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Was nun Deutsche Bank?

von Caspar von Hauenschild

Die Bank bekennt sich schuldig und zahlt in einem Vergleich 2,3 Mrd. US-Dollar Strafe für Manipulationen des Libor-Satzes – im Handelsraum in New York und London. Und jetzt?

Wenn man die 42 Seiten des Personalberichtes 2014 der Deutschen Bank gelesen hat, ist man überzeugt, dass diese Bank eine faire und transparente Führungskultur hat. Bei denen möchte man arbeiten und seine privaten und gewerblichen Konten geführt haben.

Wenn man die Liste der Verfehlungen der Deutschen Bank seit 2008 gelesen hat, fragt man sich, ob der Personalbericht 2014 das Werk einsamer Stabsleute ist. Wo ist die Glaubwürdigkeit des seit Jahren beschworenen kulturellen Wandels?

Auch sieben Jahre nach der Finanzmarktkrise müssen Milliarden aufgewandt werden: Für Strafen verhängt für die Manipulation von Referenzsätzen,  für Verstöße gegen Berichtsauflagen der Bankenaufseher,  für die Unterlassung einer korrekten Darstellung von verkauften Kreditrisiken und vor allem auch für Aufwendungen für zahlreiche verlorene Arbeitsrechtsprozesse von Mitarbeitern, die man einfach nur für zu alt, beziehungsweise für mit zu geringem „impact“ ausgestattet hält.

Einen erschütternden Einblick in die Führungskultur der Bank gibt auch die Financial Conduct Authority (FCA) am 22. April 2015 – in London. Sie wirft dem Senior Management in London und Frankfurt bewusste Falschaussage, Behinderung der Ermittler und Obstruktion des gesamten  Aufklärungsprozesses vor.

Was denken sich Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre? Ist das noch meine Bank?

Die FCA informiert auch darüber, dass es erhebliche Lücken im Compliance Management System, insbesondere in der Überwachung der Händler gegeben habe – und alles das nach den milliardenschweren Skandalen in den Handelsräumen von UBS, SocGen und J.P.Morgan  in den letzten Jahren.

Was denken sich eigentlich die Compliance und Revisionsmitarbeiter, die Aufsichtsräte des Prüfungsausschusses und die Bankenaufseher? Haben wir eigentlich unseren Job seit 2008 gemacht und uns auch um eine konsequente Umsetzung der Führungskultur gekümmert? Denn Compliance und Controlling ohne den Nachweis von Führungskultur ist wie ein Auto mit drei Rädern in der Kurve bei schneller Fahrt.

Ich denke, dass das Zahlen von milliardenschweren Strafen und die Entlassung von ein paar Übeltätern auf unteren Ebenen keine ausreichend konsequente Reaktion sind. Warum kommuniziert man nicht – nach innen und außen-, was auf der Agenda des Integritäts-Ausschusses des Aufsichtsrates steht? Warum kommuniziert man nicht – nach innen und außen -, welche Lektionen man im „Incident Committee“, zum Beispiel aus den diversen Verfehlungen von Führungskräften und Mitarbeitern gelernt und sanktioniert hat?

Banken haben eine „License to operate“ der Gesellschaft und müssen sich daher anderen Transparenz-Anforderungen unterwerfen als Industrieunternehmen. Einen Mangel an Vertrauen der Einleger, Kreditnehmer und Bürger kann gewaltige politische und makroökonomische Verwerfungen zur Folge haben. Ein fortgesetztes „Banken-Bashing“ hält kein Finanzinstitut dauerhaft aus. Daher gibt es auch eine Bankenaufsicht für Finanzinstitute. Diese kümmert sich allerdings zurzeit leider nicht um Standards, Messbarkeit und Nachweis von Führungskultur in Banken.

Das Glaubwürdigkeits-Problem einer Führungskultur verschärft  sich doch intern und extern immer dann besonders, wenn, beispielsweise wie in den USA üblich, in den veröffentlichten „Settlement“-Dokumenten die ganze Wahrheit der Verfehlungen steht, aber intern die Parole ausgegeben wird: „Alles Schnee von gestern und wir blicken nach vorne, business as usual“!  Es ist kein Wunder, dass die  Compliance-Verantwortlichen der Banken so schnell ausgewechselt werden. Gegen diese etwas schlichten Durchhalte-Parolen kann kein Compliance-Beauftragter und kein integrer Mitarbeiter ankommen.

Integrität in einer modernen Führungskultur wird nur dann glaubhaft gefördert, wenn die Lektionen aus den Verfehlungen transparent gemacht werden und der Umsetzung dieser Lektionen klare persönliche Verantwortungen zugeschrieben werden. Integrität ist ohne Mut zu mehr Transparenz und ohne stetige Rechenschaftslegung nicht zu haben.

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