Publikationen
Rezension

W. Rainer Walz (Hrsg.): Rechnungslegung und Transparenz im Dritten Sektor.

Carl Heymanns Verlag, Köln 2005, 220 Seiten, 64,- €.

Prof. Dr. Walz hat als Direktor des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit Organisationen der Bucerius Law School (Hamburg) den vorliegenden dritten Band einer Schriftenreihe herausgegeben, der die Seminarbeiträge von 10 europäischen Fachleuten im Stiftungs- und Vereinsrecht sowie eine Zusammenfassung der anschließenden Diskussion beinhaltet.

In seiner Einleitung reißt Rainer Walz den historischen Hintergrund der in vielen Bereichen des Stiftungs- und Vereinsrechts mangelhaften Transparenz an und gibt einen ersten Überblick über die Probleme, die sich aus dem Kompetenzstreit zwischen Bund und Ländern ergeben. Schließlich zeichnet er seine Visionen zur Durchsetzung von verbesserten Zahlenwerken und verbalen Berichten zur Lage der Non-Profit-Organisation (NPO), basierend auf der Fortentwicklung (und Prüfung) von Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) für NPOs, eines bundeseinheitlichen Rechnungslegungsgesetzes sowie der Verbesserung und allgemeinen Anerkennung von „best-practice“ Richtlinien.

Henning Kley berichtet über das Spannungsverhältnis bei Stiftungen zwischen Vorstand, Wirtschaftsprüfern, Finanzamt und Aufsicht der Bundesländer, wobei insbesondere die beiden letzten Institutionen sich teilweise gegenseitig ausschließende Anforderungen an die Rechnungslegung hätten.

Manfred Orth detailliert die Regeln der Gesetzgeber in Bund und Ländern sowie des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) zur Darstellung der finanziellen Lage von Stiftungen sowie die sich daraus ergebenden Konflikte. Er gibt weiterhin einen Abriss der politischen Diskussion von 1997-2002 zur erweiterten Transparenz (insbesondere auch für die interessierte Öffentlichkeit), welche letztendlich mit Argumenten der Diversität von Stiftungen, dem zusätzlichen Arbeitsaufwand sowie der im Vereinsrecht ebenfalls nicht vorgesehenen Publizität den Status quo bestätigte.

Gemäß dem Beitrag von Greyham Dawes stellt sich die Situation in Großbritannien ganz anders dar. Hier sind NPOs seit 1960 gesetzlich verpflichtet, anhand von einheitlichen Rechnungslegungsvorschriften der Charity Commission ihre Finanzlage zu melden, die überwiegend zuvor durch externe Wirtschaftsprüfer bestätigt wurde. Er geht weiterhin auf spezifische Darstellungsformen sowie den Umfang der Angaben ein. In der Diskussion ergänzt er, dass bis zur gesetzlichen Verpflichtung die ursprünglich lediglich als Empfehlung herausgegebenen Richtlinien von den NPOs nur in sehr geringem Maße angenommen worden seien.

Ähnlich stellt sich die Situation in Österreich dar. Herbert Grünberger berichtet über die einheitlichen Regelungen des 2002 umfassend geänderten Vereinsgesetzes, welches in Abhängigkeit von der Größe der NPO unterschiedliche Rechnungslegungs- und Prüfungsstandards festschreibt. Eine Publizitätspflicht besteht zumindest gegenüber den Mitgliedern, bei drohender Insolvenz erfolgt ein öffentlicher Eintrag ins Vereinsregister.

Joachim Doppstadt beschäftigt sich in seinem Beitrag erneut mit unterschiedlichen GoBs für Stiftungen, die sich durch (unverbindliche) Regelungen in BGB, HGB, Landesstiftungsgesetzen sowie den Richtlinien des IDW ergeben. Die Frage, ob nicht die Landesaufsichten über Stiftungen durch externe Prüfer ersetzt werden könnte, verneint er u.a. aufgrund der hoheitlichen Befugnisse der Behörde sowie der für kleinere Stiftungen unverhältnismäßigen Kosten einer externen Prüfung.

