Publikationen
Rezension

von Sack, Detlef; van Elten, Katharina; Fuchs,Sebastian: "Legitimität und Self-Governance"

Nomos, Baden-Baden, 2014, 301 Seiten, 54 Euro

Das Buch weist zu den Arbeitsgebieten von Transparency Deutschland nur eine  schmale, aber interessante Schnittstelle auf. Es handelt sich um ein Forschungsprojekt, an dem der Deutsche Handelskammertag und der  Westdeutsche Handelskammertag ein Interesse hat-ten, weil dort offenbar wahrgenommen wurde, dass sich im politischen Raum in Deutschland und anderswo in den 1990er Jahren eine kammerkritische Bewegung etabliert hatte. Die funktionale Selbstverwaltung des deutschen Kammerwesens war in die Kritik geraten,  weil die Zwangsmitgliedschaft in den Wirtschaftskammern (Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern, Kammern der Lotsenbrüderschaften) wie in den Heilberufskammern (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychotherapeuten, Pfle-gekammern) und ebenso in den Rechts- und wirtschaftsberatenden Kammern (Rechtsanwäl-te, Notare, Patentanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) wie auch in den technisch orien-tierten Berufskammern (Architekten, Ingenieure) auf Grund etlicher Skandale der medien-wirksamen öffentlichen Kritik unterfallen war. Das Buch fragt nach den Gründen für die öf-fentliche Kritik an der funktionalen Selbstverwaltung und nennt „heterogene Umweltansprü-che“ an die Kammern als eine Ursache (S. 30), die zu einer Lösungsstrategie der Entkoppe-lung „von der  ‚praktizierenden‘ zu einer  ‚offiziellen‘ Wirklichkeit“ und damit  zu einer „strate-gischen Heuchelei“ führe.  Ab S. 109 folgen Gründe, die die Kammern zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben legitimieren; aber anschließend wird genauso gründlich auf die Kor-ruptionsskandale (ab S. 130) verwiesen, die eine Delegitimation der Kammern einleiteten. Speziell geht es immer um die Handwerkskammern, und da wird erwähnt (S. 210), dass sich die Handwerker „von ihrer eigenen Selbstverwaltung schlecht behandelt“ fühlen, „die kein Interesse an ihren Belangen zeige und nur auf bürokratisch-unpersönlichem Verwaltungs-wege mit ihnen Kontakt aufnehme, um ihre ‚Zwangsbeiträge‘ einzusammeln“. Die Studie referiert anschließend Befragungsergebnisse und stellt eine enge Korrelation zwischen Kammergröße und Mitgliederzufriedenheit fest: je größer die Kammer, desto undemokrati-scher und intransparenter wird sie geführt und desto unzufriedener sind die Mitglieder. Am Schluss des Buches  stehen Reformvorschläge, die die Autoren aber selbst relativieren, da es am öffentlichen Druck für eine Reform der Kammern fehle und da ebenso der Nachwuchs in der Kammerorganisation fehlt, der Reformen gestalten und zum Erfolg führen  könnte.  Die Schnittstelle zur Arbeit von Transparency Deutschland liegt in den undurchsichtigen demo-kratischen Strukturen der Handwerkskammern, der intransparenten Verwaltung und den nicht eingelösten Versprechen einer wirklich funktionalen Selbstverwaltung, die keiner staat-lichen Kontrolle bedarf. Transparency Deutschland hat hierzu ganz andere Vorstellungen.

Anke Martiny

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