Berliner Bankenkrise: Mangelnde Professionalität in öffentlichen Unternehmen gefährdet öffentliche Haushalte
12.06.2001
Transparency International hat eine Änderung der Personalpolitik bei öffentlichen Unternehmen gefordert. "Die Berliner Bankenkrise zeigt: Die mangelnde Professionalität bei Management und Aufsichtsorganen führt oft zu Fehlentscheidungen und Verlusten, die dann über die Haushalte der Kommunen auf den Bürger abgewälzt werden", erklärte der Vorsitzende der deutschen Sektion von Transparency International, Rechtsanwalt Dr. Michael Wiehen, in München.
"Die Berliner Bankenkrise ist nur ein besonders spektakuläres Symptom für einen Missstand, der in ganz Deutschland an der Tagesordnung ist," sagte Wiehen. In diesem Zusammenhang müsse an Vorfälle mit der WestLB in Nordrhein-Westfalen und auch an die Ereignisse um den Rücktritt des bayerischen Justizministers erinnert werden. "Die Reihe solcher Fehlleistungen beim Management öffentlicher Unternehmen lässt sich beliebig verlängern und auf den Bund, andere Bundesländer sowie Städte und Gemeinden ausdehnen", so Wiehen.
Grund hierfür ist nach der Einschätzung von Transparency International der Einfluss von Parteien auf Personalentscheidungen, die von sachfremden Gesichtspunkten wie Versorgung verdienter Funktionäre oder dem Wunsch nach politischer Einflussnahme geprägt seien. "Egal welche Farbe der Parteienfilz hat", erklärte Wiehen weiter, "er führt allzu oft zu mangelnder Transparenz und unsachgemäßer Auswahl bei der Besetzung von Führungsposten."
Als Konsequenz aus der Berliner Bankenkrise fordert TI Deutschland eine Entflechtung öffentlicher und privatwirtschaftlicher Interessen bei der Führung öffentlicher Unternehmen. Spitzenpositionen im Management müssten künftig ausschließlich nach Qualifikation vergeben werden. Zudem seien klare Regelungen für den Umgang mit Interessenkonflikten einzuführen: "Es sollte sich künftig von selbst ausschließen, einen Spitzenjob bei einem öffentlichen Unternehmen und gleichzeitig ein politisches Amt innezuhaben", sagte Wiehen. "Natürlich muss stets auch geprüft werden, ob für eine Aufgabe wirklich ein öffentliches Unternehmen gebraucht wird oder nicht eine privatwirtschaftliche Lösung angemessen ist". hob Michael Wiehen hervor.
Zur Thematik Ämterpatronage, Machtmissbrauch und Korruption hatte TI Deutschland bereits im letzten Jahr eine öffentliche Veranstaltung durchgeführtund eine Studie in Auftrag gegeben. Der Verantwortliche für diese Studie "Das Parteibuch - Schattenwirtschaft der besonderen Art?", Herr Prof. Dr. Manfred Röber, stellt folgende Punkte als wesentlich heraus:
Das Personalmanagement in der öffentlichen Wirtschaft bleibt zur Zeit noch weit hinter dem zurück, was in gut geführten Unternehmen inzwischen als Selbstverständlichkeit gilt. Nur in einem Viertel der Städte gibt es für Mitglieder der Geschäftsführung beziehungsweise des Vorstands der öffentlichen Unternehmen Stellenbeschreibungen, in denen die Anforderungs- und die Eignungsprofile der Stelleninhaber präzise beschrieben werden. Drei Viertel aller deutschen Großstädte verfügen auch nicht über strukturierte Auswahlverfahren für die Besetzung von Geschäftsführungs- und Vorstandspositionen öffentlicher Unternehmen.
Damit nähren die öffentlichen Unternehmen und die sie tragenden Gebietskörperschaften leichtfertig den in der Öffentlichkeit ohnehin bestehenden Verdacht, dass die Spitzenpositionen der öffentlichen Wirtschaft von den politischen Parteien vorrangig unter Patronagegesichtspunkten besetzt werden. Dieser Verdacht wird durch Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt bestätigt, die eine bemerkenswerte Zurückhaltung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern öffentlicher Unternehmen zeigen, über ihre Ausbildung, berufliche Entwicklung, Aufsichts- und Beratungstätigkeiten, ehrenamtliche Tätigkeiten und Engagements in gesellschaftlichen Organisationen Auskunft zu geben.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Dagmar Schröder, Tel.: 030 - 54 98 98 0