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Pressemitteilung Politik

Transparency International - Deutsches Chapter e.V. veröffentlicht Forderungskatalog zur Parteispendenregelung

14.02.2000

Die von Bundespräsident Rau kürzlich eingesetzte Kommission zur Parteienfinanzierung ist über ihren gesetzlich vorgesehenen Auftrag hinaus vom Bundespräsidenten explizit aufgefordert worden, drei Dinge umfassend zu prüfen: "Kann die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen besser kontrolliert werden als bisher? Muss das Sanktionensystem für Fehlverhalten von Parteien und verantwortlichen Personen neu gefasst werden? Sind gesetzliche Regelungen notwendig?"

Transparency International - Deutsches Chapter e.V., ein aktives Mitglied der deutschen Zivilgesellschaft, das sich der Korruptionsprävention und -bekämpfung widmet, begrüßt diese erweiterte Aufgabenstellung ausdrücklich und möchte die Kommission mit konkreten Vorschlägen bei ihrer Arbeit unterstützen. TI-Deutschland stellt dazu fest:

Die Enthüllungen der letzten Monate über massive Missbräuche bei Parteispenden haben gezeigt, dass die bestehenden Regeln des Parteiengesetzes über viele Jahre schwerwiegend verletzt worden sind. Eklatante Rechtsbrüche, wie sie unter dem "System Kohl" in der Bundes-CDU, aber auch in mehreren Bundesländern begangen wurden, konnten jahrelang verschleiert werden. An vielen dieser Verstöße waren nicht nur die Spendenempfänger, sondern auch die Spender unter Missachtung der Gesetze aktiv beteiligt. Auch dies fiel nicht auf und wird in der öffentlichen Diskussion zu wenig beachtet.

Unser System der Politikfinanzierung ist im Prinzip gut. Es braucht aber mehr Transparenz, bessere Kontrollen und effektive Sanktionen. Denn es ist deutlich geworden, dass das Parlament seinerzeit ein Gesetz verabschiedet hat, das erhebliche Schlupflöcher bietet und nicht hinreichend abschreckt.

Politik, die Arbeit der Politiker im Parlament und die Parteiarbeit müssen ausreichend finanziert werden, wenn eine Demokratie einwandfrei arbeiten soll. Spenden können durchaus ein Bestandteil dieser Finanzierung sein. Es ist nicht gerechtfertigt, Parteispenden von vornherein als quasikriminelle Handlung zu diskreditieren. Um das im Grundgesetz geforderte Recht auf Gleichheit der Bürger und Bürgerinnen in der Ausübung ihrer demokratischen Rechte zu wahren, dürfen aber einzelne Parteien durch intransparente Spendenregelungen weder begünstigt noch benachteiligt werden. Deshalb müssen die Spendenregelungen von Grund auf geändert werden.

TI-Deutschland fordert daher:

1. Spenden einer juristischen Person und einer natürlichen Person an eine Partei müssen offengelegt werden, wenn sie kumulativ im Laufe eines Jahres (bei juristischen Personen: kumulativ für alle Mitglieder eines Firmenverbandes)

a) DM 10.000 auf Bundesebene

b) DM 5.000 auf Landesebene und

c) DM 1.000 auf kommunaler Ebene

übersteigen.

2. Spenden einer juristischen und einer natürlichen Person an eine Partei dürfen im Jahr kumulativ einen Betrag von DM 100.000 nicht übersteigen. Dies gilt kumulativ für alle Teilgliederungen einer Partei.

3. Spenden einer natürlichen Person an eine Abgeordnete / einen Abgeordneten müssen von dem Empfänger offengelegt werden, wenn sie kumulativ im Laufe eines Jahres DM 5.000 übersteigen.

4. Spenden einer natürlichen Person an einen Abgeordneten / eine Abgeordnete dürfen im Jahr (kumulativ) einen Betrag von DM 50.000 nicht übersteigen.

5. Spenden einer juristischen Person an eine Abgeordnete / einen Abgeordneten sind nicht erlaubt.

6. Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt sind, dürfen Spenden weder an eine Partei noch an einzelne Abgeordnete geben.

