Publikationen
Rezension

Christoph Giersch (Hrsg.): Money makes the world go round? Ethik als notwendiges Gestaltungsprinzip für Banken und Kapitalmärkte.

Rainer Hampp Verlag München 2007. ISBN: 3866181485. 71 Seiten. 19,80 Euro

Als sich die Organisatoren der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ und der Commerzbank im Juni 2006 zu einer Tagung zusammenfanden, um über Ethik als notwendiges Gestaltungsprinzip für Banken und Kapitalmärkte zu diskutieren, befand sich die breite Kritik am „ungezügelten Turbo-Kapitalismus“ nach angloamerikanischem Vorbild und die hochpolitisierte „Heuschrecken-Debatte“ gerade in ihrer Hochphase. Jedoch konnten die Veranstalter noch nicht ahnen, dass die Tagungsthematik erst rund zweieinhalb Jahre danach an Aktualität nicht mehr zu überbieten ist und die globale Finanzwelt heute eine gänzlich andere ist. Der vorliegende Band dokumentiert die einzelnen Beiträge dieser Tagung.

Die aktuelle Entwicklung des Finanzmarktes lässt im Rückblick die Thematik des Bandes als nahezu selbstverständlich und absolut unabkömmlich erscheinen. So wirkt es aus heutiger Sicht fast banal, wenn der Herausgeber Dr. Christoph Giersch in seinem Vorwort die Frage nach ethischen Orientierungshilfen stellt. Doch wirkten moralische und ethische Fragestellungen in der dynamischen und stark renditeorientierten Finanzwirtschaft noch zum damaligen Zeitpunkt fast wirtschaftfeindlich und standortschädigend.

Karl Homann, Professor für Philosophie und Ökonomik an der LMU in München, geht eingangs auf einen zentralen Punkt in der Ethikdiskussion ein und stellt für den Aufbau einer ethischen Rahmenordnung in der Finanzwelt die kritische Frage, ob ohne Anreize kein Effekte erzielt werden können.

Klaus-Peter Müller, damals Vorstandsvorsitzender der Commerzbank und heute im Aufsichtsrat der Bank, versucht zu Beginn seiner Ausführungen mit verschiedenen Stereotypen über Bankinstitute aufzuräumen und kommt aus seiner Praxissicht zu der These, dass Banken „ganz selbstverständlich“ eine besondere Verantwortung übernehmen. Müllers kritische Annäherung stellt den Menschen, also den Mitarbeiter als Akteur in den Mittelpunkt, und nennt die Fehlbarkeit eben des Menschen als systemimmanente Schwachstelle.

Wenn der Autor jedoch die Agenda der Commerzbank als Erfolgsgeschichte darstellt und schreibt, dass ethisches Verhalten in der Bank „hinter der Tür auch wirklich gelebt“ wird, muss durch die Involvierung des Instituts in die Finanzkrise und durch den Sprung unter den Schutzschirm der Regierung die „wirtschaftliche Nachhaltigkeit“ heute doch in neuem Licht erscheinen.

Werden ethische Aspekte hier in den Mittelpunkt gestellt, so müssen insbesondere diejenigen Akteure genannt werden, die die verwalteten Einlagen auch unter strengen ethischen Gesichtspunkten anlegen. Heinz-Peter Heidrich kann hier als Vorstandssprecher der Bank im Bistum Essen qualifizierte Aussagen treffen. Auch wenn der Markt nachhaltiger Geldanlagen in Deutschland enorm boomt und 2005 rund acht Milliarden Euro ausmachte, so ist das Volumen am Gesamtmarkt doch nur marginal nennenswert. Heidrich kommt in seinem Beitrag resümmierend zu der Aussage, dass ethische Geldanlagen „honorig und profitabel“ sind.

Hedgefonds stellen in der öffentlichen Wahrnehmung sicherlich den klassischen Gegenpart zum ethisch verantwortungsvollen Akteur in der Finanzwirtschaft dar. Umso interessanter gestaltet sich daher ein Einblick in die Argumentationen eines Hedgefonds-Vertreters. Der geschäftsführende Gesellschafter von apano Finanzanlagen, Markus Sievers, nimmt sich der Frage an, ob Hedgefonds „Heuschrecken“ oder seriöse Renditebringer sind. Auch wenn der Autor in seinem Vortrag auf den Untertitel der Tagung nicht näher eingeht, so stellt er zumindest sachlich und empirisch fundiert dar, dass Hedgefonds als Player im Markt eine wichtige Rolle einnehmen und die Diskussion zwingend entpolitisiert und versachlicht werden muss.

Zusammenfassend müssen die Tagung als Ausgangspunkt und die Dokumentation der einzelnen Vorträge in diesem Band als äußerst wichtige Beiträge zur Finanzplatzgestaltung betrachtet werden. Die Thematik erfährt in diesen Tagen eine damals nicht vorhersehbare Aktualität. Die Verankerung von Ethik und Moral als notwendige Gestaltungsprinzipien für Banken und Kapitalmärkte kann zukünftig dafür sorgen, dass das Gesamtsystem wieder gesund und vernünftig funktioniert. Den Organisatoren gebührt großer Respekt und Dank.

(Andreas Fenneker)

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