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Pressemitteilung

Es lohnt sich, die Korruption in der Wirtschaft zu bekämpfen: Unternehmen, Investoren, Konsumenten und Beschäftigte profitieren

23.09.2009

„Global Corruption Report 2009“ stellt die Angebotsseite der Korruption, die Privatwirtschaft, in den Fokus

Berlin, 23.09.2009 – Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat heute den jährlichen „Global Corruption Report 2009“ vorgestellt. Schwerpunktthema des Berichts ist in diesem Jahr die Privatwirtschaft. Dem Bericht zufolge führt das enorme Ausmaß globaler Korruption - Bestechung, Preiskartelle und unzulässige Einflussnahme auf die Politik - zu immensen Kosten und verhindert eine nachhaltige Entwicklung. Der Bericht zeigt, wie korrupte Praktiken den fairen Wettbewerb unterminieren, wirtschaftliches Wachstum hemmen und letztlich die Existenz der Unternehmen gefährden. Korruption führt zudem zu sinkender Arbeitsmoral sowie zu Vertrauensverlust bei Kunden und Geschäftspartnern. Gleichzeitig steigen die Risiken, erwischt zu werden; so müssen Unternehmen wegen korrupter Praktiken allein in den letzten zwei Jahren Milliarden an Bußgeldern zahlen.

Huguette Labelle, Vorsitzende von Transparency International: “Eine Kultur unternehmerischer Integrität sichert Investitionen, steigert den Geschäftserfolg und fördert Stabilität. Insbesondere in einer Zeit, in der wir uns von einer historischen Krise erholen, muss Integrität gefördert werden“.

Zahlreiche Fälle im Bericht dokumentieren, wie Manager, Mehrheitsaktionäre und andere Wirtschaftsakteure die ihnen anvertraute Macht zu ihrem privaten Vorteil missbrauchen - zum Nachteil von Eigentümern, Investoren, Arbeitnehmern und der Gesellschaft insgesamt. Allein in Entwicklungs- und Transformationsländern leisten Unternehmen an korrupte Politiker und Regierungsbeamte nach Schätzungen von Vereinten Nationen und Weltbank Bestechungszahlungen in Höhe von jährlich bis zu vierzig Milliarden US-Dollar.

Nach wie vor herrscht Unkenntnis über Verbot der Auslandsbestechung

In Deutschland wurde 1999 die OECD-Konvention zur Auslandsbestechung in nationales Recht umgesetzt. Aber erst mit dem Siemens-Skandal im Herbst 2006 wurde eine breite Debatte in deutschen Unternehmen über Auslandsbestechung und Korruptionsprävention in Gang gesetzt. Seitdem hat sich bei vielen Unternehmen Einiges getan. Dennoch haben im vergangenen Jahr in einer Umfrage immer noch über 80% von Managern in Deutschland, aber auch in Frankreich, Großbritannien und USA angegeben, nicht mit den Regelungen zum Verbot der Auslandsbestechung vertraut zu sein. Hier ist weitere Aufklärung nötig.

Deutsche Firmen haben gerade  wegen ihres umfangreichen internationalen Geschäfts eine besondere Verantwortung. Neben Bestechungszahlungen im Großen sind es auch die Schmiergeldzahlungen („Facilitating Payments“) im Kleinen, die den Teufelskreis der Korruption aufrecht erhalten. Peter von Blomberg, stellvertretender Vorsitzender von Transparency Deutschland: „Die Zeiten, in denen die Unternehmen in Deutschland das ‚Ob’ von Antikorruptionsmaßnahmen diskutiert haben, müssen vorbei sein. Ausreden gelten nicht mehr. Die einzige Frage, die immer noch bei vielen Unternehmen gestellt werden muss, ist die nach dem ‚Wie’.“

Antikorruptionsmaßnahmen lohnen sich


Integrität im Wirtschaftsverkehr zahlt sich aus. Eine Studie aus dem Jahr 2007 zeigt, dass Unternehmen, die Maßnahmen gegen Korruption ergreifen und ethische Richtlinien einführen, bis zu fünfzig Prozent weniger von Korruption betroffen sind, und die Wahrscheinlichkeit, Unternehmensaufträge zu verlieren, ist geringer als bei Firmen, die sich nicht gegen Korruption schützen. Eine integre Unternehmenspolitik zieht vertrauensvolle und loyale Mitarbeiter an, die wichtige Voraussetzungen für den Unternehmenserfolg sind.

