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Thüringer Transparenzgesetz: Transparency Deutschland sieht Verbesserungsbedarf

Erfurt, 11.09.2019

© Lukas Goetz / wikimedia / CC BY-SA 3.0 / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Der thüringische Landtag hat heute ein Transparenzgesetz verabschiedet – Transparency Deutschland begrüßt diesen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig sieht die Organisation aber noch gravierende Lücken in dem Gesetz, die einem bürgerfreundlichen und transparenten Verwaltungshandeln entgegenstehen. Transparency Deutschland hatte die Entstehungsphase des Gesetzes mit einer Veranstaltung im März 2016 und Stellungnahmen im September 2018 und April 2019 begleitet.

Das Gesetz sieht zu viele Ausnahmeregelungen für öffentlich-rechtliche Unternehmen, Wissenschaft und Forschung sowie den Landesrechnungshof vor. Neben diesem zu eng gefassten Anwendungsbereich ist im Gesetz nicht klar genug definiert, welche Informationen veröffentlichungspflichtig sind. Wichtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger Gewissheit haben, dass die relevanten Informationen einfach und öffentlich zugänglich sind.

Dazu Christoph Biskup, Leiter der Regionalgruppe Thüringen:

„Das Thüringer Transparenzgesetz lässt zu viel Raum für Interpretation und bleibt insgesamt weit hinter dem Hamburger Modell zurück. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht den Eindruck bekommen, dass im freien Ermessen von Behörden steht, ob Auskunft erteilt wird oder nicht. Statt Soll-Vorschriften brauchen wir eine Amtspflicht für die Umsetzung des Transparenzgesetzes.“

Außerdem soll nur eine Veröffentlichungspflicht für Informationen bestehen, die „das Ergebnis oder den Abschluss eines Verwaltungsvorgangs dokumentieren“. Das schränkt die Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger unnötig ein, sich bereits während des Verfahrens zu informieren und eventuell Einfluss zu nehmen. Relevante Informationen sollten unmittelbar zur Verfügung stehen, damit diese in die weitere politische Diskussion einfließen können.

Das Recht auf Informationsfreiheit sieht Transparency auch dadurch eingeschränkt, dass bestehende Rechtsvorschriften, die den Zugang zu Informationen regeln, Vorrang gegenüber dem Transparenzgesetz haben sollen. Stattdessen sollte eine Verpflichtung zur Begründung von Ausnahmetatbeständen bestehen und diese sollten klar definiert werden. Bedauerlich ist auch, dass die Befugnisse des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit stark eingeschränkt sind und dessen Vorschläge in der Entstehungsphase des Gesetzes nicht berücksichtigt wurden.

Ein zu eng gefasster Anwendungsbereich für das Gesetz, der viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung nicht einschließt; eine nicht klare Definition der Informationen, die proaktiv veröffentlicht werden müssen; nicht-verpflichtende Soll-Vorschriften sowie mangelnde Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, das Recht auf Informationszugang durchzusetzen – diese Faktoren lassen befürchten, dass das Thüringer Transparenzgesetz zu einer Mogelpackung wird.

Weiterführende Informationen

Zum Gesetzentwurf

Zur Stellungnahme von Transparency Deutschland vom April 2019

Hintergrund

Das Thüringer Transparenzgesetz löst das seit 2012 bestehende Informationsfreiheitsgesetz ab und sieht eine aktive Veröffentlichung von Informationen in einem Transparenzportal vor. Thüringen ist damit neben Hamburg, Rheinland-Pfalz und Bremen das vierte Bundesland, dass mit einem Transparenzgesetz die Informationsfreiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger stärkt. Aktuell unterstützt Transparency Deutschland das Bündnis „Volksentscheid Transparenz Berlin“ für ein Berliner Transparenzgesetz und eine Online-Petition zur Novelle des Hamburger Transparenzgesetzes.

Kontakt

Prof. Dr. Christoph Biskup
Leiter der Regionalgruppe Thüringen

Sylvia Schwab
Pressesprecherin

Tel.: 030 - 54 98 98 0
E-Mail: presse@transparency.de