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Pressemitteilung

Transparency Deutschland fordert die Ratifikation der UN-Konvention gegen Korruption in Deutschland

09.12.2005

Korruptionsbekämpfung spielt im Koalitionsvertrag keine Rolle

Zwei Jahre nach der historischen Unterzeichnung der UN-Konvention gegen Korruption in Merida, Mexico, wird am 9. Dezember zum dritten Mal der internationale Antikorruptionstag begangen. 2003 gaben 95 Länder durch ihre Unterschrift unter die Konvention (UNCAC) das Versprechen, Korruption in den eigenen Ländern zu bekämpfen. Seither schlossen sich weitere 39 Länder der UN-Konvention an, wodurch die Gesamtzahl der Unterzeichnerstaaten bei 134 liegt. Die Voraussetzung, dass die Konvention in Kraft tritt, ist die Ratifizierung der Konvention in mindestens 30 Ländern. In diesem Jahr ist es endlich soweit: Am 14. Dezember 2005 wird die UN-Konvention in Kraft treten, 90 Tage nachdem die 30. Ratifikation eingegangen ist. Bisher ist Frankreich das einzige G8-Land, das die Konvention ratifiziert hat.

In Deutschland steht die Ratifikation nach wie vor aus, daher fordert Transparency Deutschland von der Regierung, die Umsetzung voranzutreiben. „Wir befürchten allerdings, dass das Thema Korruption bei den Regierungsparteien nur einen geringeren Stellenwert hat, da Korruption im Koalitionsvertrag nur im Bezug auf Entwicklungszusammenarbeit überhaupt genannt wird“, so Hansjörg Elshorst, Vorsitzender von Transparency Deutschland. Dabei ist der einzige Hinderungsgrund zur Ratifizierung der UN-Konvention der § 108e StGB zur Abgeordnetenbestechung. „Wenn man sich die Umfrageergebnisse des neuen Korruptionsbarometers ansieht, sollten die Parteien und das Parlament sich des Themas Korruption annehmen. In der Wahrnehmung der Bevölkerung stehen Parteien und Politik auch in diesem Jahr an erster Stelle“, so Hansjörg Elshorst.

Anlässlich des Antikorruptionstages veröffentlicht Transparency International auch in diesem Jahr die Ergebnisse des Korruptionsbarometers - einer Meinungsumfrage zur Wahrnehmung von Korruption in der allgemeinen Bevölkerung, die in insgesamt 69 Ländern durchgeführt wurde. 55.000 Menschen wurden im Zeitraum von Mai bis Oktober 2005 von Gallup International befragt. Im Barometer wird die Form und das Ausmaß der Korruption in der Wahrnehmung „normaler“ Bürger beschrieben: Wie sehr sind sie selbst sowie vorgegebene Lebensbereiche, Sektoren und Institutionen von Korruption betroffen. Menschen werden um ihre Einschätzung gebeten, ob Korruption zu- oder abgenommen hat und ob sie in Zukunft eher zu- oder abnehmen wird.

Wie in den letzten beiden Jahren stehen Parteien und Parlament an erster Stelle. Und das, obwohl es in den letzten Jahren keine nennenswerten Skandale um Parteienfinanzierung gegeben hat. „Nach wie vor reagieren Medien und Bürger besonders empfindlich auf Vorfälle, die sich im politischen Raum abspielen - die Skandale um Nebentätigkeiten und um die Vermischung von Lobby und Politik sind dafür Beispiele“, so Dagmar Schröder, Geschäftsführerin von Transparency Deutschland. Wiederholt warnt Transparency Deutschland, dass die Fixierung auf den politischen Raum andere Korruptionsgefahren in den Hintergrund treten lässt. „Die öffentliche Wahrnehmung, dass der politische Bereich an erster Stelle steht, entspricht nicht der Erfahrung von Transparency Deutschland, spiegelt aber die Medienaufmerksamkeit wider“, so Dagmar Schröder.

Im Bereich Wirtschaft fällt auf, dass den Deutschen Auswirkungen auf  das Geschäftsklima erheblich weniger Sorge macht (2,1) als im Schnitt den Befragten in Westeuropa (2,8) und weltweit (3,0; auf einer Skala von 1 bis 4). Ein Grund dafür ist sicher, dass das Thema „Wirtschaft und Korruption“ erstmalig in diesem Sommer bei den Medien auf Interesse stieß, doch da war die Befragung gerade abgeschlossen. Es wird nun noch lange brauchen, bis die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auch für mittlere und kleine Unternehmen präventiv weil abschreckend wirkt. Transparency Deutschland weist deshalb noch einmal darauf hin, dass ein Zentralregister für korrupte Firmen sehr rasch eine erheblich abschreckende Wirkung gegen Korruption entfalten kann.

Die Wirtschaft ist ein Beispiel dafür, dass auch längst nachgewiesene Korruption von der Öffentlichkeit erst Schritt für Schritt entdeckt wird. In den Augen der Befragten gilt das auch für Korruption in den Medien. Diese schneiden in den deutschen Antworten schlechter ab als die Wirtschaft und der private Sektor. Positiv ist dagegen hervorzuheben, dass ein in vielen Ländern besonders gefährdeter Bereich in Deutschland die Spitzenposition an Integrität einnimmt: 68% der Befragten halten die Polizei für nicht oder wenig korrupt; nur 12% bewerten sie als korrupt.

„Die Erfahrung, dass immer neue Felder der Korruption entdeckt werden, trägt sicherlich dazu bei, dass die Deutschen die Entwicklung der Korruption vergleichsweise pessimistisch einschätzen“, so Hansjörg Elshorst. 66% der Befragten in Deutschland glauben, dass Korruption in den letzten drei Jahren sehr oder zumindest ein wenig zugenommen hat – gegenüber 50% in Westeuropa. Der Unterschied ist noch größer im Ausblick auf die kommenden drei Jahre: 57% der Deutschen glauben, dass die Korruption zunehmen wird, hingegen nur 42% der Menschen in Westeuropa. Positiv ist allerdings, dass die Wahrnehmung in Deutschland, ebenso wie in Westeuropa zeigt, dass der Einfluss von Korruption auf Persönliches und die Familie bei 1,7 liegt, wobei 1- kein Einfluss und 4 –starker Einfluss bedeutet. Immerhin gaben 2% in Deutschland an, dass sie in den letzten 12 Monaten selbst Schmiergeld bezahlen mussten.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Hansjörg Elshorst, Tel. 030-549898 0

Dagmar Schröder, Tel. 030-549898 0

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