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Europarat-Gipfel: Bundesregierung muss auf international koordinierte Korruptionsbekämpfung drängen

Berlin / Reykjavik, 16.05.2023

© Councll of Europe

Anlässlich des vierten Gipfeltreffens des Europarates am 16. und 17. Mai in Reykjavik fordert Transparency Deutschland die Bundesregierung auf, sich noch stärker für eine international koordinierte Korruptionsbekämpfung einzusetzen. 

Dazu stellt Alexandra Herzog, Vorsitzende von Transparency Deutschland, fest:

„Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – das sind die Pfeiler, auf die sich der Europarat stützt. Doch sie bröckeln europaweit. Ein entscheidender Faktor dafür, der in den Diskussionen zu kurz kommt, ist strategische Korruption. Autokratische Regime wie in Russland und Aserbaidschan setzen Korruption gezielt als Instrument ein, um ihre strategischen innen- und außenpolitischen Ziele zu erreichen. Wir fordern Olaf Scholz dazu auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und beim Gipfeltreffen auf eine international besser koordinierte Bekämpfung von Korruption zu drängen. Ohne konsequente Korruptionsbekämpfung stehen alle anderen Maßnahmen für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf tönernen Füßen.“

Die gemeinsame Antwort auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine steht zurecht ganz oben auf der Agenda des Gipfels. Dazu muss insbesondere eine bessere Durchsetzung der Sanktionen gegen Russland gehören. Thematisiert werden sollte die Frage, warum die gemeinsamen Sanktionen zum Teil ins Leere laufen. Das liegt auch an einer unzureichend koordinierten Nachverfolgung von internationalen Geldströmen sowie der fehlenden Transparenz wirtschaftlichen Eigentums, die die Verschleierung von Vermögenswerten mit fragwürdiger Herkunft ermöglichen.

Alexandra Herzog:

„Deutschland muss auch auf nationaler Ebene seine Hausaufgaben machen, um international vorangehen zu können. Noch immer warten wir auf eine Verschärfung des Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung – eine wichtige Konsequenz aus der Aserbaidschan-Korruptionsaffäre, bei der die betroffenen deutschen Abgeordneten nicht strafrechtlich zur Rechnung gezogen werden konnten. Und noch immer sind unsere Behörden im Kampf gegen Geldwäsche zu schwach ausgestattet und nicht ausreichend vernetzt. In beiden Bereichen muss die Ampel ihren Ankündigungen Taten folgen lassen.“

Hintergrund

Der Europarat ist eine zwischenstaatliche Organisation und wurde 1949 gegründet. Der Rat hat derzeit 46 Mitgliedstaaten und das Ziel, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Europa zu fördern und zu schützen. Erstmals seit 2005 treffen sich die Staats- und Regierungschefs des Europarats zu einem Gipfeltreffen.

Unter dem Schlagwort Aserbaidschan-Affäre wurde im September 2017 öffentlich, dass das autoritäre Regime Aserbaidschans ein Netzwerk geschaffen hat, um Schmiergelder an politische Entscheidungsträger:innen in ganz Europa und insbesondere im Europarat zu zahlen. Laut Berichten sollen 2,5 Milliarden Euro über Banken und Briefkastenfirmen geflossen sein. Transparency Deutschland erstattete in diesem Zusammenhang im März 2019 Strafanzeige gegen die damalige Bundestagsabgeordnete Karin Strenz sowie den ehemaligen Abgeordneten Eduard Lintner. Die Ermittlungen laufen weiterhin.