Strategische Korruption

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Strategische Korruption

Die Demokratie in Europa steht vor großen internen sowie externen Herausforderungen. Neben Desinformationskampagnen, Cyberangriffen und Einmischung in Wahlen setzen immer mehr Staaten auch strategische Korruption als Instrument ihrer Außenpolitik ein.

Transparency Deutschland definiert strategische Korruption als den „Einsatz korrumpierender Mittel durch einen Staat, um direkt oder indirekt die politische Willensbildung in einem anderen Staat zum eigenen Vorteil zu beeinflussen.“

Diese Seite bietet einen Überblick zu aktuellen Forderungen, Positionen und Medienbeiträgen von Transparency Deutschland zum Thema Strategische Korruption

Forderungen

  • Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags zur Bekämpfung strategischer Korruption und illegitimer Einflussnahme einberufen: Nach französischem Vorbild sollte eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags systematische Schwächen aufarbeiten, welche die illegitime Einflussnahme auf demokratische Prozesse ermöglichen.
  • Nationale Antikorruptionsstrategie verabschieden: Entwicklung und Implementierung einer umfassenden Strategie zur Bekämpfung von Korruption auf nationaler Ebene.
  • Entschiedener Kampf gegen Geldwäsche in Deutschland und Europa: Massive Risiken der strategischen Korruption bestehen auch durch die weiterhin unzureichende Prävention und Bekämpfung komplexer Geldwäschestrukturen. (Arbeitsgruppe Finanzen)
  • Einführung eines Bundestransparenzgesetzes: Schaffung gesetzlicher Grundlagen für mehr Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen.
  • Reform der Parteienfinanzierung: Eine allgemeine Begrenzung und unverzügliche Offenlegung von Parteispenden sowie eine schärfere Durchsetzung dieser Regeln sind notwendig, um manipulative politische Einflussnahme und die Umgehung der Beschränkung von Auslandsspenden nach § 27 Parteiengesetz zu verhindern.
  • Offenlegung der Vermögensverhältnisse und finanziellen Interessen von hochrangigen Entscheidungsträger:innen, insbesondere Mitgliedern der Bundesregierung, Staatssekretär:innen, Abteilungsleitungen in Ministerien sowie
    • Bundestagsabgeordnete (entsprechend GRECO 2022, Empfehlung viii), zur Identifikation möglicher Interessenkonflikte 

Unsere gesamten Forderungen finden sie in unserem Positionspapier.

Hintergrund

Transparency Deutschland setzt sich für Transparenz und Integrität in Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ein. Aus der massiven Erschütterung der liberalen internationalen Ordnung ergeben sich in Europa und in Deutschland neue Gefahren für die Demokratie. Dazu zählt auch die immer intensivere und vielseitige Unterstützung für demokratiefeindliche Kräfte aus dem Ausland. Transparency Deutschland ist überzeugt, dass diesen Bedrohungen nur mit entschiedenen Maßnahmen für mehr Transparenz und Integrität begegnet werden kann.

Gerade in Deutschland ist der Graubereich der ausländischen politischen Einflussnahme weiterhin groß: juristische und ethische Grenzen zwischen politischen Gefälligkeiten, Interessenkonflikten und Bestechung sind fließend, vor allem sind potentielle Abhängigkeiten mangels Transparenzvorgaben für die Öffentlichkeit oft gar nicht oder erst im Nachhinein erkennbar. Daher ist eine systematische Aufarbeitung insbesondere russischer Einflussstrategien der vergangenen Jahrzehnte, aber auch der undurchsichtigen Lobbytätigkeiten anderer Länder wie China, Saudi-Arabien, den VAE oder der Türkei durch den Deutschen Bundestag selbst dringend geboten.

  • Aserbaidschan-Prozess:

Im Januar 2025 begann vor dem Oberlandesgericht München ein Strafprozess gegen die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner (CSU) und Axel Fischer (CDU) wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern. Im Mai 2025 räumte Lintner ein, über seine Firma Gelder aus Aserbaidschan erhalten und an eine weitere Abgeordnete weitergeleitet zu haben. Fischer wird vorgeworfen, für positive Stellungnahmen zu Aserbaidschan im Europarat und für die Weitergabe vertraulicher Unterlagen Zahlungen in Höhe von über 26.000 Euro angenommen zu haben. Aufgrund einer Erkrankung wurde sein Verfahren jedoch abgetrennt und soll voraussichtlich im Herbst 2025 fortgeführt werden. Die Ermittlungen sind Teil einer umfassenden Untersuchung zu mutmaßlicher Einflussnahme Aserbaidschans auf europäische Institutionen, bekannt unter dem Begriff "Kaviar-Diplomatie".

Aserbaidschan-Affäre: Bestechung von höchster Stelle | Transparency International Deutschland e.V.

