Publikationen
Artikel

Transparency Deutschland und die korporativen kommunalen Mitglieder

Von Ulrike Löhr

Transparency Deutschland hat neben natürlichen Personen auch sogenannte korporative Mitglieder. Momentan sind unter den 42 korporativen Mitgliedern auch fünf Kommunen (Bundesstadt Bonn, Stadt Halle an der Saale, Stadt Hilden, Stadt Leipzig und Landeshauptstadt Potsdam) sowie das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein. Transparency Deutschland bezeichnet sich selbst als Koalitionspartner gegen Korruption. Solche Partner können auch Kommunen sein, die sich in besonderem Maße gegen Korruption engagieren wollen.

Durch eine korporative Mitgliedschaft bei Transparency Deutschland werden die Sensibilität und das Know-how der kommunalen Mandatsträger, der Verwaltung und der Öffentlichkeit für die Gefahren von Korruption erhöht. Gleichzeitig werden Informationen und Erfahrungen bei der Anwendung von Instrumenten zur Korruptionsprävention auf kommunaler Ebene verbreitet.
Eine korporative Mitgliedschaft von Kommunen in Transparency Deutschland ist an ein klares Bekenntnis der Kommune gebunden, dass sie Korruption in jeder Form ablehnt, korruptives Verhalten weder bei politischen Entscheidungsträgern noch in der Verwaltung dulden wird und an die Erfüllung gewisser Mindeststandards zur Korruptionsprävention.

Im Aufnahmeverfahren gibt es einen in den vergangenen Jahren entwickelten Gesprächsleitfaden. Er kann und wird je nach Lage vor Ort, aktuellen Vorkommnissen, Diskussionen in der lokalen Politik usw. ergänzt werden. Es geht nicht darum, Fragen „richtig“ zu beantworten. Seine Aufgabe ist es, ein möglichst umfassendes Bild von der Antikorruptionsarbeit in der Kommune zu zeigen und die relevanten Themen zu besprechen. Es kommt durchaus vor, dass wir an bestimmten Punkten zunächst „nur“ Absichtserklärungen der beitrittswilligen Kommune erhalten oder dass Defizite in einem Bereich durch besonders effektive Maßnahmen in anderen Bereichen kompensiert werden. Die spätere Aufnahmeentscheidung wird vom Vorstand getroffen.

So erwarten wir unter anderem

  • Schulungen für die Mitarbeiter, regelmäßige Mitarbeitergespräche mit besonderem Hinweis auf Korruptionsprävention, die Umsetzung organisatorischer Maßnahmen zur Korruptionsprävention und eine verbindlichen Verhaltensnorm für alle Beschäftigten, nach der Bestechung und andere Formen der Korruption weder eingesetzt noch toleriert werden;
  • einen ordnungsgemäßen Umgang mit dem Vergaberecht, und beispielsweise eine zentrale Vergabestelle sowie eine ordnungsgemäße Durchführung der Finanzwirtschaf;
     
  • einen Verhaltenskodex für politische Entscheidungsträger, der eine Verpflichtung gegen Korruption enthält sowie eine Regelung zur Offenlegung möglicher Interessenkollisionen, Regelungen über die Angemessenheit der Aufwandsentschädigungen aus einer Tätigkeit als Vertreter der Gemeinde in wirtschaftlichen Unternehmen; 
  • dass das Stadtrecht einschließlich der Satzungen öffentlich verfügbar (Internet) ist;
     
  • dass für die Kommunalen Unternehmen und Beteiligungen ein Public Corporate Governance Kodex existiert, die Vorschriften und Maßnahmen zur Korruptionsprävention in den öffentlich-rechtlichen Unternehmen der Kommune unmittelbar gelten und es in den privatrechtlichen Unternehmen und Beteiligungen der Kommune Regelungen zur unzulässigen Vorteilsannahme gibt;
     
  • die Bereitschaft zum Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen und mit Transparency Deutschland.

Auch innerhalb von Transparency Deutschland gibt es immer wieder einmal Kritik an der korporativen Mitgliedschaft. Zunächst gibt es den durchaus ernst zu nehmenden Einwand, ob Kommunen als Teil der staatlichen Ordnung überhaupt Mitglied in einer zivilgesellschaftlichen Organisation werden könnten, die gegen Korruption kämpft. Nur wenige andere Chapter von Transparency International kennen und praktizieren überhaupt diese Form der Mitgliedschaft.

Der Verein mache sich darüber hinaus abhängig von diesen Mitgliedern, lautet der meistgeäußerte Vorbehalt. Diesem begegnen wir durch die Regel, dass die Gesamt-Vereinseinnahmen nur bis maximal 50 Prozent von korporativen Mitgliedern bestritten werden. Zurzeit liegen sie mit etwa 30 Prozent darunter, dieser Beitrag stammt zum allergrößten Teil von den unternehmerischen korporativen Mitgliedern. Darüber hinaus beträgt der umsatzabhängige Beitrag der korporativen Mitglieder maximal 5.000 Euro und zur weiteren Sicherung seiner Unabhängigkeit hat Transparency Deutschland finanzielle Rücklagen aufgebaut: Die Arbeit ist selbst dann über mehr als ein Jahr gesichert, wenn alle korporativen Mitglieder ihre Mitgliedschaft bei Transparency Deutschland beenden würden. Der Beitrag für die kommunalen korporativen Mitglieder beträgt momentan 1.000 Euro.
Die Selbstverpflichtungserklärung muss alle drei Jahre erneuert werden, so dass sich die Kommune regelmäßig aktiv mit ihrer Mitgliedschaft auseinandersetzen muss. Es existiert ein reger und guter persönlicher Kontakt zwischen den korporativen kommunalen Mitgliedern und Transparency Deutschland. Seit einigen Jahren gibt es ein jährliches Treffen, welches dem gemeinsamen Erfahrungsaustausch, der gegenseitigen Unterstützung und der fachlichen Information dient und welches guten Zuspruch findet.

Der gute und persönliche Kontakt bewährt sich gerade bei Korruptionsvorwürfen gegen Repräsentanten, Mitarbeiter oder Beauftragte der Mitgliedskommune. Er ermöglicht eine schnelle und vertrauensvolle Information, damit Transparency Deutschland darauf auch gegenüber nachfragenden Medien adäquat reagieren kann. Wenn Anhaltspunkte bestehen, dass das Mitglied durch sein Verhalten die Interessen des Vereins verletzt haben könnte, kann Transparency Deutschland die Mitgliedschaft ruhen lassen. Auch der Ausschluss von Mitgliedern ist möglich, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig die Interessen von Transparency Deutschland verletzen.

Ulrike Löhr ist im Führungskreis zuständig für den Kontakt zu den korporativen kommunalen Mitgliedern.