Publikationen
Rezension

Caroline Walter, Alexander Kobylinski: Patient im Visier. Die neue Strategie der Pharmakonzerne

Hoffmann und Campe, Hamburg 2010, 240 Seiten, 17 Euro

Die beiden Autoren arbeiten als Fernsehjournalisten. Sie sind in ihren Vierzigern und haben für eine politische Reportage über die NPD 2004 den Civis-Medienpreis gewonnen. Dem Pharma-Bereich haben sie sich deshalb zugewandt, weil sie meinen, dass hier überforderte Patienten Unterstützung durch die Medien gut brauchen können. Ein „Handbuch für Pharmamarketing“ mit dem schönen Titel „Patienten im Visier“ gab gewissermaßen den Startschuss für die weitere Recherche und das Verfassen des Buches. Die beiden Journalisten gründeten pro forma eine Pharma-Firma mit allem Drum und Dran, um Zutritt zu einschlägigen Veranstaltungen zu erhalten, Kontakt zu Agenturen herzustellen und möglichst vielfältige, sachlich unangreifbare Informationen zu gewinnen. Als Krankheit, die sie mit ihren Medikamenten bekämpfen wollten, hatten sie sich Alzheimer ausgedacht, weil vor dieser Krankheit besonders viele Menschen große Angst haben. Der Stoff entwickelte sich, wie man es sich denken kann: Was die vermeintlichen Hersteller aus der Branche erfahren, ist schlimm. Wohin sie auch schauen: Die Angst kranker Menschen wird ausgenutzt, mit Desinformationen und „frisierten“ Argumenten wird ihnen Geld aus der Tasche gezogen, von den teuren Behandlungen werden Patienten nicht gesünder, nur ärmer. Alles liest sich gut, ist spannend entwickelt. Trotzdem legt man das Buch am Schluss etwas unbefriedigt aus der Hand, weil man zu wenig darüber erfährt, wo und wie man denn vertrauenswürdige, gründliche, zugewandte Ärzte findet, die einem helfen, wenn es ernst wird. Die gibt es glücklicherweise doch immer noch.

Anke Martiny

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