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Unsere Korporativen Mitglieder: Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam

Gespräch mit Oberbürgermeister Jann Jakobs.


Mit welchen Aufgaben und Herausforderungen sieht sich Potsdam konfrontiert?
Eine zentrale Aufgabe ist die Wiedergewinnung der historischen Mitte, die durch den Landtagsneubau eine neue Dynamik erhält. Des Weiteren gestaltet sich angesichts wachsender Einwohnerzahlen der Bau neuer Wohnungen zu einer Herausforderung und wir müssen, wie alle Kommunen, aus den wenigen zur Verfügung stehenden Mitteln das Beste machen: Daseinsvorsorge ebenso betreiben wie Kultur unterstützen und auch noch Schulden abbauen. 

Was war der Anlass für Sie, Mitglied bei Transparency Deutschland zu werden? Wie verlief das Aufnahmeverfahren?
Die Idee, Mitglied bei Transparency zu werden, entstand Ende 2008 - allerdings ohne spektakuläre Korruptionsfälle. Sie mündete in einem Antrag an die Stadtverordnetenversammlung, der dort wie auch in der Verwaltung positiv diskutiert wurde. Schließlich wurde der Beitrittsbeschluss Ende 2009 von der Stadtverordnetenversammlung ohne Gegenstimmen gefasst.
Transparency hat sich ein Bild über die Präventionsmaßnahmen gemacht und Verbesserungen angeregt, zum Beispiel die Erarbeitung eines Ehrenkodex. Im Januar 2010 befürwortete der Vorstand unseren Antrag auf Mitgliedschaft.

Welche Instrumente zur Korruptionsprävention haben Sie entwickelt und wie werden diese eingesetzt?
Selbstverständlich gab es in unserer Verwaltung immer das Bestreben, Korruption gar nicht erst entstehen zu lassen, aber nicht alle Maßnahmen haben sich bewährt. Wichtig war für uns im vergangenen Jahr die Einsetzung einer  externen Ombudsfrau für Korruptionsverdachtsfälle. In einem Ausschreibungsverfahren wurde eine Wirtschaftsanwältin gefunden, die diese Aufgabe übernommen hat. Jede Mitarbeiterin, jeder Bürger der Stadt kann sich an sie wenden. Sie agiert außerhalb der Verwaltung und ist damit unabhängig. Auf Vorschlag von Transparency wurde ein Arbeitskreis „Antikorruption“ gegründet – alle Beschäftigten der Stadtverwaltung werden geschult und sensibilisiert. Es wird ein Verhaltenskodex für Entscheidungsträger erarbeitet, neu ist auch die Einrichtung einer gesonderten Internet- bzw. Intranetseite, einer Vergabestatistik seit 2009 und die Einrichtung einer internen Koordinierungsstelle beim Rechnungsprüfungsamt. Ein wichtiges Vorhaben ist zurzeit noch die Aufstellung einer Sponsoring-Richtlinie.

Wie geht die Landeshauptstadt Potsdam mit den Vergaben nach dem Konjunkturpaket II um?
Im bisherigen Verfahren wurden die möglichen Erhöhungen der Vergabegrenzen durch unseren Kommunalen Immobilienservice nur zum Teil genutzt. In der Regel werden diese Auftragspakete wie alle anderen auch als öffentliche Ausschreibungen und beschränkte
Ausschreibungen veröffentlicht. Nur etwa 15 bis 20 Prozent der Vergaben erfolgen als freihändige Vergaben im Rahmen der erweiterten Vergaberichtlinien. Letztendlich geht es immer darum, wirtschaftlich sinnvolle Ergebnisse zu erzielen. 

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Akteninformationsgesetz gesammelt?
Das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz wird genutzt. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt machen von den im Gesetz verankerten Möglichkeiten regen Gebrauch. Allerdings treten immer wieder Probleme damit auf, dass andere Vorschriften, zum Beispiel Datenschutz, den Wünschen nach umfassenderen Informationen entgegenstehen.

Beteiligt sich die Landeshauptstadt Potsdam an der Arbeit von Transparency Deutschland?
Das haben wir vor. Beabsichtigt ist je nach Themenstellung städtische Experten zu den Tagungen zu entsenden und diese dann verwaltungsintern auszuwerten. Vorstellbar ist auch eine Beteiligung einzelner Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung, wenn es die Politik berührt. Dabei bauen wir gern auf Erfahrungen anderer Mitgliedsstädte auf.

Welchen Nutzen möchten Sie aus Ihrer Mitgliedschaft bei Transparency Deutschland ziehen?
Zum einen wirkt sich diese Mitgliedschaft auf den Ruf Potsdams aus. Sie zeigt, dass wir es ernst mit der Bekämpfung der Korruption meinen. Ich bin davon überzeugt, dass das sowohl von den Beschäftigten der Stadtverwaltung verstanden wird wie auch von potenziellen Anbietern und Investoren, die darauf bauen können, dass ihre Leistungskraft gerecht bewertet wird. 
Zum anderen erhoffen wir uns, vom Erfahrungsaustausch mit anderen Transparency-Mitgliedern zu profitieren. Mittlerweile gibt es einen Kontakt zur Stadt Halle, mit der wir uns über Erfahrungen mit den Rechnungsprüfungsämtern austauschen wollen. Unser Ziel ist es, transparentere Verfahren und bessere Präventionsmaßnahmen einzurichten.

Die Fragen stellte Ulrike Löhr.