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Der Beirat stellt sich vor: Klaus Müller

"Guter Verbraucherschutz kann Vertrauen in die Politik stärken"

Seit Mai 2014 steht Klaus Müller an der Spitze des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Der studierte Volkswirt gehörte von 1998 bis 2000 dem Deutschen Bundestag an und war danach bis 2005 Umweltminister in Schleswig-Holstein. Anschließend übernahm Klaus Müller von 2006 bis 2014 die Leitung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Im Januar 2017 wurde Klaus Müller in den Beirat von Transparency Deutschland berufen.


Lebensmittelsicherheit, Datenschutz, Fluggastrechte oder...? Was treibt die Verbraucher derzeit am meisten um?

Viele Verbraucher sind verunsichert. Sie fragen sich, wie sie im Alter finanziell über die Runden kommen, wie sicher ihre Daten sind oder was ihre Interessen im Dieselskandal eigentlich zählen. Darauf muss der Verbraucherschutz Antworten finden. Guter Verbraucherschutz leistet einen Beitrag zu Orientierung und Sicherheit. Deshalb fordere ich auch die Politik immer wieder auf, Verbraucherschutz ernst zu nehmen. Der Dieselskandal zeigt eindrücklich, dass es hier Nachholbedarf gibt.

Wie viele Beschäftigte hat der Verbraucherzentrale Bundesverband und was machen diese genau?

Wir sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Da liegt vor allem an den Marktwächtern für die Bereiche Finanzen und Digitale Welt. Sie beobachten den Markt aus Verbrauchersicht und melden Missstände den zuständigen Aufsichtsbehörden. Der vzbv beschäftigt rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei uns arbeiten Experten an zahlreichen Verbraucherthemen wie Altersvorsorge, Gesundheit und Pflege, Mobilität oder Energie, um nur einige zu nennen. Ein besonders scharfes Schwert des Verbraucherschutzes ist die Rechtsdurchsetzung — wir klagen, wenn nötig, gegen schwarze Schafe im Markt.

Wo sehen Sie beispielsweise die Notwendigkeit, mehr Transparenz für Verbraucher zu erreichen?

Wir haben es gerade im vergangenen Sommer wieder erlebt, dass beim Fipronilskandal die Information und Aufklärung der Menschen zu wünschen übrig ließ und es auch an Transparenz über das Ausmaß des Vorfalls mangelte. Wir brauchen eine schlagkräftigere Marktüberwachung und eine bundesweit einheitliche Information der Öffentlichkeit, um Verbraucher zu schützen und Vertrauen zu stärken. Das geht nur, indem die Kompetenzen des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz gestärkt werden und Kooperation und Austausch der Kontrollbehörden untereinander verbessert werden.

Stichwort Dieselskandal: Wie können Verbraucher in Deutschland Ihrer Ansicht nach besser vor den Folgen von Korruption und Betrug durch Unternehmen geschützt werden?

Betrug und Korruption sind bereits Straftatbestände. Das heißt, hier mangelt es nicht an ordentlicher Gesetzgebung. Aber beim Dieselskandal haben wir es mit einem Versagen zuständiger Behörden — allen voran des Kraftfahrt-Bundesamtes — zu tun. Zudem nutzen Autohersteller einem Graubereich, wenn sie Abgasnormen und Messverfahren großzügig auslegen, da diese unzureichend definiert sind. Kein Mensch versteht, welche Schadstoffe sein Auto auf dem Prüfstand und im tatsächlichen Realbetrieb verursacht. Da hat die Politik eindeutig ihre Kontroll- und Aufsichtspflicht vernachlässigt. Menschen, die in gutem Glauben ein umweltfreundliches Auto gekauft haben, wurden schwer getäuscht. Die Aufarbeitung dieses Skandals ist nicht erledigt. Die Politik muss endlich die Rechte der Verbraucher stärken und genau für solche Schäden mit zahlreichen Betroffenen die Musterfeststellungsklage einführen.

79 Prozent der Verbraucher sind der Ansicht, dass die Politik die Interessen der Verbraucher schützen muss, zugleich haben 70 Prozent nur geringes oder gar kein Vertrauen in die Politik. Das ist ein zentrales Ergebnis des Verbraucherreports 2017. Wie lauten vor diesem Hintergrund Ihre wichtigsten Forderungen?

In vielen Lebensbereichen sehen die Menschen ihre Interessen nicht ausreichend geschützt. Es mangelt an Vertrauen in die Politik. Der Dieselskandal, Fluglinienpleiten und Lebensmittelskandale tragen dazu eine Menge bei. Aber entscheidend ist auch, dass Verbraucher besorgt in die Zukunft schauen — etwa mit Blick auf ihre Altersvorsorge, die Kosten für Gesundheit und Pflege oder die Energiewende. Die Politik ist gefordert, hier für Ausgleich und ausreichenden Schutz zu sorgen. Guter Verbraucherschutz kann, wie eingangs gesagt, Sicherheit geben — und das Vertrauen in die Politik maßgeblich stärken. 

Die Fragen stellte Heike Mayer.