Publikationen
Artikel

Vorstellung korporativer Mitglieder: ICC Deutschland

Angelika Pohlenz ist seit 1995 Generalsekretär der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland. Sie ist Mitglied in den Außenwirtschaftsausschüssen von DIHK und BDI sowie Mitglied im Aufsichtsrat von MAN. ICC Deutschland ist korporatives Mitglied auf Gegenseitigkeit.

Wie sehen Sie die Arbeit von Transparency Deutschland und die Zusammenarbeit mit ICC Deutschland?

Transparency Deutschland hat sich seit seiner Gründung zu einer sehr angesehenen Nichtregierungsorganisation entwickelt. Das liegt einerseits an der thematischen Ausrichtung. Schließlich gehört der Kampf gegen Korruption zu den wichtigsten Aufgaben, um einer Demokratie langfristig das Überleben zu sichern. Andererseits liegt es aber auch an dem breiten Schulterschluss, den Transparency Deutschland nicht nur mit dem Staat und der Zivilgesellschaft sucht, sondern eben auch mit der Wirtschaft. Da gibt es zwangsläufig Berührungspunkte mit der ICC als Spitzenverband der internationalen Wirtschaft, die sich bereits seit den frühen 1970er Jahren gegen Korruption engagiert. Im Laufe der Zeit hat sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt.

Zuletzt kam ICC Deutschland groß heraus mit dem Brief an die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag wegen der überfälligen Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption. Arbeitet ICC Deutschland immer so politisch?

Zu unseren Hauptaufgaben zählt die Förderung des freien und fairen Welthandels und offener Marktwirtschaften. Aber – und das ist ganz wichtig – wir setzen auch weltweite Regeln und Standards, die für den Handel gelten. Der angesprochene Brief, der von 37 Unternehmenschefs, darunter 26 Dax- Vorständen, unterzeichnet wurde, hat tatsächlich viel Wirbel ausgelöst. Es ist wohl nicht übertrieben, wenn ich sage, dass er maßgeblich dazu beigetragen hat, die festgefahrene Debatte zu beleben. Für uns stand im Mittelpunkt, das Ansehen unserer einzelnen Mitglieder in die Waagschale zu werfen, um den Entscheidern im Bundestag ein eindringliches Signal zu geben. Das ist uns in diesem Fall hervorragend gelungen.

Wirtschaft und Politik durchleben zurzeit eine Phase der Neupositionierung, weil der Politik wenigstens in Teilen der starke Einfluss der Wirtschaft missfällt. Wie sehen Sie dieses Spannungsverhältnis?

Dieses Spannungsverhältnis besteht, seitdem Nationalstaaten existieren. Die Wirtschaft bietet den Menschen Arbeitsplätze, und Unternehmen wollen Geld verdienen. Die Politik als Repräsentantin des Staates vertritt zwangsläufig auf einigen Feldern andere Interessen, denn sie muss auch die nicht wirtschaftlich orientierten Interessen in der Gesellschaft berücksichtigen. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass auf Phasen, in denen die Wirtschaft weniger Einfluss hatte, solche folgen, in denen sie ihre Interessen besser durchsetzen konnte. Angesichts der Folgen der Finanzkrise scheinen wir gerade wieder einmal an einem Wendepunkt angelangt zu sein. Hier hat es in der Vergangenheit einige Übertreibungen gegeben, gerade bei den Banken. Wir brauchen aber starke Unternehmen. Sie durch neue Gesetze und Auflagen immer mehr einzuengen, bedeutet, den Ast abzusägen, auf dem wir alle sitzen. Es geht nicht nur um Arbeitsplätze. Auch das Geld, das wir für Soziales oder Kultur ausgeben, will schließlich verdient sein.

Wie sollten nach Ihrer Meinung Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung ausgestaltet sein?

Keine Frage, hartes Durchgreifen gegen Korruption ist dringend nötig. Dabei geht es aber nicht, wie vielfach angenommen, um neue Gesetze, zum Beispiel um höhere Strafen oder noch mehr Vorgaben. Vielmehr sollten alle Unternehmen die wirtschaftliche, aber auch öffentliche Brisanz verinnerlichen. Gerade deutsche Firmen haben in den vergangenen Jahren viel getan, um korrupte Geschäftspraktiken aus ihren Lieferketten auszuschließen. Und Großunternehmen haben mit Millionenbeträgen Compliance-Abteilungen auf- und ausgebaut. Aus der Sicht der Unternehmen handelt es sich hierbei um eine Gratwanderung. Ihre Anstrengungen dürfen nämlich nicht dazu führen, dass betriebsintern ein Klima des gegenseitigen Misstrauens aufkommt.

Werden in Sachen Korruption die Richtigen erwischt?

Wahrscheinlich nicht. Vor allem in etlichen anderen Ländern steht die Wirtschaft häufig vor erpresserischen Forderungen, die nicht geahndet werden. Hier ist die Politik gefordert, sich gegen Korruption auszusprechen, und das immer wieder deutlich zu machen.  

Die Fragen stellte Anke Martiny.