Die Unternehmen haben Verantwortung

Die Vorschläge im Bericht richten sich zunächst an Unternehmen. Sie müssen nicht nur Verhaltenskodizes und Antikorruptionsprogramme verabschieden, sondern sie müssen diese auch organisatorisch umsetzen, ihre Mitarbeiter darin schulen und sie leben. Dazu gehört, dass über diese Maßnahmen – möglichst standardisiert – öffentlich berichtet wird. Obwohl fast 90 Prozent der 200 weltweiten Spitzenunternehmen Verhaltenkodices eingeführt haben, überwachen dem Global Corruption Report zufolge weniger als die Hälfte deren Einhaltung und Umsetzung.

Standards helfen integren Unternehmen im Kampf gegen Korruption

Ein gemeinschaftliches Vorgehen („collective action“) auf der Grundlage von international anerkannten Standards hilft Unternehmen bei der Definition und Umsetzung integrer Verhaltensweisen. Die „OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen“, zu deren weltweiter Durchsetzung sich mittlerweile 41 Industriestaaten bekennen, enthalten ein weites Spektrum von Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten. Mit diesem umfassenden Ansatz, aber auch mit konkreten Handlungsempfehlungen bieten sie Unternehmen eine praktikable Unterstützung für die Korruptionsbekämpfung. Transparency Deutschland kritisiert, dass die beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelte Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze durch eine restriktive und umstrittene Auslegung der Regularien verhindert, dass sich diese Leitsätze ihren Potenzialen entsprechend zu einem  Instrument unternehmerischer Verantwortung entwickeln. Zum Bereich des Lobbyismus hat Transparency Deutschland einen „Verhaltenskatalog für verantwortliche Interessenvertretung“ vorgelegt, der Unternehmen  zur Orientierung dient.

Die Regierungen spielen wesentliche Rolle

Die momentane Wirtschaftskrise hat vor Augen geführt, dass Regierungen eine wesentliche Rolle bei der Herstellung von Vertrauen in Märkte und Geschäftsbeziehungen haben. Wo staatliche Regulierung notwendig ist, muss diese unabhängig, neutral und hinreichend ausgestattet sein. Größtes Defizit ist in Deutschland die fehlende Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption. Hier hat die  große Koalition in der vergangenen Legislaturperiode versagt. Deutschland wird deshalb im November bei der dritten Vertragsstaatenkonferenz in Doha bei den Verhandlungen über weltweite Überwachungsmechanismen nicht gleichberechtigt teilnehmen können. Dies schadet der deutschen Wirtschaft, die ein hohes Interesse an international einheitlicher Korruptions­bekämpfung hat. Weitere regulative Defizite in Deutschland sind das Fehlen eines Korruptions­registers, das Fehlen eines umfassenden Hinweisgeberschutzes und das Fehlen von Transparenz­anforderungen bei der freihändigen und beschränkten Vergabe.

Die Koalition gegen Korruption muss weiter wachsen

Neben Unternehmen und Regierungen ist der Einsatz vieler weiterer Akteure im Kampf gegen Korruption gefragt. Die Investoren müssen vom Management der Unternehmen konsequente Antikorruptionsmaßnahmen einfordern, um ihre Investitionen sicherer zu machen. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften müssen sich gegen Versuche der Einflussnahme wappnen und durch Unabhängigkeit ihre Glaubwürdigkeit absichern. Gewerkschaften können sicherstellen, dass Arbeitsplätze nicht durch korruptes Verhalten riskiert werden. Untersuchungen zeigen, dass Verbraucher bereit sind, für Produkte und Dienstleistungen von integren Unternehmen mehr zu bezahlen. Verbraucherschutzorganisationen können Konsumenten dabei unterstützen, durch verantwortliche Entscheidungen integre Unternehmen zu belohnen.

Zum Download des Berichts: 2009 Global Corruption Report: Corruption and the Private Sector

Kontakt

Dr. Peter von Blomberg, Stellvertretender Vorsitzender
Dr. Christian Humborg, Geschäftsführer
Transparency International Deutschland e.V.
Tel.: 030/ 54 98 98 0