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Vorstellung Nationaler Chapter: Transparency Italien

"Es liegt an uns, heute wieder mit dem Aufbau einer neuen Gesellschaft zu beginnen"

Interview mit Davide del Monte, Geschäftsführer von Transparency International Italia

Wie wurde Transparency International Italia ins Leben gerufen?

Transparency Italia wurde als Folge der „Mani Pulite"-Skandale gegründet, also juristische Untersuchungen gegen Korruption, Amtsmissbrauch und illegale Parteienfinanzierung. Die Gründerinnen und Gründer von Transparency Italia waren Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Universitätsprofessoren, die das Ziel vertraten, Korruption als Thema mit hoher Priorität auf die politische Agenda Italiens zu setzen.

Wie gestaltet sich die Arbeit von Transparency Italia?

Korruptionsbekämpfung in Italien wird nicht nur durch die Anwendung härterer Regeln umgesetzt, sondern vor allem durch die Umsetzung von Bildungsmaßnahmen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Aus diesem Grund organisiert Transparency Italia Workshops und Veranstaltungen in Schulen, Universitäten sowie in öffentlichen und privaten Unternehmen, um die Bedeutung von Ethik und Legalität für eine gerechtere Gesellschaft zu vermitteln. Seit 2015 gibt es zudem das Advocacy & Legal Advice Center (ALAC), an das sich Bürgerinnen und Bürger wenden können, wenn sie Zeuge oder Opfer eines Korruptionsfalls geworden sind.

Warum engagieren Sie sich für die Anti-Korruptionsarbeit?

Ich sehe Korruption als eines der größten Hindernisse für die Entwicklung meines Landes. Italien mangelt es nicht an Ressourcen, Einfallsreichtum oder Unternehmergeist. Die Menschen sind jedoch frustriert von einem Bestechungssystem, das ihnen Ressourcen entwendet, um damit eine inkompetente Oberschicht zu fördern und zu stärken. Zwischen 2012 und 2017 ist Italien um 18 Positionen im Korruptionswahrnehmungsindex aufgestiegen.

Inwiefern hat Transparency Italia dazu beigetragen, die korruptiven Zustände in Italien zu verbessern?

Seit seiner Gründung hat Transparency Italia für ein verlässliches Anti-Korruptionsgesetz und für die Schaffung einer entsprechenden Behörde gekämpft. Im Jahr 2012 haben wir dieses Ziel erreicht. Die Korruptionsprävention ist dadurch effektiver geworden. Seit 2012 folgten außerdem weitere wichtige Gesetze: Darunter die Reform der strafrechtlichen Verjährung, die Einführung des Rechts auf Zugang zu Informationen und rechtlicher Schutz für Hinweisgeber. Diese Gesetze haben zum Wachstum der Kultur der Korruptionsbekämpfung beigetragen.

Trägt Korruption einen Teil zum Vertrauensverlust in den Rechtsstaat bei?

Korrupten Politikern sowie unfähigen Unternehmern haftet die Vorstellung an, dass ihre einzige Kompetenz darin liege, für Auftragsvergaben bezahlen zu können. Dadurch haben sie das soziale Gefüge Italiens zerstört. Es gab eine Zeit, in der herausragende Politiker Italien zu einer der wichtigsten Wirtschaftsmächte der Welt gemacht haben. Leistungsfähige Unternehmerinnen und Unternehmer erschufen Marken und Produkte in Qualitätsarbeit, die nirgendwo sonst zu finden waren. In den letzten 30 Jahren ist dies verschwunden. Es liegt an uns, heute wieder mit dem Aufbau einer neuen Gesellschaft und einer neuen Wirtschaft zu beginnen.

Wie bewerten Sie das Verhältnis zwischen Korruption und der italienischen Mafia?

Das Verhältnis zwischen Mafia und Korruption hat sich stark verändert. Die Mafia hat erkannt, dass es von Vorteil ist, Leistungspersonen zu bestechen statt sie zu liquidieren. Spitzenpolitiker und Beamte bleiben treu, wenn sie einmal korrumpiert wurden. Daher ist Korruption zur bevorzugten und mächtigsten Waffe geworden, die die Mafia gegen unsere Gesellschaft einsetzt. Aus diesem Grund glauben und fordern wir, dass die Verbrechen der Korruption mit der gleichen Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit behandelt werden müssen, wie die der Mafia: Beide Phänomene sind heute so eng miteinander verbunden, dass sie gemeinsam bekämpft werden müssen, da es andernfalls unmöglich sein wird, sie in den Griff zu bekommen.

Die Fragen stellte Antonia Zvolsky.