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Neues Geldwäschegesetz: Ein großer Schritt in die richtige Richtung – auf die Umsetzung kommt es an

Berlin, 14.11.2019 – Ein Kommentar von Stephan Klaus Ohme, Leiter der Arbeitsgruppe Finanzwesen von Transparency Deutschland

© Ulrike Leone / Pixabay

Mit der Neu-Fassung des Geldwäschegesetzes und verbundener Gesetze greift die Bundesregierung eine Reihe von Forderungen auch von Transparency International auf der Grundlage von Vorgaben der EU und der internationalen Financial Action Task Force (FATF) der OECD auf. Das neue Geldwäschegesetz soll helfen, die in Deutschland auch vom Bundesfinanzministerium mit mindestens 100 Milliarden Euro pro Jahr bezifferte Geldwäsche aus einer Vielzahl von Delikten zu bekämpfen. International wie national werden Gelder etwa aus Betrug, Korruption und illegalem Handel mit Drogen nach Deutschland transferiert, die in den „regulären“ Geldkreislauf eingeschleust und dann für viele Verwendungszwecke genutzt werden. Nur ein kleiner Teil der komplexen Delikte wird bislang verfolgt. Das neue Gesetz wurde auf Druck der Europäischen Kommission entlang der sogenannten 5. Geldwäscherichtlinie entworfen.

Aus unserer Sicht hat der Entwurf der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren erheblich gewonnen – wesentliche Forderungen auch von Transparency International sind aufgegriffen worden. Das neue Gesetz in der vom Finanzausschuss durch alle Fraktionen (mit Ausnahme der AfD) überarbeiteten Fassung erfasst eine Vielzahl von Spielarten komplexer Finanzbeziehungen und Verschiebungen von Vermögen aus illegalen Vortaten unter anderem auch im digitalen Bereich – und verpflichtet zu Transparenz bei Transaktionen, um Geldwäsche tatsächlich effektiv zu bekämpfen. Viele Interventionen von Seiten interessierter „Lobbys“ wurden dabei zurückgewiesen.

Verdachtsmeldungen einer erweiterten Gruppe von Verpflichteten (auch außerhalb des Finanzbereiches) – das sind neben Banken unter anderem Berufsgruppen wie Notare, Makler oder auch Händler in Edelmetall und Kunstwerken etc.  – sind vorgegeben. Demgegenüber stapeln sich bereits heute bei der zuständigen Financial Intelligence Unit (FIU) ca. 10.000 neue Meldungen pro Monat – und stehen derzeit einem Berg von ca. 50.000 unbearbeiteten Verdachtsfällen gegenüber. Ausreichendes und qualifiziertes Personal ist erst im Aufbau, nachdem die FIU 2017 vom Bundeskriminalamt zum Zoll verlegt wurde. Die Verfolgung der Meldungen stockt in der Kooperation mit Polizei und Kriminalämtern wie Staatsanwaltschaften. Das neue Verfahren des Informationsaustausches auch über sensible Daten etwa im Bereich des organisierten Verbrechens ist ungeklärt und erfordert ein „lernendes“ System systematischer gemeinsamer Aufarbeitung.

Viel Verbesserungsbedarf im Immobiliensektor

Besondere Probleme bestehen weiterhin im Immobilienbereich. Im vergangenen Jahr hatte Transparency Deutschland dazu eine Studie vorgelegt. Wesentliche Kritik richtete sich unter anderem auf die unzureichende Identifizierung „wirtschaftlich Berechtiger“ über das Transparenzregister. Dieses deckte nicht den Immobilienbereich ab, in dem gerade ausländische Unternehmen bei zum Teil komplexen Verschachtelungen ihrer Strukturen den Grundbuch- und Liegenschaftsämter keine Angaben über wirtschaftlich Berechtigte geben mussten. Auch die Zersplitterung in mehr als 200 Immobilien-Register ohne Vernetzung und maschinell lesbaren Abgleich kommt hinzu. Dieses trägt zur Attraktion für die Anlage von Geldern im „sicheren“ und prosperierenden deutschen Markt bei.

Zumindest für künftige Transaktionen wurde der Kritik im Gesetz Rechnung getragen. Verpflichtete Personengruppen wie Notare, die wesentlich zur Transparenz im Immobilienbereich beitragen können, müssen in typisierten Fällen Anzeichen der Geldwäsche melden und (sollten) eine Beurkundung ablehnen. Eine Verordnung hierzu steht allerdings noch aus.

Die (Wieder-) Einführung von Notaranderkonten wäre aus Sicht von Transparency Deutschland allerdings hierfür ein wichtiger Schritt, da Finanz-Transaktionen dann den Notaren zwingend darzulegen wären.

Die Umsetzung wird entscheidend

Das umfassende neue Gesetz formuliert komplexe Vorgaben angesichts sehr komplexer Herausforderungen für viele Akteure.  Umso mehr muss es sich in der Umsetzung bewähren.

Zudem ist die nationale Regelung in Deutschland nur ein erster Schritt angesichts grenzüberschreitender Finanzbeziehungen – eine europäische Regelung und starke Aufsicht über die heterogenen nationalen Häfen für die Anlandung illegaler Gelder muss folgen, sowohl angesichts neuer digitaler Herausforderungen (bspw. Kryptowährungen) wie auch der unzureichenden Praxis in vielen weiteren europäischen Staaten. Denn: Die wesentlichen Akteure begehen oftmals die entscheidenden Vortaten nicht in den Ländern, in denen sie ihre Profite hinterher waschen. So ist auch die Bestimmung der „wirtschaftlich Berechtigten“ bei verschachtelten (internationalen Finanz-) Strukturen nicht nur zu fordern, sondern eine wirtschaftliche Betätigung hiervon abhängig zu machen.

Best Practices zeigen: Es geht auch anders

Ein europäischer Vergleich zeigt, dass es auch anders geht. Durch das britische Register für „People with Significant Control“ sind eine Vielzahl von Verdachtsfällen geklärt worden. Sowohl die Zivilgesellschaft wie auch die Strafverfolgungbehörden sehen es als wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung von Geldwäsche. Denn im wesentlichen Unterschied zum deutschen Transparenzregister werden hier mittels „Open Data“ nicht nur die wirtschaftlich Berechtigten identifiziert, sondern auch Quervergleiche über weitere Beteiligungen und den Besitz unter anderem von Immobilien ermöglicht.

Die Neufassung des Geldwäschegesetzes wird auch mit Gegenstand des sogenannten „Länderexamens“ der Financial Action Task Force in den Jahren 2020 und 2021 sein. Hier wird die Umsetzung ihrer international vereinbarten 40 Empfehlungen zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und weiterer Deliktmuster für Deutschland mit allen wesentlichen Akteuren kritisch geprüft und in einen internationalen Vergleich gestellt. Analysen von Transparency International, Berichte der FATF und der Europäischen Kommission zeigen in Deutschland bislang erhebliche Defizite auf. Auch die jüngste Risikoanalyse der Bundesregierung bewertet die Verwundbarkeit und Bedrohung durch Geldwäsche für Deutschland mit mittel bis hoch. So fehlt eine intensive internationale Kooperation, die für das grenzübergreifende Agieren zur Bekämpfung von Geldwäsche durch anonymisierte Transaktionen unerlässlich ist.