Publikationen
Rezension

DIETER DEISEROTH: "WHISTLEBLOWING IN ZEITEN VON BSE"

Berlin Verlag 2001, 252 S. kart., 20,- Euro, ISBN 3-8305-0258-3

Der Begriff des Whistleblowing ist in diesem Rundbrief bereits ausreichend erläutert worden. Den Schutz für Whistleblower zu verbessern, ist insbesondere Arbeitsschwerpunkt des Unterzeichners im Vorstand. Dazu haben wir eine Arbeitsgruppe gegründet, die allen Mitgliedern offensteht und zur Zeit aus einem guten halben Dutzend Personen aus der Schweiz und aus Deutschland besteht.

Standardwerke in unserem relativ jungen Betätigungsfeld, der Korruptionsbekämpfung, auszumachen ist gewagt. Sicher kennt jeder das Werk von Pieth/Eigen über die Korruption im internationalen Geschäftsverkehr (Mark Pieth und Peter Eigen (Hrsg.): Korruption im internationalen Geschäftsverkehr. Luchterhand, 1999. Der Band kann auch im Büro in München ausgeliehen werden Anm. d. Red.). Hier darf ich dem geneigten Leser ein wesentlich spezieller ausgerichtetes Werk empfehlen, das auf seinem Terrain gute Chancen hat, ebenfalls auf Jahre Standardwerk zu bleiben.

Dr. Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht, hat sich eingehend mit dem Fall der schleswig- holsteinischen Tierärztin Dr. Margrit Herbst befasst, die im vergangenen Jahr für ihr Engagement mit dem zum dritten Mal vergebenen "Whistleblower" Preis der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler ausgezeichnet wurde.

Frau Dr. Herbst war Anfang der 90er Jahre international anerkannte Spezialistin in der Erforschung der BSE Krankheit. Als sie ihre Erkenntnisse an ihrer Dienststelle in einem norddeutschen Großschlachthof einsetzen konnte, wurde sie zunächst ausgebremst und dann blockiert. Sie wurde versetzt, erkrankte akut und verlor ihren Arbeitsplatz. Ihr Kampf um ihren Arbeitsplatz kann nicht als erfolgreich bezeichnet werden. Der Leser erfährt alles, um die Hintergründe dieses Falls einschätzen zu können u.a. in Faksimilekopien der Originaldokumente. Dies macht den Hauptteil des Werkes aus.

Der Autor nimmt das unglücklicherweise sehr dankbare Beispiel BSE zum Anlass, auf internationale Parallelfälle hinzuweisen. Dass in Großbritannien wohl gerade im Hinblick auf BSE ein schweres Strukturdefizit erkannt wurde und die Informationsfreiheitsgesetzgebung gerade deshalb wesentlich verstärkt wurde, kommt vielleicht etwas zu kurz. Der Public Interest Disclosure Act von 1999 wird immerhin in einer deutschen Übersetzung vorgestellt.

Um so dankenswerter ist es, wie eingehend Deiseroth die strukturellen Rechtsschutzdefizite für Whistleblower in Deutschland darstellt. Aus personal- bzw. arbeitsrechtlicher Perspektive bleibt kein Aspekt unbeleuchtet. Deiseroth stellt zusammenfassend den deutschen Reformbedarf so dar, dass er im Grunde nur noch vom Gesetzgeber - und zuvor interessierten Kreisen, wie den unseren - aufgenommen werden muss.

Das Buch erleichtert die Diskussion dieses ausgesprochen komplexen Themas erheblich. Wenngleich Transparency International über das Thema Korruption sicher noch einige Facetten und einen erweiterten Gesamtzusammenhang beitragen kann, findet sich hier für jeden ein äußerst spannend zu lesender Einstieg in das Thema, dem nicht allzu viel hinzuzufügen bleibt. Für alle, die sich mit diesem Querschnittsthema beschäftigen wollen, also ein unverzichtbarer Einstieg.