CPI

Der Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) 2022 ist am 31. Januar 2023 erschienen. Der CPI ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Er wird vom Internationalen Sekretariat von Transparency International erstellt und listet Länder nach dem Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption auf.

Der CPI 2022 umfasst 180 Länder, die auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) angeordnet werden.

Der Index fasst 13 Einzelindizes von 12 unabhängigen Institutionen zusammen und beruht auf Daten aus der Befragung von Expert:innen und Führungskräften.

Der Korruptionswahrnehmungsindex bewertet den öffentlichen Sektor – das heißt Politik und Verwaltung.

Das komplette CPI-Ranking, FAQs sowie Details zur Methodik und den Quellen finden Sie am Ende der Seite unter „Weiterführende Informationen“.

 


Internationale Trends

Der CPI 2022 zeigt eine beunruhigende weltweite Lage: Der weltweite Durchschnitt liegt wie im Vorjahr bei einem Wert von 43 von 100 Punkten. Zwei Drittel aller untersuchten 180 Staaten und Gebiete erreichen weniger als die Hälfte der möglichen Punkte.

Dänemark erhält im CPI 2022 als Spitzenreiter 90 Punkte. Dahinter folgen Finnland und Neuseeland, die im vergangenen Jahr noch gemeinsam mit Dänemark auf Platz 1 standen. Insgesamt finden sich insbesondere Staaten mit besonders starken rechtsstaatlichen und demokratischen Institutionen auf den vorderen Plätzen.

Den letzten Platz belegt Somalia mit 12 Punkten. Am Ende des Rankings stehen insbesondere Staaten, in denen staatliche Institutionen zerfallen und die von gewaltsamen Konflikten geprägt sind. Dazu gehören wie in den vergangenen Jahren Syrien, Südsudan, Jemen und Libyen.

Zu den Ländern, die im internationalen Vergleich in den vergangenen zehn Jahren am meisten Punkte eingebüßt haben, zählen die Türkei und Ungarn. Beide Länder erhalten 13 Punkte weniger als im CPI 2012. Dies steht im Zusammenhang mit der Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz, Medien und Zivilgesellschaft, die für die Korruptionsbekämpfung und Eindämmung von Machtmissbrauch entscheidend sind.


Blickpunkt Ukraine

Die Ukraine macht bei der Korruptionsbekämpfung Fortschritte, die sich auch im CPI zeigen: Im Laufe der letzten zehn Jahre hat die Ukraine insgesamt sieben Punkte hinzugewonnen. Gleichzeitig steht das Land mit 33 Punkten jedoch weiterhin in der unteren Hälfte des Rankings auf Platz 116. Im europäischen Vergleich schneidet nur Russland (Platz 137 mit 28 Punkten) schwächer ab.

Denn die Gesamtlage ist bei der Korruptionsbekämpfung noch lange nicht rosig. Zwar gab es in den vergangenen Jahren viele Reformen, doch deren Umsetzung ist zum Teil unzureichend. Viele Strukturen sind verkrustet und einzelne Oligarchen verfügen über sehr viel Einfluss auf politische Entscheidungen.

Dennoch: Es geht voran. Die Fortschritte sind zum Beispiel darauf zurückzuführen, dass die Verwaltung sehr stark digitalisiert und ein digitales Beschaffungssystem eingeführt wurde. Außerdem wurde eine Reihe neuer Institutionen zur Korruptionsbekämpfung geschaffen, die auch gegen hochrangige Regierungsmitglieder vorgehen. Das zeigte sich jüngst u.a. durch die Festnahme des unter Bestechungsverdacht stehenden Vize-Ministers für Regionalentwicklung Wasyl Losynskyji. Dass dies transparent gemacht wurde und das Kabinett den Minister sehr zeitnah ausgeschlossen hat, verdeutlicht einen deutlich stärkeren politischen Willen.

Insgesamt bietet nach Einschätzung von Transparency International Ukraine der EU-Beitrittsprozess den bei der Korruptionsbekämpfung progressiven Akteuren eine Steilvorlage, um weitere ambitionierte Reformen durchzuführen und deren Umsetzung zu beschleunigen.

Mehr erfahren: Transparency International Ukraine und das Basel Institute on Governance haben im Dezember 2022 ein gemeinsames Papier mit Forderungen zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung in der Ukraine veröffentlicht.


Wachsende Gefahr durch strategische Korruption

In den letzten Jahren haben autoritäre Regime „strategische Korruption“ in großem Umfang als Werkzeug gegen westliche Demokratien eingesetzt. Ziel ist es, Entscheidungstragende für ihre geopolitischen Ziele zu vereinnahmen, demokratische Institutionen und ganze Gesellschaften zu destabilisieren und deren nationale Sicherheit zu untergraben. Diese Form der Korruption ist auf strategische, langfristige Einflussnahme ausgelegt und auch ein wesentlicher Bestandteil des nichtmilitärischen Arsenals moderner Kriege („hybride Kriegsführung“).

In den vergangenen Jahren wurde mehr und mehr sichtbar, welche Gefahren von strategischer Korruption ausgehen. So sind die Auswirkungen der jahrelangen Bemühungen Russlands, die europäische Demokratie zu untergraben, im Zuge des Angriffs auf die Ukraine deutlich zu Tage getreten. Russland baute über Jahre mit Hilfe massiver finanzieller Mittel ein Einflussnetzwerk auf Bundes- und Landesebene auf. Beispiele hierfür sind nicht zuletzt lukrative Posten für den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Unterstützung von AfD-Politikern, die Finanzierung der landeseigenen „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ und Desinformationskampagnen. So konnte Russland politische Entscheidungen zum Beispiel in der Energiepolitik beeinflussen und seine geostrategische Position stärken.

