Publikationen
Rezension

Heiko Scheier: Drittvorteil und Unrechtsvereinbarung.

Verlag Dr. Kovac, Hamburg, 2002, 136 S., 75,- EUR

Nach der Änderung strafrechtlicher Normen dauert es oft Jahre, bis Rechtsprechung und Literatur die neuen Tatbestände eingegrenzt und konkretisiert haben. Dies gilt erst recht, wenn der Gesetzgeber die komplexen und ohnehin mit vielen rechtlichen Einzelproblemen behafteten Regelungen der Korruptionsdelikte erweitert, wie dies mit Inkrafttreten des Korruptionsbekämpfungsgesetzes am 13. August 1997 geschehen ist. Einen Beitrag zur Diskussion um die zentralen Begriffe liefert Heiko Schreier mit seiner nunmehr veröffentlichten Dissertation. Die Untersuchung widmet sich hauptsächlich drei zentralen Begriffen, nämlich der in § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB ergänzten Amtsträgereigenschaft, dem in die §§ 331 ff.. StGB neu aufgenommenen Drittvorteil und den tatbestandlichen Anforderungen an eine Unrechtsvereinbarung nach der Gesetzesänderung.

Der Autor setzt sich in erster Linie mit der bisher zu allen drei neuen Komplexen produzierten wissenschaftlichen Literatur ausführlich auseinander und verschafft dem Leser damit einen guten Überblick über den Stand der theoretischen Diskussion. Die mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis versehene Arbeit demonstriert dabei gerade in der Frage der Amtsträgereigenschaft auch für den Laien nachvollziehbar die Schwierigkeit, an der Peripherie staatlichen Handelns klare Grenzen zu ziehen.

Diese Schwierigkeiten werden hier verstärkt durch die verbreitete Tendenz der Verwaltung zur "Flucht in das Privatrecht", deren Ziel gerade die Umgehung öffentlich-rechtlicher Regeln und damit auch der verschärften Strafandrohungen ist, eine Entwicklung, die die Einführung des § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB erst erforderlich gemacht hat und nun die Auslegung dieser Norm dauerhaft belastet. Transparenter ist dagegen die Rechtslage im Bereich der sogenannten Drittvorteile, die das Buch ebenso ausführlich wiedergibt. Nach Ausweitung der Strafbarkeit auf alle Zuwendungen an Dritte über die vor Erlass des Korruptionsbekämpfungsgesetzes bereits strafbare mittelbare Bestechung hinaus, erfassen die §§ 331 ff. StGB nunmehr auch die Verknüpfung der Dienstausübung mit ausschließlich fremdnützigen Drittvorteilen. Der Umstand allerdings, dass damit selbst nachträgliche karitative Spenden an gemeinnützige Organisationen beispielsweise aus Dankbarkeit für herausragende Leistungen zumindest tatbestandsmäßig als Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme zu werten sind, verleitet den Autor zu einer unnötigen tatbestandlichen Normreduktion als Korrektiv, obwohl die Praxis diese Fälle längst mit Recht und problemlos über entsprechende Behördengenehmigungen löst. Jedem Amtsträger in gefährdeten Bereichen sei dagegen die Lektüre des Abschnitts über die nunmehr gelockerten Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung nur empfohlen. Eine Vielzahl von Strafverfahren wäre mit Sicherheit dadurch zu vermeiden.

Insgesamt hat Heiko Schreier mit seinem Werk einen brauchbaren Diskussionsbeitrag zu der verschärften Korruptionsgesetzgebung vorgelegt, dessen wesentliche Schwachpunkte lediglich in einer etwas unübersichtlichen Begrifflichkeit im Bereich der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung zu sehen sind.