Publikationen
Rezension

Robin Hodess, Tania Inowlocki u.a. (Hrsg.): Global Corruption Report 2004.

Pluto Press: London, 2004. 353 S., ca. 24 Euro. [www.globalcorruptionreport.org]

Das besondere Verdienst des mittlerweile dritten Global Corruption Report (GCR) von TI ist es, dass er erneut seinem Anspruch gerecht wird. Hier werden keineswegs allein die üblichen Verdächtigen der Korruptionsforschung abgehandelt, stattdessen gibt es detaillierte Informationen zum Stand der Korruptionsbekämpfung auch in vermeintlich exotischen Ländern. Dafür, dass die Darstellung dennoch weitgehend einheitlichen Kriterien folgt und sich zumeist auf hohem Niveau bewegt, ist den Herausgebern Lob zu zollen. Bedauerlich ist es, dass einige Autoren (so z.B. Yves-Marie Doublet) in ihren Beiträgen die viel beschworene Praxis der Korruptionsbekämpfung aus dem Blick gerät, so dass die Darstellung sich bisweilen in der formalistischen Aufzählung von Institutionen und legalen Sanktionen erschöpft. Hier hätte man gern mehr darüber erfahren, wie diese Mechanismen in der Praxis funktionieren.

Der Schwerpunkt des aktuellen GCR ist das Thema politische Korruption, in das der erste Teil der Publikation systematisch einführt. Politische Korruption wird definiert als Machtmissbrauch politischer Führer zu ihrem persönlichen Nutzen, sie zerfällt, wie Michael Walecki in seinem Beitrag herausarbeitet, in zahlreiche Subtypen. Besonderes Augenmerk wird im ersten Teil des GCR auf die Bereiche Politikfinanzierung, Transparenzbestimmungen und ihre Umsetzung, Wechselbeziehungen zur privaten Wirtschaft (vor allem Waffen- und Ölindustrie), Stimmenkauf und legale Schranken der Aufklärung politischer Korruption, namentlich die Immunität von Politikern, gerichtet. Die Bekämpfung politischer Korruption scheint weltweit noch in den Kinderschuhen zu stecken: Spitzenreiter ist wahrscheinlich der ehemalige indonesische Staatschef Mohamed Suharto, der in seiner Amtszeit schätzungsweise 15 - 35 Milliarden US $ auf seine Konten fließen ließ. Aber auch in einem vermeintlichen Rechtsstaat wie Griechenland zogen ernsthafte Zweifel an der Einhaltung der Transparenzregeln im Wahlkampf 2000 keinerlei Konsequenzen nach sich.

Welche Rolle spielt Transparenz bei der Bekämpfung politischer Korruption? Gene Ward kommt in seinem Beitrag zu dem Schluss, dass die Politikfinanzierung lediglich in 13% der 118 von ihm untersuchten Länder als völlig transparent bezeichnet werden kann. In der besagten Gruppe der Staaten mit der transparentesten Politikfinanzierung findet sich beispielsweise Armenien (das im aktuellen Corruption Perception Index von TI Rang 78 einnimmt), während Schweden (Rang 6) völlig zu Recht von Ward in der Gruppe der Staaten mit der intransparentesten Politikfinanzierung angesiedelt wird. Offensichtlich kann man sich bei der Bekämpfung von (politischer) Korruption nicht allein auf einen Ausbau der Transparenzregeln verlassen. Leider geht Ward auf die potenziellen Konsequenzen seiner Ergebnisse nicht näher ein.

Der zweite Teil des GCR ist globalen und regionalen Initiativen zur Korruptionsbekämpfung gewidmet. Die Analyse der einschlägigen Konventionen der UNO, der OECD, der Afrikanischen Union führt zu einem ernüchternden Ergebnis: Offensichtlich ist es noch ein weiter Weg bis zu einem effektiven Vorgehen gegen Korruption auf der internationalen Ebene. Auf der anderen Seite waren die Bemühungen hier sicherlich noch nie so groß wie heute. Viel versprechend erscheint der Plan der USA, Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit auch vom Abschneiden der Empfängerländer in verschiedenen Korruptionsindizes abhängig zu machen. Allerdings: Soll hier nicht allzu willkürlich verfahren werden, gilt es, eventuelle Messfehler der Indizes und vor allem Entwicklungstendenzen der einzelnen Staaten zu berücksichtigen. Ein Staat, der, beispielsweise nach einem Regierungswechsel, umfängliche Antikorruptionsmaßnahmen auf den Weg gebracht hat, ist sicherlich unabhängig vom Status Quo der Korruption förderungswürdig. Es zeigt sich, dass auch hier letztlich eine Prüfung des Einzelfalls kaum zu umgehen sein dürfte. Dass allerdings ein Zusammenhang zwischen Entwicklungszusammenarbeit und Korruptionsniveau hergestellt wird, ist eindeutig zu begrüßen.

Die Ergebnisse der insgesamt 34 Länderstudien können nur bedingt als ermutigend angesehen werden: In den meisten untersuchten Staaten wird die Immunität von Politikern nach wie vor als Schutzschild gegen die Verfolgung von Korruptionsvorwürfen benutzt. Verschiedene Forschungsberichte, allen voran der Corruption Perception Index, runden in einem dritten Teil den GCR ab und machen ihn zu einem unverzichtbaren Kompendium für jeden an der Korruptionsbekämpfung Interessierten.