Strategische Korruption findet in unterschiedlichen Formen und über alle politischen Ebenen hinweg statt. Das zeigt auch der Fall Aserbaidschan. Das autokratische Regime ließ einer Reihe von Delegierten im Europarat, u.a. aus Deutschland, Geld und Vorteile im Gegenzug für wohlwollendes Verhalten und positive Statements zukommen. Ein anderes Beispiel ist der aktuelle Korruptionsskandal auf EU-Ebene. Katar und Marokko erkauften sich laut Aussagen der belgischen Ermittlungsbehörden die Unterstützung prominenter Europaabgeordneter.

Mehr erfahren: In unseren Hintergrundpapier erfahren Sie mehr zum Phänomen strategisch eingesetzter Korruption.


Die Situation in Deutschland

Deutschland verliert im Vergleich zum Vorjahr leicht und erhält 79 Punkte – die niedrigste Punktzahl seit 2014. Damit erreicht Deutschland im internationalen Vergleich den neunten Rang.

Zwar steht Deutschland im internationalen Vergleich relativ gut da, weil zum Beispiel Alltagskorruption in Polizei oder Verwaltung hierzulande kaum eine Rolle spielt. Doch der Korruptionswahrnehmungsindex zeigt auch, dass Deutschland seit zehn Jahren bei der Korruptionsbekämpfung nicht entscheidend vorankommt. Skandale wie die Maskenaffäre oder Cum-Ex haben zuletzt das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt.

Trotz wichtiger Reformen wie der Einführung des Lobbyregisters hat Deutschland weiterhin viele Baustellen: Als Lehre aus dem Maskenskandal und der Aserbaidschanaffäre ist eine Verschärfung des Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung überfällig. Es darf nicht sein, dass eine Gesetzeslücke, wie sie auch vom Bundesgerichtshof festgestellt wurde, weiterhin den Missbrauch des Abgeordnetenmandats zur persönlichen Bereicherung straffrei stellt. Transparency Deutschland fordert, dass das Gesetz auch bei der „Ausnutzung der Stellung als Mandatsträger“ greift und nicht nur, wie aktuell, „bei der Wahrnehmung des Mandats“. Es geht Transparency Deutschland also um die sogenannte missbräuchliche Einflussnahme durch Abgeordnete auch außerhalb des parlamentarischen Handelns im engeren Sinn.

Mehr erfahren: Wie der §108e zur Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträger:innen reformiert werden muss, dazu hat Transparency Deutschland in einem Positionspapier konkrete Vorschläge erarbeitet.

Für mehr Transparenz im Gesetzgebungsprozess würde die Einführung des legislativen Fußabdrucks sorgen. Diese Kernforderung von Transparency Deutschland Neben dem Lobbyregister, dass die Eckdaten dazu liefert, wer mit welchem Aufwand Interessen gegenüber der Politik vertritt, ist auch eine qualitative Komponente nötig – das heißt, eine Dokumentation, welche inhaltlichen Beiträge externer Berater:innen und Interessenvertreter:innen bei der Ausarbeitung von Gesetzentwürfen eingebracht haben und eine Erörterung des Gesetzgebers, warum bestimmte Argumente berücksichtigt wurden und andere nicht.

Transparency Deutschland setzt sich zudem für einen Lobbybeauftragten ein – eine Stelle, die analog zum Beispiel zum Bundesdatenschutzbeauftragten unabhängig agiert. Der oder die Lobbybeauftragte sollte auf der einen Seite die Angaben im Lobbyregister kontrollieren und auf der anderen Seite auch den Abgeordneten auf die Finger schauen und prüfen, ob alle Angaben zu Nebentätigkeiten und Interessenkonflikten korrekt sind.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Prävention und Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität. Die Behörden müssen deutlich schlagkräftiger werden. Die Strafverfolgungsbehörden und die Justiz müssen mehr Personal zur Verfügung haben und insgesamt besser ausgestattet sein. Die Geldwäscheaufsicht muss gestärkt werden und Deutschland braucht endlich ein Unternehmensstrafrecht.

Dieser Bereich wird auch nicht direkt durch den Korruptionswahrnehmungsindex abgedeckt. Der CPI bezieht sich auf den öffentlichen Sektor – das heißt Politik und Verwaltung – und erfasst keine Aktivitäten wie Steuerbetrug, Geldwäsche, illegale Finanzströme oder andere Formen der Korruption im privaten Sektor. Für ein vollständigeres Bild empfehlen wir ergänzend Indizes wie den Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index, FSI) heranzuziehen, den das Netzwerk Steuergerechtigkeit, bei dem Transparency Deutschland Mitglied ist, herausgibt. Der FSI zeigt, dass Deutschland weltweit als Schattenfinanzzentrum gilt und zum Beispiel ein großes Problem mit Geldwäsche hat.

Mehr erfahren: Wie die Bekämpfung von Geldwäsche vom Kopf auf die Füße gestellt werden kann, zeigt die Transparency-Studie Geldwäschebekämpfung in Deutschland aus dem Jahr 2021.


Wie wird der CPI erstellt? Die Methodik im Video



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