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Cum-Ex: Transparency Deutschland kritisiert NRW-Justizminister und fordert Weisungsunabhängigkeit deutscher Staatsanwaltschaften

Berlin, 06.10.2023

© Paul Fiedler / Unsplash

Die führende Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland kritisiert die Entscheidung des NRW Justizministers Benjamin Limbach zur Umstrukturierung der von der Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker geleiteten Hauptabteilung H.

Die Umstrukturierung erweckt den Anschein einer politischen Einflussnahme auf Entscheidungen der Staatsanwaltschaft. Gerade vor dem Hintergrund der politischen Bedeutung der Cum-Ex-Verfahren muss das Justizministerium alles tun, um nicht den Anschein zu erwecken, gründlichen Ermittlungen im Wege zu stehen.

Dazu erklärt Prof. Dr. Heribert Hirte, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland:

„Die Cum-Ex-Geschäfte haben dem deutschen Steuerzahler mindestens 10 Milliarden Euro gekostet. Grundsätzlich wirft das Verhalten des Justizministers Limbach im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen Fragen auf. Neben der Entscheidung, die Hälfte der Fälle an einen in Sachen Cum-Ex unerfahrenen Staatsanwalt abzugeben, bleibt ebenfalls unklar, warum die Kölner Ermittlungsakten nicht frühzeitig an den Hamburger Untersuchungsausschuss durch das NRW Justizministerium weitergeleitet wurden. Wir können es uns als Gesellschaft schlichtweg nicht leisten, dass die Cum-Ex-Ermittlungen versanden. Das würde das Vertrauen in unseren Rechtsstaat untergraben.“

Der Europäische Gerichtshof war in seiner Entscheidung vom 27.05.2019 zu der Erkenntnis gekommen, dass die Staatsanwaltschaften in Deutschland der Gefahr ausgesetzt seien, unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen seitens der Exekutive unterworfen zu werden; deshalb können sie keinen wirksamen Europäischen Haftbefehl ausstellen.

Dazu Prof. Dr. Johannes Caspar, Vorsitzender des Beirats von Transparency Deutschland:

„Das Weisungsrecht des Justizministeriums gegenüber den Staatsanwaltschaften widerspricht dem europäischen Recht und ist ein Fremdkörper im System einer rechtsstaatlichen Strafrechtspflege. Die unabhängige und funktionsfähige strafrechtliche Untersuchung von Vorgängen gerade im politischen Raum sowie von Regierungshandeln setzt eine Firewall zwischen Ermittlungsbehörden und politischer Leitungsebene voraus. Das zeigt sich exemplarisch im vorliegenden Fall der systematischen Steuerkriminalität, in dem auch der politische Einfluss auf die unterlassene Rückforderung von Millionenbeträgen durch Finanzbehörden im Raum steht. Die ministerielle Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft sollte daher endlich durch eine Reform des Gerichtsverfassungsgesetzes im Sinne einer wirksamen Gewaltenteilung abgeschafft werden.“

Kontakt

Prof. Dr. Heribert Hirte

Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland

Prof. Dr. Johannes Caspar

Vorsitzender des Beirats von Transparency Deutschland

Mickaël Roumegoux Rouvelle

Projekt-Manager

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presse@transparency.de

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