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Transparency Deutschland fordert lückenlose Aufklärung der Rolle von Politikern und Behörden bei Cum-Ex-Ermittlungen gegen Warburg-Bank

Berlin, 18.02.2020

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Transparency Deutschland fordert eine lückenlose Aufklärung der Rolle von Politikern und Behörden bei den Cum-Ex-Ermittlungen gegen die Warburg-Bank. Das Cum-Ex-Schema hat zur Bereicherung durch mehrfache illegale Rückerstattungen gezahlter Steuern auf Dividenden geführt. Steuerberatungsfirmen, Banken und die Nachlässigkeit der Aufsichtsbehörden haben diesen Betrug zu Lasten aller redlichen Steuerzahler ermöglicht. Einer der Akteure: die Privatbank M.M. Warburg in Hamburg. So verzichteten die Finanzbehörden Hamburgs auf die Forderung einer Rückerstattung durch die Privatbank – immerhin 47 Millionen Euro allein im Jahr 2016. Damit konnte Verjährung eintreten. Wiederholt wird die Privatbank von der Hamburger Finanzbehörde geschützt – entgegen dringenden Mahnungen sowohl aus Nordrhein-Westfalen, wo Cum-Ex-Strafverfahren auch gegen die Warburg-Bank verhandelt werden – wie auch aus dem Bundesfinanzministerium.

Eine „Schweinerei”  – so charakterisierte Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf einer Veranstaltung von Transparency Deutschland und weiteren Organisationen der Zivilgesellschaft am 9. Dezember 2019 in Berlin die Erschleichung von Steuererstattungen. Auf Rückfrage bestätigte Olaf Scholz, in seiner Amtsperiode als Erster Bürgermeister von Hamburg nicht mit der Cum-Ex-Praxis befasst worden zu sein. In die Arbeit der Finanzämter mische er sich nicht ein. Und: Das Steuergeheimnis verbiete eine Kommentierung. Gleiches sagt der damalige Finanzsenator – heute Erster Bürgermeister – Peter Tschentscher. Mittlerweile bestätigt der Bundesfinanzminister jedoch, mit dem Inhaber der Privatbank Warburg im Jahr 2017 ein Gespräch geführt zu haben – zeitgleich, als bereits gegen die Bank ermittelt wurde. Nur nicht in Hamburg. Und als eine weitere Forderung in Höhe von 43 Millionen Euro ebenfalls zu verjähren drohte.

Dazu Stephan Klaus Ohme, Leiter der Arbeitsgruppe Finanzwesen von Transparency Deutschland:

„Interessenkonflikte und intransparenter Lobbyismus haben es neben dem Versagen der Aufsichts- und Kontrollbehörden über viele Jahre erst ermöglicht, dass das System Cum-Ex funktionieren konnte. Hinweise, dass Vertreter der Stadt Hamburg sich schützend vor die Warburg-Bank stellten oder die Finanzbehörde deren illegales Handeln tolerierte, müssen lückenlos aufgeklärt werden.“

Die „Schweinerei“ ist noch nicht bereinigt. „Frech, dreist, verachtenswert“ – so die deutliche Kommentierung von Bundesfinanzminister Scholz bei der Veranstaltung. Eine (zu?) späte Erkenntnis?

Weniger Steuertransparenz mit neuem Hamburgischen Transparenzgesetz

Wer Steuervermeidung und -hinterziehung wirksam bekämpfen will, muss Transparenz schaffen. Daher ist es bedauerlich, dass die Novelle des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG), die Ende Dezember 2019 verabschiedet wurde, genau in diesem Punkt verschlechtert wurde. Die vorherige Version des HmbTG sah für Steuerbehörden als Ausnahme vor, dass keine Informationspflicht für Vorgänge der Steuerfestsetzung und -erhebung bestehe. Nun besteht nach dem Gesetz keine Informationspflicht für Vorgänge der Steuerverwaltung insgesamt.

Dazu Ulrike Fröhling, Leiterin der Regionalgruppe Hamburg/Schleswig-Holstein von Transparency Deutschland:

„Es stellt sich die Frage, weshalb die Hamburger Finanzbehörde trotz eindeutiger Hinweise untätig geblieben ist. Solche Prozesse werden in Zukunft noch schwerer nachvollziehbar sein, denn de facto ist nun die gesamte Behörde als solche von der Informationspflicht ausgenommen.“

Hintergrund

Der Cum-Ex-Skandal ist einer der größten Steuerskandale in der Geschichte der Bundesrepublik und Europas. Banken und Investoren hatten mithilfe komplizierter Aktienkäufe und -verkäufe unrechtmäßige Steuererstattungen generiert. Der Schaden für die Bürgerinnen und Bürger allein in Deutschland beläuft sich auf mehrere Milliarden Euro. Die Hamburger Warburg-Bank war in den Jahren 2007 bis 2011 in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt und wurde 2016 wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung durchsucht. Im Verfahren vor dem Landgericht Bonn geht um eine Rückerstattungsforderung von insgesamt 278 Millionen Euro.

Kontakt

Stephan Klaus Ohme
Leiter der Arbeitsgruppe Finanzwesen

Ulrike Fröhling
Leiterin der Regionalgruppe Hamburg/Schleswig-Holstein von Transparency Deutschland

Sylvia Schwab
Pressesprecherin

Transparency International Deutschland e.V.
Tel.: 030 - 54 98 98 0
E-Mail: presse@transparency.de