Das von den anderen Autoren in Ansätzen umrissene Problem des Steuergeheimnisses für gemeinnützige Organisationen wird von Christian Waldhoff näher untersucht. Unter anderem auf Grund der faktischen Überlastung von Finanzämtern zeigt er auf, dass die bestehenden Kontrollen den spezifischen Gefahren im NPO-Sektor nicht gewachsen seien. NPOs werden indirekt durch die Gemeinschaft in Form von Steuervergünstigungen gefördert, ein grundrechtlicher Schutzumfang an den eigenen Daten sei - zumindest bei NPOs, die nicht in Konkurrenz zu Wirtschaftsunternehmen stehen (z.B. Krankenhäuser) - zu verneinen. Eine Einbindung der Öffentlichkeit könne durch Änderung des Steuerrechts oder einer Publizitätspflicht kontrollfördernd ermöglicht werden.

Burkhard Wilke und Leopold Wundsam berichten über die Vergabekriterien und –praxis von Spendensiegeln in Deutschland und Österreich. Beide Siegel seien als wichtige Qualitätsmerkmale in ihren jeweiligen Ländern anerkannt und wirkten sich positiv auf das Spendenaufkommen der NPOs sowie teilweise auf die Anerkennung durch Behörden aus. Allerdings lag 2004 die Anzahl der in Deutschland erteilten Siegel seit 1992 bei lediglich 176 bzw. „über hundert“ (in Österreich seit 2001).

Beginnend mit frühchristlichen Traditionen beschreibt Rupert Graf Strachwitz die sozialen Grundlagen der Verschwiegenheit von Mäzenen. Während in Deutschland diese Haltung im Steuergeheimnis für Individuen und NPOs seinen Eingang gefunden habe, haben andere Länder wie Skandinavien und die USA hier andere, teils völlig gegensätzliche Wege beschritten. Andererseits sei bei deutschen Organisationen zumindest eine (freiwillige) Tendenz zu mehr Offenheit erkennbar, nicht zuletzt da hier kulturell-religiöse Normen mehr für den Einzelnen denn für Gruppen gelten. Eine verbreiterte Transparenzverpflichtung sei daher zu bejahen, die allerdings ihre Grenzen in einer für die Akteure zumutbaren Belastung finden soll, wobei diese durch Computerisierung und Internet immer weiter abnimmt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Band seinem umfassenden Titel leider nicht gerecht wird. Die Beiträge konzentrieren sich in erster Linie auf die Rechtslage bei Stiftungen während die Themen Rechnungslegung und Transparenz der weitaus größeren Zahl von Vereinen nur am Rande behandelt werden. Hinzu kommt, dass sich die Autoren im wesentlichen mit dem Zusammenspiel von Organisation und den diversen Aufsichtsbehörden befassen – wie und in welchem Umfang rechtliche, personelle und finanzielle Informationen an Spender, Nutznießer, Mitglieder und andere interessierte Dritte weitergegeben werden sollten, findet nur sehr geringen Raum. Weiterhin fällt auf, dass sich unter den Teilnehmern keine Vertreter der Aufsichtsbehörden oder anderer Interessensgruppen befanden, welche die Diskussion weiter differenziert hätten. Letzte Kritikpunkte: Wie bei vielen Sammelwerken überschneiden sich die Autoren teilweise in ihren Darstellungen – und ein Index wäre hilfreich.

Alles in allem ein faszinierendes Werk für - juristisch und betriebswirtschaftlich vorgebildete - Administratoren und Vorstände von Stiftungen mit in den Fußnoten umfassenden Verweisen auf das aktuelle Schriftwerk; für diejenigen, die an einer erweiterten öffentlichen Einsichtnahme in das Gebaren des Dritten Sektors interessiert sind, jedoch eher frustrierende Lektüre.