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Pflege & Betreuung

Fachtagung: Pflege zwischen wirtschaftlichen Interessen und Menschenwürde - Transparenz und Kontrolle

Datum: 25.09.2014 - 25.09.2014
Ort: Berlin

Am Donnerstag, den 25. September 2014, luden die Friedrich Ebert Stiftung und Transparency Deutschland zu der Fachtung "Pflege zwischen wirtschaftlichen Interessen und Menschenwürde - Transparenz und Kontrolle" in Berlin ein. Dr. Anke Martiny, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, hielt einen Vortrag zu dem Thema "Transparenzmängel, Betrug und Korruption im Bereich Pflege – Die Untersuchung von Transparency Deutschland."

 


Ist menschenwürdige Pflege in Deutschland gewährleistet?

Transparency stellt seine Untersuchung über Transparenzmängel im Pflegebereich zur Diskussion

Zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung hat Transparency Deutschland eine Fachtagung veranstaltet, um die von Transparency im vergangenen Jahr vorgelegte Schwachstellenanalyse zu Betrug und Korruption im Bereich der Pflege öffentlich zu diskutieren. Über 100 Fachleute aus allen Teilen des Pflegesystems – Sozialarbeiter aus Modellprojekten, Mitarbeitende aus den Fachverwaltungen von Bund und Ländern, aus Krankenkassen und Sozialverbänden, auch Abgeordnete und Journalisten – hatten sich dazu am 25. September 2014 in Berlin eingefunden. Eingangs wurde das Spannungsfeld zwischen Wirtschaftsinteressen und Menschenwürde beleuchtet. In seinem Statement stützte sich der Münchner Rechtsanwalt Alexander Frey auf eine Regensburger Dissertation von Susanne Moritz (siehe dazu auch die Rezension in dieser Ausgabe). Ihre These: Mit den geltenden Gesetzen ist eine menschenwürdige Pflege nicht möglich. Darauf beruht eine Verfassungsklage, der sich demnächst mit Einzelklagen auch der Sozialverband VdK Deutschland e.V. als größter deutscher Sozialverband anschließen wird. Zur Freude von Transparency Deutschland stellten auch die anderen Referenten und Mitdiskutanten nicht in Frage, dass „koordiniertes Aufsichtshandeln“ (Jürgen Gohde, Vorsitzender des Kuratoriums Deutsche Altershilfe) nötig ist, um die Kontrolldefizite im System zu bekämpfen. Ulrike Mascher, Vorsitzende des VdK, erwähnte die große Zahl kritischer Briefe, die sie zu den Mängeln des deutschen Pflegesystems erhalte. Um Einzelfälle könne es sich bei den vielen angezeigten Betrugs- und Korruptionsfällen also nicht handeln. Dina Michels, die Leiterin der „Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ bei der KKHAllianz – einer bundesweit tätigen Krankenkasse in Hannover – lieferte Beispiele dafür, wie die Krankenkassen von unseriös arbeitenden Pflegediensten und Pflegeheimen regelrecht ausgenommen werden: Unqualifiziertes Personal wird für Dienstleistungen bezahlt, weil die Rechtslage den Kassen  nicht erlaubt, Zahlungen zu verweigern, selbst wenn sie von deren Unrechtmäßigkeit überzeugt sind. Es reiche nicht, allein die wirtschaftliche Zuverlässigkeit oder einen leicht zu manipulierenden Personalschlüssel zum Zulassungskriterium von Pflegeeinrichtungen zu machen. Auch Stephan von Dassel, Sozialstadtrat aus Berlin belegte mit überzeugenden Beispielen, wie schwarze Schafe das Sozialsystem ausplündern, ohne dass man sich dagegen wehren könne. Christoph Jaschke, Betreiber eines korrekt arbeitenden Intensivpflegedienstes, betonte, worauf es ankommt: Alle im Pflegesystem arbeitenden Menschen müssten sich wieder auf Werte besinnen. Korruption sei ein Wettbewerbsdelikt. Man müsse endlich einsehen, dass es auf Kosten der pflegebedürftigen Menschen keinen Verdrängungswettbewerb geben dürfe. Die „weißen Schafe“ müssten den „schwarzen Schafen“ das Handwerklegen helfen. Alle Vortragenden waren sich einig: Es muss eine kommunale Steuerung für die Zulassung von Einrichtungen sowie eine koordinierte Beratung geben, um die von Pflege betroffenen Menschen und ihre Angehörigen nicht zum wehrlosen Spielball von Großeinrichtungen der Wohlfahrt und Pflege zu machen.

Anke Martiny ist Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland.

Dieser Artikel ist im Scheinwerfer 65 (S. 19) vom November 2014 erschienen.

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