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Vorstellung korporativer kommunaler Mitglieder: Die Stadt Halle (Saale)

Interview mit Hans-Joachim Kloppe, Amtsleiter des Rechnungsprüfungsamtes Halle.


Welchen Anlass und welche Motive gab es für die Stadt Halle, 2004 korporatives Mitglied von Transparency Deutschland zu werden?
Um dem Vertrauensverlust in die Rechtsstaatlichkeit des Verwaltungshandelns entgegenzuwirken, hielten und halten wir es für dringend erforderlich, eine gemeinsame Plattform zur Korruptionsvorbeugung zu schaffen. Da nur durch die Bündelung gemeinsamer Anstrengungen die Bekämpfung der Korruption möglich ist, bot sich eine enge Zusammenarbeit mit dem deutschen Chapter von Transparency International an. Der ständige Erfahrungsaustausch sowie die Perspektive engerer Kooperationen waren hinsichtlich einer Mitgliedschaft für die Stadt Halle besonders interessant. Der Wunsch, dem Verein beizutreten, wurde zunächst von der ehemaligen Oberbürgermeisterin Ingrid Häusler (SPD) getragen. Die diesbezüglichen Beratungen in den kommunalen Gremien konnten erfolgreich abgeschlossen werden, ohne dass ein nennenswerter Widerstand spürbar war.

Auf welchen Eckpfeilern baut das kommunale Integritätssystem der Stadt Halle auf? Welche speziellen Instrumente der Korruptionsprävention konnten in Halle entwickelt werden?
Der Arbeit der Korruptionsprävention lag bereits im Jahre 2004 das „4-Säulen-Modell", vertreten insbesondere von Prof. Dieter Biallas und Dr. Justus Woydt, zugrunde. Hierauf fußt bis heute die Arbeit des Rechnungsprüfungsamtes als Anlaufstelle für die Bearbeitung von Korruptionsangelegenheiten. Die Hauptaufgabe liegt dabei in der Vorbeugung korruptiven Verhaltens. Hierfür sind wir bestrebt, unser Wissen in verschiedenen Foren austauschen. Abgesehen von Transparency Deutschland kooperieren wir beispielsweise regelmäßig mit einer Arbeitsgruppe Korruptionsprävention, der unter anderem Vertreter des Landesrechnungshofes, der Polizeidirektion und der Staatsanwaltschaften angehören. Zudem arbeitet die Rechnungsprüfung seit 2004 eng mit der Politikwissenschaftlerin Prof. Dorothée de Nève von der Martin Luther-Universität Halle- Wittenberg und mit der Friedrich- Ebert-Stiftung zusammen und führt jährlich Veranstaltungen zu verschiedenen Aspekten der Korruption durch. In den letzten Jahren widmeten sich diese Veranstaltungen etwa der Problematik möglicher Abhängigkeiten durch Sponsoring, der mühsamen Arbeit der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF oder dem Zwiespalt zwischen notwendigem Datenschutz und der Gewährleistung von Informationsfreiheit.

Apropos Informationsfreiheit: Vor wenigen Wochen ist das Informationszugangsgesetz für Sachsen Anhalt in Kraft getreten. Wie schätzen Sie das Informationsbedürfnis der Hallenser bislang ein und welche Erfahrungen hat Halle bislang mit dem neuen Gesetz gemacht?
Es liegen noch keine Erfahrungen vor. Das Informationsbedürfnis der Bürger im Allgemeinen ist gleichwohl sehr groß, da die Medien sich sehr häufig bereits in laufende Entscheidungsfindungsprozesse der öffentlichen Hand einschalten.

In welcher Form engagiert sich Halle in den Fach- bzw. Regionalforen von Transparency Deutschland?
Die Stadt Halle beteiligt sich an der Fachgruppe Kommunen.

Halle ist bislang das einzige kommunale Transparency- Mitglied aus den neuen Bundesländern. Auch die Decke der individuellen Vereinsmitglieder ist im Ostteil der Bundesrepublik noch eher dünn. Welche Gründe sehen Sie für dieses augenscheinliche west-östliche Missverhältnis in der öffentlichen Wahrnehmung möglicher Korruptionsgefahren und bezüglich der Bereitschaft sich dagegen zu engagieren?
Nach meiner Auffassung wird der stetige Kampf gegen Korruption zwar für notwendig und unterstützenswürdig erachtet, die Diskrepanz zwischen den theoretischen Erwägungen auf allen Ebenen und der praktischen Arbeit ist jedoch zu groß bzw. wird im Einzelfall als unüberbrückbar angesehen, so dass der Weg in eine Mitgliedschaft für die potentiellen Bewerber in vielen Fällen in Ermüdungserscheinungen mit der Folge eines nachlassenden Interesses endet. Dies ist jedoch eine Beobachtung, die insgesamt für Deutschland gelten dürfte.

Welchen Nutzen konnte die Kommune bislang aus der Mitgliedschaft im Verein ziehen? Wie könnte die Zusammenarbeit optimiert werden?
Der hauptsächliche Nutzen liegt für die Stadt Halle vor allem in der Möglichkeit zur gegenseitigen Information. Deswegen würde ich mich persönlich darüber freuen, wenn die von mir erwähnten Veranstaltungen stärker von Mitgliedern von Transparency Deutschland besucht würden, um den Erfahrungsaustausch intensivieren zu können. Im Augenblick laufen die Planungen für die Veranstaltung im Jahre 2009, die sich voraussichtlich mit dem Leuna-Prozess beschäftigen wird. Die Anstrengungen gegen korruptes Verhalten ist täglich bewusst persönlich aufzunehmen und nicht allein mit Deklarationen. Ich halte zwar deklarative Äußerungen für dringend erforderlich, sie reichen jedoch - wie fast täglich in den Medien festzustellen ist - nicht für ein nachhaltiges Wirken aus. 

Das Interview führte Andrea Priebe.