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Vorstellung korporativer Mitglied: Stadt Halle (Saale)

„Vorbeugen statt Scherben aufsammeln müssen lautet die Devise”
Im Gespräch mit Bürgermeister Egbert Geier (SPD)

© lapping / Pixabay

Halle (Saale) gehört seit 2004 zu den kommunalen korporativen Mitgliedern von Transparency Deutschland. Seit Dezember 2012 ist Bernd Wiegand Oberbürgermeister (OB) der Stadt. Seine Amtszeit wird von diversen Vorwürfen überschattet (s. Infokasten). Im April 2021 suspendierte der Stadtrat ihn von seinen Dienstgeschäften nach Vorwürfen zu unrechtmäßigen Corona-Impfungen. Mit Blick auf Vorwürfe im Kontext der städtischen Ansiedlungsgesellschaft ist der OB seit Juni 2021 durch das Landesverwaltungsamt suspendiert und seine Bezüge gekürzt. Die Vertretung des suspendierten OB hat Bürgermeister Egbert Geier übernommen.

Welche Rolle spielen in Ihrer Arbeit als Vertreter des Oberbürgermeisters die Vorfälle rund um dessen Suspendierung? Wie wirkt sich diese auf die Stadtverwaltung und Kommunalpolitik aus?

In meiner Arbeit spielt die Suspendierung keine Rolle. Ermittlung, Aufklärung und Beurteilung erfolgen durch die Kommunalaufsicht bzw. die Staatsanwaltschaft. Ich konzentriere mich voll und ganz auf die vielfältigen Aufgaben, die ich gemeinsam mit dem Stadtrat und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung zu lösen habe. Die Verantwortung, dies an der Spitze der Verwaltung transparent und zum Wohl der Einwohnerschaft unserer Stadt zu tun, trage ich gern.

Transparency hält Regelungen in einem Ehrenkodex oder einer Ehrenordnung zu Transparenz, Offenlegung von Interessenkollisionen, Geschenkannahme, Korruptionsprävention etc. für erforderlich. Wie erfüllen Sie diese Forderung?

Unser Bekenntnis ist klar – und danach handeln wir auch: Korruption in jeder Form verbietet sich. Korruptes Verhalten wird nicht geduldet, sondern vielmehr sanktioniert. Unser Handlungsrahmen ist eine originär auf Korruptionsprävention ausgerichtete Dienstanweisung. Vorbeugen statt Scherben aufsammeln müssen lautet die Devise. Darüber hinaus kooperiert die Stadt bei Bedarf mit der Zentralen Beschwerdestelle Korruptionsprävention/Informationssicherheit, der unter anderem Vertreter des Landesrechnungshofes, der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd und der Staatsanwaltschaften angehören. Der Stadtrat hat in eigener Zuständigkeit einen Ehrenkodex beschlossen. Auf dessen Grundlage wurde ein Ehrenrat gebildet. Zu den Aufgaben des Ehrenrates gehört unter anderem zu prüfen, ob bei einem Verstoß eine Verletzung der Pflicht zur uneigennützigen und verantwortungsbewussten Tätigkeit nach §§ 32, 31 Abs. 2 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vorliegt. Und nicht zuletzt steht der Antikorruptionsbeauftragte der Stadt als Ansprechpartner zur Verfügung. Jeder kann sich – auch anonym – an den Antikorruptionsbeauftragten wenden und Hinweise auf konkrete oder vermutete korruptionsrelevante Handlungen geben. Die Hinweise können nicht nur von natürlichen Personen, sondern auch von Vereinen, Unternehmen und Institutionen kommen.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Antikorruptionsarbeit in Halle? Wie geht es mit einer Risikoanalyse und entsprechenden Präventionsmaßnahmen voran?

Die Corona-Pandemie hatte (und hat) unterschiedlichste Auswirkungen auf fast alle Bereiche der halleschen Stadtverwaltung; krankheitsbedingte Ausfälle, notwendige Verstärkung der Bereiche, die die Pandemie bekämpft haben, usw. – auf
die Antikorruptionsarbeit hingegen nicht. Die jährlich durchzuführende Risikoanalyse, die korruptionsgefährdete Bereiche identifizieren soll, wurde durchgeführt. Eine Herausforderung für die Stadt Halle (Saale) ist hingegen, dass aufgrund landesspezifischer Regelungen nicht weiterhin der Fachbereich Rechnungsprüfung die Antikorruptionsarbeit leisten darf, obwohl er dafür prädestiniert ist. Die Stadt hat sich deshalb dafür entschieden, eine Compliance-Stelle im Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters einzurichten. Damit wird die Antikorruptionsarbeit zentral verortet und es ist abgesichert, dass weiterhin unabhängig und weisungsungebunden Anzeigen und Verdachtsfällen nachgegangen werden kann.

Die Fragen stellte Ulrike Löhr.