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Pressemitteilung Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)

Korruptionswahrnehmungsindex 2018: Weltweite Verschlechterung, auch Deutschland rutscht ab

Berlin, 29.01.2019

Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat heute den Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Der CPI ist der weltweit bekannteste Korruptionsindex und misst die in Politik, Verwaltung und Wirtschaft wahrgenommene Korruption. Der Index fasst 13 Einzelindizes von 12 unabhängigen Institutionen zusammen, deren Daten auf Expertinnen- und Experteninterviews, Umfragen und weitere Untersuchungen beruhen.

Der CPI ordnet die untersuchten Länder auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) ein. In diesem Jahr wurden 180 Länder und Gebiete aufgenommen. Spitzenreiter im CPI 2018 ist Dänemark mit 88 Punkten vor Neuseeland und Finnland, den letzten Platz belegt Somalia mit 10 Punkten.

Düstere Aussichten weltweit, Deutschland verschlechtert sich in der Wahrnehmung von Führungskräften in der Wirtschaft

Weltweit ist die Situation düster: Mehr als zwei Drittel aller Länder erhalten eine Punktzahl von unter 50 Punkten, der Durchschnitt liegt bei nur 43 Punkten. Während die Mehrzahl der Staaten stagniert, sind in einigen Ländern deutliche Rückschritte zu verzeichnen. So rutschen die Vereinigten Staaten von Platz 16 auf Platz 22 ab – Korruption wird in den USA in der Wirtschaft und in staatlichen Institutionen als zunehmendes Problem wahrgenommen. Außerdem werden Interessenkonflikte in der Politik als Gefahr gesehen. Den deutlichsten Rückgang verzeichnet Aserbaidschan, das von Rang 122 auf Rang 152 abstürzt. 2017 waren Korruptionsvorwürfe bekannt geworden, wonach sich Politikerinnen und Politiker mehrerer europäischer Staaten, darunter auch in Deutschland, als Interessenvertreter Aserbaidschans im Europarat haben einkaufen lassen.

Deutschland erreicht dieses Jahr 80 Punkte – ein Punkt weniger als im Vorjahr. Dennoch rückt Deutschland im Ranking einen Platz nach vorne und teilt sich nun mit Großbritannien, das zwei Punkte verliert, den 11. Rang. Während die meisten für Deutschland relevanten Indizes unverändert bleiben, gibt es bei einem Index eine deutliche Verschlechterung: Der World Economic Forum Executive Opinion Survey (EOS), der jährlich Führungskräfte aus der Wirtschaft befragt, sinkt von 74 auf 66 Punkte (von 100) – aus Sicht der Wirtschaftschefs nimmt Korruption und Bestechung in Wirtschaft und öffentlichen Institutionen in Deutschland zu.

Dazu Prof. Dr. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland: „Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird von der Wirtschaft selbst kritisch bewertet. Offensichtlich existiert hier der Eindruck, dass man mit unlauteren Methoden auch hier in Deutschland Geschäfte fördern kann. Das ist alarmierend. Die Skandale der deutschen Großkonzerne der letzten Jahre müssen Konsequenzen haben, sonst bröckelt der Glaube der Menschen an den Rechtsstaat. Die strafrechtliche Sanktionierung von Unternehmen ist bereits im Koalitionsvertrag vorgesehen, dieser muss nun zügig umgesetzt werden – nicht zuletzt im Interesse der sauberen Wirtschaft selbst.“  

Steigende Korruption und Schwächung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen gehen gemeinsam einher

Ein Vergleich mit renommierten Demokratieindizes wie dem Democracy Index, dem Freedom in the World Index oder dem Annual Democracy Report* zeigt insgesamt einen klaren Zusammenhang zwischen zunehmender Korruption und dem Verfall von Demokratien und rechtsstaatlichen Strukturen. Die Ergebnisse machen deutlich, dass Korruption gedeiht, wenn der Rechtsstaat und demokratische Institutionen geschwächt werden und die Freiräume für Zivilgesellschaft und unabhängige Medien schrumpfen. Beispiele hierfür findet man auch in Europa: Die CPI-Werte von Ungarn und der Türkei sind in den letzten fünf Jahren um neun bzw. acht Punkte gefallen.

„Der Korruptionswahrnehmungsindex führt uns deutlich vor Augen: Um Korruption zu bekämpfen, müssen wir unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen stärken. Dazu gehören eine lebendige Zivilgesellschaft und unabhängige Medien als wichtige Kontrollinstanzen, die ohne Angst und Einschränkungen zur Widerstandskraft von pluralistischen Demokratien beitragen. Dafür braucht es auch die Möglichkeit, Unrechtmäßigkeiten melden zu können. Daher braucht Deutschland endlich einen starken, gesetzlichen Hinweisgeberschutz“, betont Prof. Dr. Edda Müller.

Transparenter Lobbyismus für mehr Integrität in Politik und Wirtschaft

Zur Stärkung des Rechtsstaates in Deutschland gehört auch die integre politische Entscheidungsfindung und die diesbezügliche Vermeidung von Interessenkonflikten. Daher fordert Transparency Deutschland seit Langem eine gesetzliche Regelung für einen transparenteren Lobbyismus. Dazu gehört insbesondere die Einführung eines Lobbyregisters und eines legislativen Fußabdrucks. Prof. Dr. Edda Müller fordert: „Für eine ausgewogene und faire Berücksichtigung von Interessen im politischen Prozess brauchen wir dringend mehr Transparenz im Lobbyismus. Nicht nur die Lobbyisten sollen ihre Interessen und Finanzen offenlegen, auch die politische Seite muss öffentlich Bericht erstatten, wie diese Interessen in der Gesetzgebung berücksichtigt werden.“

Weiterführende Informationen

Das tabellarische Ranking, die verwendeten Quellen, Informationen zur Methodik und Antworten auf häufig gestellte Fragen finden Sie hier.

*Der Democracy Index wird von der Economist Intelligence Unit herausgegeben, der Freedom in the World Index von Freedom House, der Annual Democracy Report von Varieties of Democracy.

 

Kontakt

Prof. Dr. Edda Müller
Vorsitzende

Dr. Anna-Maija Mertens
Geschäftsführerin

030 - 54 98 98 0
presse@transparency.de