7. Zur Erlangung einer besseren Transparenz müssen sämtliche Offenbarungspflichten des Parteiengesetzes und der Regelung für Abgeordnete nicht nur durch Abdruck als Bundesdrucksache bzw. im Handbuch des Bundestages veröffentlicht werden, sondern müssen auch auf der Internet-Homepage des Bundestages zugänglich sein. Dies gilt auch für Nebentätigkeiten usw., die bisher nur dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden müssen.

8. Großspenden (Spenden an eine Partei, die DM 50.000 übersteigen, und Spenden an eine Abgeordnete / einen Abgeordneten, die DM 20.000 übersteigen) sind nicht nur im Jahresbericht offenzulegen, sondern sofort, innerhalb von 14 Tagen nach Empfang, ins Internet zu stellen. Eine Stückelung zur Umgehung dieser Obergrenze ist unzulässig.

9. Spenden in der Form von Bargeld sind nur bis zu einem Betrag von DM 200,00 pro Einzelspende zulässig. Eine Stückelung zur Umgehung dieser Obergrenze ist nicht zulässig.

10. Die Rubrik "Sonstige Einnahmen" im Rechenschaftsbericht muss derart geändert werden, dass alle Einnahmen von einem Spender, die kumulativ im Lauf eines Jahres DM 10.000 übersteigen, nach Herkunft und Höhe gesondert aufzuführen sind. Das gilt auch für Vermächtnisse.

11. Prüfungsaufträge zur Prüfung der Bücher einer Partei sollen nicht mehr von der Partei, sondern zentral vom Bundestagspräsidenten nach Ausschreibung vergeben werden. Nach drei Jahren muss die jeweilige Prüfinstanz wechseln.

12. Es sollte ein Kontrollgremium für Parteifinanzierungen eingerichtet werden. Dieses Gremium sollte im Büro des Bundestagspräsidenten angesiedelt und von Persönlichkeiten mit der Befähigung zum höheren Richteramt besetzt sein. Dieses Gremium sollte die Kompetenz haben, laufende Kontrollen durchzuführen und ungehinderten Zugang zu allen Finanzunterlagen der Parteien haben.

13. Verstöße gegen die Spendenregeln müssen ausreichend sanktionsbewehrt sein, nämlich:

a. Vorsätzliche Verletzungen der Bestimmungen des Parteiengesetzes durch Parteifunktionäre und andere Personen (wie die Verschleierung von Geldeinnahmen und -bewegungen, die unzulässige Annahme von Bargeld und die Nutzung illegaler Spenden oder Vermächtnisse und die Nutzung illegaler oder schwarzer Konten und Institutionen) müssen ein Straftatbestand unter dem StGB werden.

b. Die Strafgebühr gemäß § 23a PartG sollte vom Zweifachen auf das Zehnfache erhöht werden.

14. Bei besonders schweren Verstößen durch Parteifunktionäre sollte man neben der Geld- und Haftstrafe auch den Verlust des politischen Mandats und die Aberkennung des passiven Wahlrechts in Betracht ziehen.

15. Abgeordnete des Bundestages haben im Rahmen von Ausschussberatungen offen zu legen, wenn die Beratung einzelner Tagesordnungspunkte ihre eigenen beruflichen oder sonstigen finanziellen Interessen oder diejenigen von Familienmitgliedern berührt (z.B. auch auf Grund ihrer Tätigkeiten für Vereine und Verbände). Verstößt ein Ausschussmitglied gegen diese Offenlegungspflicht, ist das Beratungsergebnis nichtig.

16. § 108e StGB über den Stimmenkauf von Abgeordneten ist auf Abstimmungen in den Ausschüssen auszudehnen.

17. Mitglieder der Bundesregierung, soweit sie nicht Abgeordnete sind, sollen denselben Offenlegungspflichten unterliegen wie Abgeordnete; dies gilt ebenso für politische Beamte. Die von ihnen offenzulegenden Angaben müssen auf den Internet-Seiten der Bundesregierung veröffentlicht werden.

18. Parallele Regelungen sollten auch in den Bundesländern eingeführt werden. Der Bundesinnenminister sollte über die Innenministerkonferenz darauf hinwirken, dass für die Landtage und die Länderparlamente analoge Regelungen geschaffen werden, ebenso für die Oberbürgermeister und Dezernenten in Großstädten.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Anke Martiny, Tel.: 030 - 54 98 98 0

Dagmar Schröder, Tel.: 030 - 54 98 98 0

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