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Pressemitteilung Politik

Erste Verurteilung nach dem Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung in Deutschland seit seiner Einführung - Transparency Deutschland fordert eine Verschärfung des §108e, Strafgesetzbuch

04.04.2007

Berlin, 4. April 2007 - Das Neuruppiner Landgericht hat am vergangenen Montag erstmalig den seit 1994 existierenden Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung angewandt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und könnte durch den Bundesgerichtshof aufgehoben werden. Dem Abgeordneten des Neuruppiner Stadtrates hat eine Investitionsgesellschaft ein persönliches Darlehen von 100.000 Euro angeboten, wenn die Stadt einer Ausfallbürgschaft von 13,7 Mio. Euro zustimmt. Diese Bürgschaft war nach Ansicht des Gerichts wesentliches Element einer Finanzierung der Investitionsgesellschaft. Das Gericht sah den Stimmenkauf als erwiesen an.

Transparency Deutschland fordert angesichts der ersten Verurteilung in 13 Jahren die Verschärfung des §108e StGB. Dieser Paragraph sollte nicht nur wie zur Zeit den konkreten Stimmenkauf unter Strafe stellen, sondern auch den Kauf aller Handlungen bzw. Unterlassungen, die bei der Wahrnehmung des Mandats erfolgen. Weiterhin wird gefordert, dass die Strafbarkeit auch Vorteile für Dritte umfasst und dass auch sogenannte "Dankeschön-Spenden" strafrechtlich verfolgt werden können.

Christian Humborg, Geschäftsführer von Transparency Deutschland, kommentiert: "Dieses Urteil wird in die Justizgeschichte eingehen. Seit 1851 ist die Regelung der Abgeordnetenbestechung ein Zankapfel in der Politik. Inzwischen wird in Deutschland die Bestechung ausländischer Abgeordneter sogar härter bestraft als die Bestechung inländischer Abgeordneter. Diese Schieflage muss endlich beseitigt werden".

Eine Verschärfung des 108e StGB ist Voraussetzung für die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption durch Deutschland. Mit der Unterzeichnung der Konvention im Dezember 2003 hat Deutschland seinen Willen bekundet, die Konvention umzusetzen. Die Konvention stellt die Bestechung von Amtsträgern - wozu nach der Definition dieser und anderer internationaler Konventionen auch Abgeordnete gehören - in einem Maße unter Strafe, wie es das deutsche Recht nur für Beamte und öffentliche Angestellte kennt. Die Konvention wurde inzwischen durch mehr als 75 Staaten ratifiziert, darunter China, Frankreich, Großbritannien, Polen, Russland, Südafrika und die USA.

"Aufgrund der eng gefassten Definition des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung ist Deutschland nach wie vor nicht in der Lage, die Anforderungen der UN-Konvention gegen Korruption zu erfüllen" erläutert Anne van Aaken, Professorin an der Universität St. Gallen und Mitglied von Transparency Deutschland. "Die durch Deutschland unterschriebene Konvention muss endlich ratifiziert werden. Für Deutschland besteht dringender Handlungsbedarf, um sich in diesem Bereich international nicht ins Abseits zu stellen".

Kontakt:

Dr. Christian Humborg, Geschäftsführer
Transparency International Deutschland e.V.
030-54 98 98-0