Publikationen
Rezension

Michael Koß: Staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb. Die Entwicklung der Finanzierungsregimes in Deutschland, Schweden, Großbritannien und Frankreich.

VS Verlag: 2008. ISBN: 978-3-531-16350-5. 363 Seiten. 39,90 Euro

Die umfangreiche Arbeit von Michael Koss ist als Dissertation konzipiert. Das erklärt, warum sich der Verfasser in dem Teil „Konzeptionelle Grundlagen” ausgiebig mit der Einordnung seiner Untersuchung in die verschiedenen Strömungen der politischen Wissenschaften befasst und auch befassen muss und auf welche er konkret bei seiner Untersuchung zurueckgreift. Der Leser, der lediglich Informationen über die Parteienfinanzierungssysteme in den untersuchten Ländern Deutschland, Schweden, Frankreich und Großbritannien sucht, sollte hier den Mut haben, sogleich die Lektuere bei Teil 2 zu beginnen. Auch dann zeigt sich noch deutlich, dass die Auswahl der in die Untersuchung einbezogenen politischen Systeme für das Thema Parteien und ihre Finanzierung glücklich ist.
Nicht nur die Untersuchung der Parteiensysteme, sondern auch der Ablauf der politischen Entscheidungsprozesse in den verschiedenen Ländern macht deutlich, wie sehr sich die Entwicklung solcher politischen Entscheidungen immer noch von dem nationalen Entwicklungsprozess der entsprechenden Parteienlandschaft geprägt ist und wie wenig Annäherungen der Prozesse auch bei dem speziellen Thema der Finanzierung der Parteien zu beobachten sind, auch wenn letztlich in Deutschland, Schweden und Frankreich in unterschiedlichsten Konstellationen staatliche Parteienfinanzierungssysteme eingerichtet worden sind.
Trotz dieser mit großer Detailkenntnis und Einfühlungsvermögen herausgearbeiteten Unterschiedlichkeiten, gelingt es dem Autor auch einige gemeinsame Entwicklungslinien herauszuarbeiten, die empirisch belegen, warum die Entwicklung in den verschiedenen Ländern so ihren Weg nahm. Für den Leser, der sich für Korruptionsfragen interessiert, sind hier insbesondere die Ausarbeitungen zum „Diskurs über Korruption in der Politik” von Interesse. Dabei geht es nicht unbedingt um konkrete Korruptionsvorwürfe an einzelne Politiker oder an von politischen Parteien betriebene Systeme, sondern um die Frage, welche Rolle die Art der Finanzierung der Parteien in der öffentlichen Diskussion und der politischen Diskussion spielt und insbesondere welche Rolle ihr im Hinblick auf die Wahrung der Unabhängigkeit ihrer Entscheidungen zugesprochen wird. Es wird belegt, in welchen politischen Konstellationen sich die Auffassung, staatliche Finanzierung schütze die Parteien vor illegitimer Einflussnahme, besonders gut durchsetzen kann. Der Autor belegt auch, dass die Entwicklung dieses Diskurses in Großbritannien vermutlich ebenfalls zu einer Änderung des Parteienfinanzierungssystems führen könnte. Vielleicht werden dabei auch die Ereignisse dieses Sommers, die unweigerlich dazu führen, nicht die Parteien sondern die Abgeordneten einer stärkeren Aufsicht zu unterwerfen, ebenfalls eine Rolle spielen.
Insgesamt ein lesenswertes Buch, das am Beispiel der Finanzierung das Funktionieren von Parteiensystemen plastisch macht. (Hedda von Wedel)