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Zum Gedenken an Alexej Nawalny

Berlin, 16.03.2024 – Heute vor einem Monat wurde der Tod von Alexej Nawalny bekannt. Hartmut Bäumer, ehemaliger Vorsitzender von Transparency Deutschland, blickt zurück auf Nawalnys unerschrockenen Einsatz gegen Korruption.

© Mitya Aleshkovsky / flickr / CC BY-SA 2.0 Deed / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/ / modified to black and white

Alexej Nawalny ist tot, ermordet von Putin und seinen Helferhelfern, wie nicht wenige Menschen zurecht erklären.

Mit Nawalny verliert nicht nur Russland einen der letzten und den prominentesten Kritiker Putins und seines diktatorischen Regimes, sondern auch wir, Transparency International, einen bedeutenden Mitkämpfer gegen weltweite Korruption. Er zeigte nicht nur in Russland auf, wie eine korrupte Clique es versteht, sich eines Staates zu bemächtigen, indem sie die ihnen anvertraute staatliche Macht dazu nutzen, sich selbst zu bereichern.

Alexej Nawalny ist es zu verdanken, dass alle Welt von dem sagenhaften Reichtum Putins und der ihn unterstützenden Oligarchen erfuhr. Er saß schon im Gefängnis in Russland, als ein von ihm und seinem Team erstelltes investigatives Video weltweit Furore machte. Darin wird nicht nur der bis dahin geheim gehaltene Palast Putins der Öffentlichkeit bekannt gemacht, sondern auch die weiteren Milliardenvermögen, die die Clique um Putin dem russischen Staat geraubt und sich einverleibt hat.

In einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20. August 2021 – auch da saß er schon im russischen Gefängnis – unter dem Titel „Die Wurzel allen Übels“ prangert Nawalny die weltweite Korruption als eine zentrale Ursache von Armut, Kriegen, Unterdrückung und fehlendem wirksamen Klimaschutz an.

Frappierenderweise, so Nawalny, „wird Korruption immer dort genannt, wo Staatenführer Fiaskos beschreiben, ihre eigenen oder die ihrer Vorgänger. Wir haben Jahre, Hunderte Milliarden Dollar und Tausende Menschenleben dem Irak/Afghanistan/Mali/you name it gegeben, aber die korrupte Regierung Al-Maliki/Karzai/Keita hat mit ihrem Diebstahl das Volk gegen sich aufgebracht und Radikalen den Weg zum Sieg geebnet, die mit Slogans von ehrlicher, gerechter Macht und mit Panzerfäusten bewaffnet sind.“

Auf dieser Basis stellt Nawalny völlig zu Recht die zentrale Frage: „Wenn Korruption uns hindert, die wichtigsten Probleme zu lösen, ist es vielleicht an der Zeit, ihr selbst einen der vordersten Plätze auf der Agenda zuzuweisen?“

Er belässt es nicht bei dem Hinweis auf die Diktatoren und Autokraten, sondern richtet seine Kritik auch an die westlichen Staaten. Denn eine wichtige Besonderheit der Korruption in autoritären Staaten sei die Benutzung westlicher Finanzinfrastruktur, die es diesen korrupten Politikern und Beamten erlaube, ihre Milliarden im Westen viel zu sicher anzulegen. Nawalny fordert in einem Fünfpunkte-Katalog den Westen auf, den eigenen öffentlichen Bekenntnissen endlich Taten folgen zu lassen und dafür die durchaus vorhandenen rechtlichen Instrumente wie den Bribery Act und den Foreign Practice Act anzuwenden. Korruption dürfe keine „Quelle sagenhafter Möglichkeiten“ für autokratische Herrscher sein, sondern müsse im Gegenteil zu einer schweren Last werden.

In seinem Text verwies Nawalny auch darauf, dass Putin „mit relativ wenig Geld (…) bündelweise rechts- und linksextreme Bewegungen in ganz Europa“ kaufe, frühere Spitzenpolitiker wie Gerhard Schröder z.B. durch Aufsichtsratsmandate „legalisiert“ besteche und in seine Agenten verwandle. Damit weist er auf die Thematik hin, die Transparency Deutschland im Licht des russischen Angriffskriegs unter dem Schlagwort der „strategischen Korruption“ im vergangenen Jahr zum Schwerpunktthema gemacht hat.

Alexej Nawalny hat seinen Mut, seinen unbeugsamen Willen zur Offenheit, Transparenz und Gerechtigkeit mit dem Leben bezahlt. Er kam zwischenzeitlich bei seinem jahrzehntelangen Kampf gegen Putins Diktat politisch auf rechtsnationalistische Abwege. Es spricht für ihn und seine innere Stärke, dies korrigiert und sich klar und unmissverständlich für die pluralistische Demokratie eingesetzt zu haben. Transparency Deutschland hat in den zurückliegenden Jahren mit Mitarbeitern seines Netzwerks zusammengearbeitet und wird dies weiter tun. Sein Wirken, wie in dem zitierten Text aus der FAZ umschrieben, ist für uns Ansporn und Vermächtnis zugleich, hier und heute den Gefahren, die der liberalen Demokratie durch Korruption drohen, offen entgegen zu treten.