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Der Beirat stellt sich vor: Ramona Pisal

Ein Interview mit Ramona Pisal

Interview mit Ramona Pisal, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds

Ramona Pisal ist im Ehrenamt seit 2011 Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds (djb). Nach einem knappen Jahr als Rechtsanwältin trat die Juristin in den richterlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Heute ist sie Vorsitzende Richterin am Brandenburgischen Oberlandesgericht, seit 2002 auch dessen Gleichstellungsbeauftragte.

Was motivierte Sie, sich im Beirat von Transparency Deutschland für Korruptionsprävention und -bekämpfung zu engagieren?

Korruption bedeutet immer auch Ausschluss,sie verhindert die Verwirklichung gleicher Chancen auf Teilhabe in einer Gesellschaft. Korruption hat das Potenzial, eine Gemeinschaft völlig zu zersetzen. Der Rechtsstaat und damit die Demokratie haben in einer korrupten Gesellschaft letztlich keine Chance. Eine solche Gesellschaft ist nicht lebenswert. Ich bin davon überzeugt, dass transparente und faire Verfahren, gleiche Regeln für alle, unabdingbare Voraussetzungen für Rechtsstaat und Demokratie sind. Als Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes setze ich mich dafür ein, dass Frauen gleichberechtigte Teilhabe mit den Mitteln des Rechts tatsächlich durchsetzen können. Ich freue mich, im Beirat von Transparency Deutschland daran mitwirken zu können, dass FairPlay gesamtgesellschaftlich eingefordert und unzulässiger Einflussnahme wirksam entgegengetreten wird.

Der Deutsche Juristinnenbund wird gesellschaftspolitisch als fortschrittlich und zukunftsorientiert wahrgenommen – im Gegensatz zu seinem männlichen Gegenstück. Ist die Wahrnehmung von Korruption und ihrer Schädlichkeit für Demokratie und Gesellschaft ein Thema,das den Juristinnenbund stark beschäftigt?

Der djb war einer der ersten Verbände, die sich in das Register der Interessenvertreter der Europäischen Kommission eingetragen haben, wir sind auch in der Öffentlichen Liste über die beim Bundestag registrierten Verbände und deren Vertreter. Im Mai 2010 hat sich der djb der „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ von Transparency Deutschland angeschlossen. Was wir von anderen fordern, dem stellen wir uns auch selbst. Intransparente Verfahren, vertrauliche Absprachen, geschlossene Netzwerke, Geschäfte auf Gegenseitigkeit, berufliche Seilschaften – damit haben wir Frauen keine gute Erfahrung, denn das sind die Instrumente, die insbesondere die Führungspositionen in der Privatwirtschaft, aber auch in der Politik und im öffentlichen Dienst beinahe exklusiv den Männern vorbehalten. Der djb setzt sich darum explizit für mehr Frauen in Führungspositionen ein.

Nur mit schärferen Gesetzen oder der schärferen Kontrolle bestehender Gesetze wird der Korruption nicht beizukommen sein. Wie sehen Sie das Problem als Juristin?

Für gesetzliche Regelungen spricht zum Beispiel, dass Doping im Sport nur da signifikant weniger auftritt, wo es per Strafgesetz verboten ist. Und wir wissen auch, dass Spielregeln nur dann eingehalten werden, wenn sie deutlich formuliert und der Verstoß unter Strafe gestellt wird. Das beste Beispiel dafür ist der Straßenverkehr. Aber diese Spielregeln, unsere Gesetze, beruhen auf einem Konsens in der Gesellschaft, einer gemeinsamen Vorstellung davon, wie wir miteinander leben wollen. Diesen Konsens gegen Korruption und für Transparenz und FairPlay gilt es zivilgesellschaftlich und mit gutem Vorbild in Politik und Wirtschaft zu pflegen und zu stärken, gegebenenfalls auch mit Unterstützung durch gesetzliche Regelungen.

Deutschland ist wegen seiner föderalistischen Struktur besonders problematisch, um Korruption zu bekämpfen. Für die Umsetzung und Kontrolle gesetzlicher Vorschriften sind die Länder zuständig. Wenn Sie Bundesjustizministerin wären, wo würden Sie ansetzen?

Gar nicht. Ich teile Ihren Ansatz nicht. Für mich liegt die Stärke Deutschlands gerade in seiner föderalen Struktur begründet. Der Wettbewerb der Länder gewährleistet effektive Kontrolle nach innen und untereinander. Das kann eine zentralistische Struktur mit ihrer Binnensicht auf ein übermächtiges Zentrum kaum gewährleisten. Gerade die großen zentralistisch ausgerichteten Staaten taugen nicht zum Beweis, dass damit weniger Korruption einhergehe. Das Gegenteil scheint mir der Fall.

Die Fragen stellte Anke Martiny.