Publikationen
Rezension

Helmar Schöne: "Alltag im Parlament. Parlamentskultur in Theorie und Empirie"

Köln: Helmut Lingen Verlag, 2013, ISBN: 978-3942453325, 272 Seiten. 9,95 Euro

Mit diesem Buch legt Helmar Schöne seine Habilitationsschrift in überarbeiteter Form vor. Es bietet einen empirischen Einblick in den normalen Parlamentsbetrieb und hebt sich damit von der Vielzahl von Arbeiten ab, die sich auf theoretische Überlegungen beschränken. Insbesondere zu drei Aspekten ist die Arbeit interessant. Erstens befasst sich der Autor mit der Arbeit der Ausschüsse im Bundestag. Immer wieder wird die Nichtöffentlichkeit der Ausschusssitzungen des Bundestages mit dem Argument verteidigt, die Nichtöffentlichkeit sei Voraussetzung für die Kompromissfähigkeit von Regierungs- und Oppositionsabgeordneten. Schöne stellt zur Ausschussarbeit fest: „Gesetzentwürfe, Anträge und Vorlagen werden meistens so abgestimmt,
wie es zuvor in den Arbeitskreisen der Fraktionen diskutiert und abgesprochen worden ist. Üblicherweise ist das Stimmverhalten in den Ausschüssen festgelegt und eine Einflussnahme auf die Kernelemente eines Antrages kaum mehr möglich“ (S. 139). Schöne zeigt damit, dass das genannte Argument keine empirische Grundlage hat. Zweitens erachtet Schöne die Artikulation von Interessen durch Lobbyisten in den fachpolitischen Arbeitskreisen der

Fraktionen für wesentlich. Daher zählen die Fraktionsreferenten, die auf Einladungen in Arbeitskreise Einfluss nehmen können, zu den bevorzugten Ansprechpartnern der Lobbyisten. Drittens sind seiner Analyse zufolge Anhörungen weniger bedeutend: „Der hohe Grad der Formalisierung und die detaillierte Planung der Anhörungen führen dazu, dass sie in der Regel keine überraschenden Ergebnisse produzieren“ (S. 213). Insgesamt bietet Schöne  einen guten Überblick über die tatsächliche Parlamentsarbeit, gerichtet an  Wissenschaftler und Experten als Leser.

Christian Humborg

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