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Social Bots, Troll-Armeen, Fake-News, Lügenpresse - sind wir auf dem Weg zu einer gesteuerten Meinungsbildung?

Datum: 27.11.2017 18:00 Uhr
Ort: Bremen

Am 27. November hat die Regionalgruppe Bremen von Transparency Deutschland in Zusammenarbeit mit der Bremer Landeszentrale für Politische Bildung im Festsaal der Bremer Bürgerschaft eine Podiumsdiskussion veranstaltet. „Social Bots, Troll-Armeen, Fake-News, Lügenpresse — sind wir auf dem Weg zu einer gesteuerten Meinungsbildung?“ Unter diesem Titel diskutierten Experten darüber, ob wir es mit einer neuen Dimension von Macht, Käuflichkeit und Manipulation zu tun haben, die massiv in unsere Meinungsbildung eingreift — und auch eine Organisation wie Transparency vor neue Herausforderungen stellt.

Es diskutierten Lisa-Maria Neudert vom Oxford Internet Institute, Lena Frischlich vom Institut für Kommunikationswissenschaft in Münster, Thomas Köcher von der Landeszentrale für Politische Bildung in Bremen sowie Frank Schulte von Radio Bremen. Andreas Troché von der Bremer Regionalgruppe moderierte die Veranstaltung, an der über 80 Besucher teilnahmen.

Lisa-Maria Neudert erläuterte eingangs, welches Manipulationspotenzial das Internet mit Bots, Trollen und Fake-Accounts bietet. Deren Ziel sei es, bestimmte Inhalte als beliebt, wichtig und seriös erscheinen zu lassen. Zur Bundestagswahl habe es „nur“ 20 Prozent an Falschinformationen gegeben, auch seien wenige politisch rechts stehende Bots aktiv gewesen; die AfD habe es jedoch am besten verstanden, im politischen Diskurs laut zu tönen und die Aufmerksamkeitslogik für sich zu nutzen.

Daran anschließend erklärte Lena Frischlich, wie die alternativrechte Medienlandschaft funktioniert: Man setze bei Veränderungs- und Verunsicherungsängsten an und versuche, diese Ängste durch Schreckensmeldungen weiter zu schüren. Attraktiv seien solche Medien aber auch, weil es bei den Rezipienten offenbar Bedürfnisse gebe, die eben dadurch angesprochen und erfüllt würden.

Bei der Diskussion über die Frage, wie relevant Falschmeldungen für die Meinungsbildung seien, vertrat Lisa-Maria Neudert die Auffassung, die Bedeutung von Fake-News auf den deutschen Wahlkampf werde etwas überdramatisiert. Die hiesige Situation sei von der amerikanischen — noch — sehr verschieden. Auch Lena Frischlich schätzte Medieneffekte auf Wahlentscheidungen als klein ein. Dem Zitat von Thomas Köcher, wonach über 50 Prozent der Bürger den traditionellen Medien nicht mehr vertrauten, stellte Frank Schulte Vertrauenswerte der ARD-Tagesschau von über 90 Prozent gegenüber. Was aber nicht so bleiben werde, weil eine Generation heranwachse, die diese klassischen Medien nicht mehr kennenlernten. Es werde aber immer ein Bedürfnis nach Erklärung von Hintergründen und einer Einordnung von Nachrichten und somit nach hochwertiger journalistischer Arbeit geben.

In seinem Beitrag über Möglichkeiten und Grenzen von politischer Bildungsarbeit als Gegenstrategie skizzierte Thomas Köcher ein Zukunftskonzept aus Medienkompetenz, Mediendidaktik, Informationswissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft, welches generationenübergreifend und als lebenslanger Lernprozess stattfinden müsse.

Podium v.l.n.r.: Lisa Maria Neudert, Dr. Lena Frischlich, Andreas Torché, Dr. Thomas Köcher, Dr. Cornelius Puschmann (Fotos: Reinhard Leopold, Bremen)
Dr. Lena Frischlich vom Institut für Kommunikationswissenschaft Müster (Fotos: Reinhard Leopold, Bremen)
Im Gespräch Andreas Troché und Dr. Thomas Köcher (Fotos: Reinhard Leopold, Bremen)
Der mit interessierten Zuhörern gefüllte Saal (Fotos: Reinhard Leopold, Bremen)

Die Meldung wurde erstellt von Regionalgruppe Bremen am 27.11.2017.