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Junge Aktive im Porträt: Guilherme Carvalho

Transparenz ist Schwachpunkt bei kommunalen Betrieben

Korruption im öffentlichen Sektor ist ein massives Problem. Laut OECD sind öffentliche Unternehmen besonders korruptionsanfällig. Guilherme Carvalho, geboren 1991 in Curitiba, Brasilien, hat sein Studium der Rechtswissenschaft  mit einem Master in Staatsrecht an der Universität von São Paulo abgeschlossen. In den Jahren 2014 bis 2017 arbeitete er bei der Landesverwaltung von São Paulo im Bereich Transparenz und Korruptionsprävention. Zur Zeit lebt er in Berlin als Bundeskanzlerstipendiat. In Zusammenarbeit mit Transparency Deutschland arbeitet Gui, wie er am liebsten genannt wird, an dem Projekt „Korruptionsprävention in kommunalen Unternehmen“.

Wie gefällt es Dir in Deutschland? Und was genau ist ein Bundeskanzlerstipendium?

Deutschland gefällt mir sehr gut und ich fühle mich besonders wohl in Berlin, vielleicht weil ich immer in großen Städten gelebt habe. Ich bin deswegen sehr glücklich, dass ich die Gelegenheit habe, hier als Bundeskanzlerstipendiat zu wohnen. Dieses Stipendium ist ein Programm der Alexander von Humboldt-Stiftung unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin. Jedes Jahr werden bis zu 50 junge Fachkräfte aus Brasilien, Indien, Russland, China und den USA ausgewählt, um ein Projekt in Deutschland unter Betreuung einer Gastgeberinstitution durchzuführen — bei mir ist das Transparency Deutschland.

Auf der Mitgliederversammlung von Transparency Deutschland im Juni hast Du Dein Projekt vorgestellt. Worum geht es dabei?

Mein Projekt beschäftigt sich mit Korruptionsprävention in öffentlichen Unternehmen. Dieses Thema hat in den letzten Jahren weltweit eine zunehmende Aufmerksamkeit erregt, nicht zuletzt aufgrund großer Skandale, die ans Licht gekommen sind, zum Beispiel die Petrobras-Affäre. In Deutschland sind 90 Prozent aller öffentlicher Unternehmen in kommunaler Hand, deshalb konzentriere ich mich auf die kommunalen Betriebe. Ziel ist, auf die Besonderheiten in der Korruptionsprävention in diesem Bereich aufmerksam zu machen.

Gibt es erste greifbare Ergebnisse?

Als erstes fällt auf: Zwischen den Unternehmen gibt es große Unteschiede — manche haben ein sehr starkes Antikorruptionsprogramm, andere so gut wie keines. Das unterscheidet sich nicht nur von Kommune zu Kommune, sondern auch von einem Unternehmen zum anderen. Das weist auf einen zweiten Punkt hin: Die Kommune und ihre Unternehmen sind oft nicht gut integriert. Dies führt zu Problemen, denn die Antikorruptionsprogramme sollten im Optimalfall die Verwaltung sowie das Unternehmen einschließen. Zu erwähnen ist auch der Transparenzmangel. Leider ist das ein großer Schwachpunkt der kommunalen Betriebe.

Was müsste aus Deiner Sicht passieren, um dem Problem der Korruption in öffentlichen Unternehmen wirksam zu begegnen?

Der erste Schritt wäre, die Antikorruptionsprogramme zu verbreitern. Idealerweise würde jedes kommunale Unternehmen ein Programm einrichten. Dazu ist die Sensibilisierung der Entscheidungsträger wichtig. Besonders wirksam sind hier konkrete Anreize, wie sie sich etwa aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs [BGH 1 StR 265/16 - Urteil vom 9. Mai 2017] ergeben. Demzufolge kann die Geldbuße gegen ein Unternehmen abgemildert werden, wenn eine wirksame Complianceabteilung eingerichtet worden ist. Zweitens müssen die Vorgesetzten, insbesondere Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder, von der Relevanz dieses Themas überzeugt sein. Kein Antikorruptionsprogramm kann erfolgreich sein ohne Unterstützung aus den obersten Etagen. Wenn die Vorgesetzten sich nicht ernsthaft engagieren, sind die Maßnahmen höchstwahrscheinlich nur Augenwischerei.

Wie sieht Deine Zusammenarbeit mit Transparency konkret aus?

Inhaltlich begleiten zwei Personen mein Projekt: Anna-Maija Mertens, die Geschäftsführerin, und Gisela Rüß, die im Vorstand für die Arbeitsgruppe Kommunen zuständig ist. Mit ihnen treffe ich mich regelmäßig, um über die Entwicklung meines Projekts zu berichten und ein Feedback sowie Vorschläge zu erhalten. Zum Zweck meines Projekts ist auch das Transparency-Netzwerk sehr hilfreich. So hatte ich beispielweise Gelegenheit, im Januar am Treffen der korporativen kommunalen Mitglieder teilzunehmen. Ansonsten bekomme ich großartige Unterstützung von den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, von der Überprüfung meiner Texte bis zur Logistik und IT — dafür bin ich sehr dankbar.

Nach Abschluss seines Projekts wird Guilherme Carvalho die Ergebnisse im Scheinwerfer ausführlicher vorstellen.

Die Fragen stellte Heike Mayer.