sollten vollständig, zentral, zeitnah und frei zur Verfügung gestellt werden, inklusive der Daten, die zur Überwachung relevanter Korruptionsindikatoren – wie die Auswahl und Dauer des Vergabeverfahrens – notwendig sind.
Hintergrund
Das finanzielle Volumen der öffentlichen Aufträge, das Bund, Länder und Kommunen erteilen ist hoch. Es liegt daher nahe, dass in dem Wettbewerb um diese Aufträge auch mit korruptiven Mitteln gearbeitet wird. Die Bereitschaft und die Initiative dazu können sowohl von Vertretern der öffentlichen Auftraggeber als auch von Vertretern der privaten Auftragnehmer ausgehen. In jedem Fall führt das Zusammenwirken zu Nachteilen für den Wettbewerb und zu Nachteilen für die öffentlichen Auftraggeber: Während leistungsfähigen Unternehmen der Zugang zu öffentlichen Aufträgen verwehrt bleibt, erhalten öffentliche Auftraggeber in der Folge mangelhafte Leistungen. Das schadet allen.
Das Vergaberecht strukturiert die Beschaffungs- und Auftragstätigkeit der öffentlichen Hand, es schützt durch seine Regeln den Wettbewerb, es erhöht die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen, die die öffentlichen Auftraggeber von der Bedarfsermittlung über die Ausschreibung und die Zuschlagserteilung bis zur Auftragsabwicklung treffen.
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Kontakt
Georg Neumann
Co-Leiter der Arbeitsgruppe Vergabe
Julian Brummer
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