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Rezension

Harald Schlüter: Schmiergeldvereinbarung und Hauptvertrag in Deutschland, England und Spanien

Osning Verlag, Bielefeld 2005, 260 S., 25,- € (zgl.: Univ.-Diss., Hannover, 2004)

Schlüter, ein langjähriges Mitglied von TI Deutschland, hat sich mit einer für die Verfolgung und Prävention von Korruption wichtigen Rechtsfrage befasst, die in Deutschland umstritten ist und auf Klärung wartet: Unter welchen Voraussetzungen ist eine Bestechungsvereinbarung (also etwa die Vereinbarung zwischen einem korrupten Verkäufer und einem städtischen Beamten auf Zahlung einer bestimmten Summe an den Beamten für den unrechtmäßigen Zuschlag eines Auftrags an das Unternehmen des Verkäufers) rechtsunwirksam? Und vor allem: Unter welchen Voraussetzungen ist der Hauptvertrag, auf dessen Abschluss die Bestechung gerichtet war (in obigem Fall also der Kaufvertrag selbst), unwirksam oder anfechtbar? Man sollte annehmen, dass solche Verträge grundsätzlich wegen Sittenwidrigkeit nichtig und damit rechtsunwirksam sind (also nicht erst angefochten werden müssen), aber so einfach ist es nicht.

Schmiergeldvereinbarungen unter Deutschen sind generell wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Aber wenn einer der Beteiligten Ausländer ist, muss nach der derzeitigen Auffassung des Bundesgerichtshofes die auf dem ausländischen Markt vorherrschende Auffassung berücksichtigt werden. Kann das dazu führen, dass Vorteilsgewährung an Beamte in, sagen wir, Indonesien oder Nigeria nicht gegen die guten Sitten verstößt und damit rechtswirksam ist - und damit einklagbar? Das wäre schwer zu erklären, insbesondere in Anbetracht der internationalen Verpflichtungen, die Deutschland in Antikorruptions-Konventionen des Europarats und der Vereinten Nationen eingegangen ist (die die Bundesrepublik unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert hat, obwohl erstere schon seit Jahren auf Ratifizierung wartet). Und auf welcher Grundlage würde ein deutsches Gericht entscheiden, was die in einem bestimmten Tatland „vorherrschende Auffassung“ ist?

Noch unverständlicher wird die Frage der Wirksamkeit eines Hauptvertrages (z.B. des durch die Bestechung zustande gekommenen Vertrages über die überteuerte Lieferung von Generatoren): Nach deutscher Rechtsprechung ist der Hauptvertrag nur unwirksam, wenn der Schaden signifikant, also die vom Käufer zu tragende Preiserhöhung gegenüber einem im Wettbewerb zustande gekommenen Preis von einiger Schwere ist. Ein solcher Nachweis wird oft schwer zu erbringen sein. Das führt z.B. auch dazu, dass ein durch Bestechung erlangter Architektenvertrag rechtswirksam bleibt, wenn die Vergütungsordnung für Architekten Anwendung findet (da der integre, aber unterlegene, Wettbewerber ja denselben Betrag als Vergütung erhalten hätte).

Interessant, dass sowohl in England wie auch in Spanien für diese Fälle Regeln existieren, die bei Vorliegen von Bestechung klar zur Unwirksamkeit der Verträge führen.

Schlüter weist am Rande auch darauf hin, dass das in Deutschland seit 1999 geltende Verbot der steuerlichen Absetzbarkeit von Bestechungsgeldern Lücken hat: Da die Bestechung von Abgeordneten nur sehr eingeschränkt verboten ist, sind Bestechungszahlungen an Abgeordnete außerhalb des von § 108e sehr eng gezogenen Rahmens auch weiterhin steuerlich absetzbar.

In all diesen Fällen muss eindeutig nachgebessert werden. Schlüters Buch hat das Verdienst, nicht nur auf Missstände hinzuweisen (die er häufig gerade im Vergleich mit den „besseren“ Lösungen in England und Spanien als Mängel im deutschen Recht vorträgt), sondern in der Regel auch klare Vorschläge zu ihrer Abstellung zu machen. Kein Buch für die Ferienlektüre, aber ein wichtiger Beitrag für die Rechtsentwicklung in Deutschland.