Publikationen
Rezension

Stefanie Beck: Lobbyismus im Gesundheitswesen

Baden-Baden: Nomos-Verlagsgesellschaft 2014, ISBN 978-3-8487-1384-4, 137 Seiten, 25 Euro

Als Ziel ihrer Arbeit nennt die Autorin Stefanie Beck die „Beantwortung der Forschungsfrage“: Welchen Einfluss haben die strukturellen Veränderungen im deutschen Gesundheitswesen und der Gesundheitspolitik seit den 1990er Jahren auf die Lobbyarbeit der Akteure im Gesundheitswesen? (S.17) Dabei werden die „strukturellen Veränderungen“ aber nur behauptet und nicht belegt. An den Strukturen des deutschen Gesundheitswesens hat sich nämlich trotz aller möglichen Gesetzesänderungen nichts verändert; nach wie vor stehen der Staat, die öffentlich-rechtlichen Körperschaften des Gesundheitswesens, die starke, weltweit verflochtene Pharmaindustrie, die als Freiberufler definierte niedergelassene Ärzteschaft und die vergleichsweise unmündigen Patienten, respektive Versicherten im Kreis und schieben die Verantwortung für unser gutes, aber zu teures Gesundheitssystem weiter wie bei „Taler, Taler, du musst wandern“.  Experten halten das deutsche Gesundheitswesen wegen seines erstarrten und intransparenten Korporatismus und des wuchernden Lobbyismus der anbietenden Wirtschaft bei schwachen staatlichen Kontrollen für unreformierbar.

Leider wird auch hinsichtlich der „Lobbyarbeit“ nicht differenziert. Am Anfang der Untersuchung hätte die Beantwortung der Fragen stehen müssen, mit welchem Ziel die Akteure im Gesundheitsmarkt, nämlich die anbietende Wirtschaft, die Verbände und Körperschaften oder die Kassen, die Versicherten und die Patienten Lobbyismus betreiben und an wen sich ihre lobbyistischen Anstrengungen jeweils richten. Vorrang haben fast überall wirtschaftliche Interessen gegenüber den gesundheitlichen oder gesundheitspolitischen, weil der vorherrschende Lobbyismus Absatzinteressen verfolgt – oder (bei den Kassen) Einsparmöglichkeiten suchen muss, die eine Art Wettbewerb  ermöglichen sollen. Der Einfluss der Versicherten und Patienten ist minimal.

Eine Untersuchung über Lobbyismus im Gesundheitswesen zu starten, ohne die wirtschaftlichen Bedingungen in diesem Sektor sorgfältig zu analysieren, bringt kein Ergebnis, mit dem irgendjemand etwas anfangen könnte. Es kommt hinzu, dass die Autorin mit der Zeichensetzung dermaßen auf Kriegsfuß steht, dass man den Eindruck gewinnen muss, komplexe ökonomische oder gesetzgeberische Zusammenhänge werden schon rein sprachlich nicht konzise erfasst.

(Anke Martiny)

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