Publikationen
Rezension

Stefan Tierel: Die Neuregelung der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB

Berlin: Wissenschaftlicher Verlag Berlin 2010, ISBN 978-3-86573-506-5, 104 Seiten, 17,80 Euro

Das Buch ist schon etwas veraltet, das Thema ist es nicht: Der Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Strafgesetzbuch) ist reformbedürftig, nicht zuletzt deshalb, weil er europarechtlichen Vorgaben nicht genügt. Im Mittelpunkt des Werks des Düsseldorfer Strafverteidigers Stefan Tierel steht ein Gesetzentwurf der damaligen Bundesregierung aus dem Jahr 2007, der neben verschiedenen anderen Neuerungen im Korruptionsstrafrecht auch eine Modifizierung von § 299 StGB vorsah. Die Vorlage wurde seinerzeit nicht vom Bundestag verabschiedet und verfiel am Ende der Legislaturperiode. Das auf einer rechtswissenschaftlichen Masterarbeit an der FernUniversität Hagen basierende Buch ist deshalb aktuell, weil die zweite schwarz-rote Bundesregierung unter Angela Merkel dieselbe Reform des Straftatbestands nun erneut vorschlägt.

Tierel gibt zunächst einen Überblick zur geltenden Fassung des § 299 StGB und skizziert dann die internationalen Vorgaben sowie den besagten Gesetzentwurf, den er im Anschluss ausgiebig kritisiert. Der Straftatbestand dient in seiner jetzigen Form im Wesentlichen dem Schutz des freien Wettbewerbs. Dementsprechend folgt die textliche Ausgestaltung dem wirtschaftsstrafrechtlichen Wettbewerbsmodell. Antikorruptionsregelungen der Vereinten Nationen, des Europarates und der Europäischen Union gehen allerdings vom sogenannten Geschäftsherrenmodell aus. Danach werden korruptionsbezogene Pflichtverletzungen gegenüber dem Geschäftsinhaber unter Strafe gestellt. Vor diesem Hintergrund schlägt die Bundesregierung damals wie heute eine Einbeziehung des Geschäftsherrenmodells in § 299 StGB vor.

Der Autor lehnt den alten Gesetzentwurf ab und würde daher auch den aktuellen Reformvorschlag nicht gutheißen. Er schließt sich der mehrheitlichen, Status quo-orientierten Kritik aus Praxis und Wissenschaft an und sieht insbesondere Verstöße gegen den ultimo-ratio-Gedanken des Strafrechts, das Übermaß- und Willkürverbot, den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und die Gesetzessystematik sowie potentielle Kollisionen mit dem Untreuestraftatbestand. Konstruktive Alternativvorschläge präsentiert Tierel praktisch nicht. Das Werk bietet wenig Neues zur einschlägigen Diskussion, sei aber jedem empfohlen, der sich einen Überblick zur Thematik verschaffen will – und zu einer rechtspolitischen Haltung, die Transparency Deutschland nicht teilt.

(Sebastian Wolf)

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