Publikationen
Rezension

Francois Vincke und Fritz Heimann (Hrsg.): Fighting Corruption. A Corporate Practices Manual.

ICC Publishing, 2. Auflage, 2003. 81,66 Euro. ISBN: 92-842-1321-5

Die International Chamber of Commerce (ICC) hat mit dieser Publikation die zweite Auflage des erstmalig 1999 erschienenen Handbuchs zur Korruptionsbekämpfung im privaten Sektor auf den Markt gebracht. Mittlerweile hat sich viel getan auf diesem Gebiet Positives wie auch Negatives. Der größte Erfolg seitdem war sicher die Ratifizierung der OECD-Konvention gegen Bestechung von ausländischen Amtsträgern durch 34 Staaten. Gleichzeitig wurde durch die großen Skandale im Zusammenhang mit Enron, Worldcom und Arthur Andersen deutlich, dass sich integeres Verhalten im geschäftlichen Verkehr noch nicht ausreichend durchgesetzt hat. Von den verheerenden Konsequenzen der Bilanzskandale waren eben auch tausende Mitarbeiter und Aktionäre betroffen, die nun ihre Rücklagen und Rentenansprüche verloren haben. Ferner lenkten die Anschläge vom 11. September 2001 den öffentlichen Fokus auf die gravierenden Folgen von Geldwäsche.

Diese Entwicklungen haben die Autoren veranlasst, die erste Auflage dieses Leitfadens für Manager, Buchhalter, Controller und Wirtschaftsprüfer grundlegend zu überarbeiten und mit vier weiteren Kapiteln zu ergänzen. Neu hinzugekommen sind folgende Themenkomplexe: Erpressung durch ausländische Amtsträger, Whistleblowing, Beschleunigungszahlungen im Zollbereich sowie Korruptionsbekämpfung in kleinen und mittleren Unternehmen.

Anhand der "ICC Rules of Conduct to Combat Extortion and Bribery" (1977) und der OECDKonvention gegen Bestechung von ausländischen Amtsträgern (1999) analysieren die Autoren Kapitel für Kapitel den aktuellen Stand der Korruptionsbekämpfung und zeigen Defizite auf.

Immer noch ungelöst trotz bestehender Konventionen ist beispielsweise die Bewertung von Bestechungszahlungen an ausländische Parteifunktionäre, die nicht zu Amtsträgern zu zählen sind.

Die Verantwortung von Unternehmen für ihre Töchter im Ausland im Falle von korruptivem Verhalten ist ebenfalls strittig. Die Autoren fordern eine baldige Anpassung der OECD-Konvention, die dieses Problem aufgreift und die Verantwortung der Mutterunternehmen für ihre Töchter eindeutig festschreibt.

Die Einforderung von Bestechungsgeldern durch ausländische Amtsträger, die in der OECDKonvention nicht behandelt wird, stellt für Unternehmen mehr und mehr ein Problem dar. Die USRegierung hat bereits auf diese Regelungslücke reagiert und bietet ihren Unternehmen Unterstützung über diplomatische Kanäle an.

Auch die Rolle von Beschleunigungszahlungen, im Besonderen wenn diese an Zollbeamte geleistet werden, wird in diesem Handbuch diskutiert.

Die Autoren gehen davon aus, dass es künftig nicht mehr ausreicht, sich auf die Bekämpfung der Bestechung von Amtsträgern, wie sie die OECD-Konvention regelt, zu beschränken. Durch die zunehmende Deregulierung und Privatisierung rückt die Bestechung innerhalb des privaten Sektors mehr und mehr in den Vordergrund. Deren Konsequenzen können aufgrund der Größe und Macht von multinationalen Konzernen ebenso schwerwiegend sein wie der durch Korruption im öffentlichen Sektor entstehende Schaden. Aufgrund oftmals fehlender gesetzlicher Regelungen gegen Korruption im privaten Sektor gewinnen freiwillige Verhaltenskodizes innerhalb von Unternehmen weiter an Bedeutung.

Begrüßenswert ist ferner die Auseinandersetzung mit den Problemen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) bei der Bekämpfung von Korruption. Oft fehlen diesen Know-How und Ressourcen, um dieser Herausforderung mit aufwändigen Anti-Korruptionsprogrammen entgegenzutreten. Und das, obwohl gerade die kleineren Exportunternehmen in vielen Bereichen besonders anfällig für Korruption sind. So können sie es sich oft nicht leisten, Mitarbeiter aus dem eigenen Unternehmen im Ausland zu stationieren und greifen daher öfter als größere Unternehmen auf Agenten zurück. Diese stellen, so wissen die Autoren, durch die fehlende Bindung zum Unternehmen und mangelnde Schulung in Sachen Korruptionsprävention ein besonders hohes Risiko für Bestechungszahlungen dar. Deshalb ist bei dieser Zielgruppe noch besonders viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn auch ein weniger umfangreiches Korruptionspräventionsprogramm ist ausreichend, solange es dafür sorgt, Korruption effektiv zu bekämpfen.

Im Schlusskapitel weisen die Autoren deutlich auf die bislang nicht zufriedenstellende Anwendung der OECD-Konvention in den wichtigen Exportländern Exportländern hin. Die mangelnde Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden, der unzureichende politische Wille sowie die ungenügende Bereitschaft der Wirtschaftsverbände und Industrie- und Handelskammern, die Bestimmungen der Konvention zu verbreiten, könnten den Erfolg der Konvention gefährden. Denn sie kann erst dann ihre Wirkung voll entfalten, wenn Korruption sichtbar reduziert wurde. Bislang ist dies nicht der Fall.