Publikationen
Rezension

Hana Kühr: Legalität und Legitimität von Mandatsträgerbeiträgen. Schriften zum Parteienrecht und zur Parteienforschung Bd.47

Nomos-Verlag Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8487-1205-2, 318 Seiten, 64 Euro

Das vorliegende Buch ist eine Dissertation (2013/14), vorgelegt bei der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Wie für ein Werk dieser Art üblich, ist das Buch eng gedruckt, logisch gegliedert und historisch sauber abgeleitet, dazu mit Quellenangaben und Verweisen reich versehen. Im vierten, abschließenden Kapitel ist ein Plädoyer für eine gesetzliche Novellierung auf die Zukunft ausgerichtet; ein Eigener Vorschlag zur gesetzlichen Novellierung schließt die Arbeit ab.
Ich habe das Buch mit den Augen und der Erfahrung einer langjährigen Bundestagsabge-ordneten und „Parteisoldatin“ gelesen. An der Gründlichkeit der Recherche und an den Be-gründungen für die Argumente der Autorin hege ich keinen Zweifel. Ich folge ihr auch in ih-rem Urteil, dass Mandatsträgerabgaben verfassungsrechtlich zulässig sind. Auch die Sach-verständigenkommission von 2001 hat „die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Mandats-trägerbeiträgen nicht grundlegend angezweifelt. Lediglich zwangsweise abzuführende Bei-träge seien mit dem Konzept eines freien Abgeordnetenmandats nicht vereinbar“ (S. 286). Sie hatte deshalb erhöhte Publizitätsanforderungen gestellt. Wer aber stellt Freiwilligkeit oder Zwang fest und kontrolliert im Einzelfall die Publizität? Ich kenne Situationen, in denen Auf-stellung oder Wiederwahl eines Kandidaten von den Abgaben abhängig gemacht wurden.
Der Umfang der Mandatsträgerbeiträge belief sich im Jahr 2011 auf 58 Millionen Euro. Dass darüber transparent Rechenschaft abzulegen ist, versteht sich, denn die Gesamtsumme schlüsselt sich nach den Parteien unterschiedlich auf und hat entsprechend unterschiedlichen Einfluss. Hier jedoch kommt der von der Autorin an verschiedenen Stellen beklagte Mangel eines öffentlichen Diskurses über die Mandatsträgerabgaben ins Spiel. Jeder Beteiligte am Machtspiel der Parteien weiß, dass Fraktionen, Landes- oder Bezirksverbände, Ortsvereine Zuschüsse für ihre politische Arbeit von den Mandatsträgern fordern und dass es dafür nur selten Regeln gibt. Dieser Sachverhalt macht aus den Mandatsträgern „abhängige Unabhängige“ (S.121) von ihren Parteigliederungen und schreibt auch starke Unterschiede zwischen den Parteien, Stadt- und Landwahlkreisen, armen und reichen Regionen in Deutschland fest. Gerecht ist daran gar nichts, aber daran rütteln mag auch niemand.
Wie könnten Regelungen aussehen, die die Situation unter den Abgeordneten gerechter macht? Es wäre gut, wenn ein öffentlicher Diskurs zustande käme, der die Staatsfreiheit der Parteien thematisiert und den Anspruch unterstreicht, dass Eigenfinanzierung vor Staatsfi-nanzierung stehen muss. Da alle Parteien an Mitgliedern verlieren und die Wahlspenden nicht wachsen, die Zahl der zu vergebenden Mandate aber gleich bleibt, kommt der Transparenz bei den Mandatsträgerabgaben erhöhte Bedeutung zu.

(Anke Martiny)

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