Ex-CSU-Abgeordneter gesteht Weiterleitung von Geldzahlungen | BR24

Aserbaidschan-Affäre: Ex-CSU-Abgeordneter Lintner räumt Weiterleitung von Geldzahlungen ein | ZEIT ONLINE

Korruption: CSU-Politiker überrascht mit Aussage im Aserbaidschan-Prozess - Politik - SZ.de

Aserbaidschan-Affäre: Prozessauftakt gegen Axel E. Fischer - SWR Aktuell

  • Nord Stream 2: 

Im Zusammenhang mit Nord Stream 2 stehen enge Verflechtungen zwischen deutschen Politikern und russischen Staatsinteressen im Fokus. Nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt übernahm Gerhard Schröder führende Posten bei Unternehmen hinter der Pipeline, die vom russischen Staatskonzern Gazprom finanziert wurden. In Mecklenburg-Vorpommern gründete die Landesregierung 2021 eine Stiftung, die offiziell dem Klimaschutz diente, aber maßgeblich mit 20 Millionen Euro von Nord Stream 2 finanziert wurde und den Weiterbau trotz drohender US-Sanktionen absichern sollte. Ein Untersuchungsausschuss im Landtag prüft seither mögliche politische Gefälligkeiten und mangelnde Transparenz. 

Pipelines in die Politik: Die unterschätzte Rolle von Narrativen | LobbyControl

Klimastiftung MV: Geschäftspartner endlich offenlegen | Transparency International Deutschland e.V.

Pipeline-Betreiber Nord Stream 2 wendet Konkurs vorerst ab | tagesschau.de

Landtag MV - Untersuchungsausschuss "Klimaschutzstiftung"

The Gazprom-Lobby - correctiv.org

  • Unterstützung durch Elon Musk und andere Trump-Verbündete für die AfD und rechtsradikale Netzwerke in Europa 

Im Bundestagswahlkampf 2025 positionierte sich Elon Musk mehrfach zugunsten der AfD, unter anderem durch Wahlaufrufe und gezielte Reichweitenverstärkung auf seiner Plattform X. Dabei verbreitete er Inhalte führender AfD-Politiker, führte ein Live-Interview mit Parteichefin Alice Weidel und erklärte die Partei zur „letzten Hoffnung“ für Deutschland. Transparency Deutschland sieht darin ein Beispiel strategischer Einflussnahme durch einen ausländischen Akteur, der möglicherweise gegen das Parteiengesetz sowie gegen Transparenzvorgaben des EU-Digitale-Dienste-Gesetzes verstößt. Die EU-Kommission prüft inzwischen, ob Musks Verhalten als unerlaubte ausländische Wahlbeeinflussung einzustufen ist. Der Fall verdeutlicht, wie politische Unterstützung über digitale Plattformen genutzt werden kann, um Einfluss auf demokratische Prozesse in Europa zu nehmen – außerhalb etablierter Kontrollmechanismen.

Mögliche verdeckte russische Zahlungen an AfD-Politiker | Transparency International Deutschland e.V.

Wahlkampf in Deutschland: Elon Musk veröffentlicht neuen Wahlaufruf für die AfD | ZEIT ONLINE

Weidel und Musk auf X: Wahlkampfhilfe oder Schaden für die AfD?

LobbyControl: NGO sieht Gefahr illegaler Parteispende von Elon Musk für die AfD | ZEIT ONLINE

  • Auslandsbestechung im Europäischen Parlament (Katargate und Huawei-Skandal) 

Im Dezember 2022 wurde im Zuge des „Katargate“-Skandals die damalige Vizepräsidentin des EU-Parlaments Eva Kaili wegen des Verdachts der Bestechung durch Katar festgenommen. Insgesamt wurden rund 1,5 Millionen Euro Bargeld bei mehreren Verdächtigen sichergestellt, mutmaßlich zur Einflussnahme auf parlamentarische Entscheidungen. Im April 2025 folgte ein weiterer Fall strategischer Auslandsbestechung: Die belgische Justiz erhob Anklage gegen acht Personen im Zusammenhang mit dem chinesischen Technologiekonzern Huawei. Ihnen wird vorgeworfen, über Geldzahlungen und Vorteile politische Entscheidungen im EU-Parlament zu beeinflussen. Beide Fälle zeigen, wie Drittstaaten gezielt versuchen, über verdeckte Mittel Einfluss auf europäische Institutionen zu nehmen.

Transparency warnt vor strategischer Korruption | Transparency International Deutschland e.V.

Verdächtige wegen Huawei-Bestechungsaffäre im EU-Parlament angeklagt | tagesschau.de

Korruptionsskandal im EU-Parlament: Was zu den Vorwürfen gegen Kaili bekannt ist | ZEIT ONLINE

Eva Kaili kommt nach vier Monaten aus Gefängnis in Hausarrest

EU: Hat Huawei Europaabgeordnete bestochen? Erste Festnahmen - Politik - SZ.de