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Pressemitteilung

TI Global Corruption Report 2005: Schwerpunkt Bausektor

15.03.2005

Vergabereform in Deutschland: TI fordert gesicherte Transparenz

Transparency International stellt heute in London und Berlin zum 4. Mal den Global Corruption Report (GCR) vor. Der GCR 2005 hat seinen Themenschwerpunkt auf der Korruption im Bausektor und enthält

  • einen Überblick über Mechanismen der Korruption im Baubereich und Vorschläge zur Bekämpfung
  • Fallstudien zu Korruption in großen Infrastrukturprojekten, darunter der Müllskandal in Köln
  • eine Evaluierung der Kosten der Korruption, gemessen in Geld, Umweltschäden und Leben
  • einen Abschnitt zum Wiederaufbau nach Krieg und Bürgerkrieg mit einer detaillierten Analyse der Korruption im Irak.

Weiterhin bietet der GCR 2005

  • einen Überblick über 24 neue Studien, Umfragen und Indices zu Korruption
  • Kurzdarstellungen zu Korruption in 40 Ländern.

Mehr zu den Schwerpunkten des GCR finden Sie in einer deutschen Übersetzung der Pressemitteilung des Internationalen Sekretariats von TI unter www.transparency.de, der Internetseite von Transparency Deutschland.

Der Baubereich wird im GCR besonders beleuchtet, da er gemäß Umfragen in der Wahrnehmung der Befragten weltweit der am stärksten durch Korruption gefährdete Sektor ist. Das gilt auch für Deutschland. Korruption bei der Vergabe und Durchführung öffentlicher und privater Bauvorhaben hat auch hier zu großen Schäden geführt. Einer der Gründe ist, dass in Deutschland 90% der Aufträge durch kleine und mittlere Firmen abgewickelt werden. Deren Verflechtung untereinander und mit lokalen Auftraggebern ist hoch.

Dank der verstärkten Bemühungen der Strafverfolgungsbehörden in vielen Bundesländern sind solche Korruptionsgeflechte mehr und mehr aufgedeckt worden. Allerdings muss man weiterhin mit einer hohen Dunkelziffer rechnen. Es ist also wesentlich, dass das rechtliche und private Instrumentarium der Korruptionsprävention verbessert wird. In diesem Zusammenhang ist von erheblicher Bedeutung, in welche Richtung Reformbemühungen der Bundesregierung wirken werden.

Die Bundesregierung arbeitet an Entwürfen für mehrere Gesetzesänderungen, die die Erschwerung und Prävention von Korruption bei öffentlichen Aufträgen zum Ziel haben oder darauf Einfluss haben. Diese zurzeit bekannten Entwürfe können aber nur bedingt als zielführend angesehen und unterstützt werden.

TI begrüßt ausdrücklich den Vorschlag zur Einrichtung eines bundesweit geltenden Korruptionsregistergesetzes. Wie eine Umfrage von TI ergeben hat, unterstützen eine Reihe von Spitzenverbänden der Deutschen Wirtschaft eine solche Gesetzesinitiative, auch aus dem Bereich des besonders korruptionsanfälligen Bausektors. In einem solchen Register würden Unternehmen, die von einem öffentlichen Auftraggeber wegen Korruption ausgeschlossen wurden, aufgeführt und für eine der Schwere der Tat angemessenen Zeit von der Vergabe aller öffentlichen Aufträge des Bundes, der Länder und der Kommunen ausgeschlossen werden. Die bisher teilweise auf Länderebene eingerichteten Register erfassen nur einen Bruchteil der Korruptionsfälle und Auftraggeber und sind in der Regel auch nur für Landesbehörden, nicht aber die Kommunen verbindlich. Eine bundesweite Regelung für alle öffentlichen Auftraggeber Deutschlands ist aus Gründen der Effizienz, Gleichbehandlung und Verwaltungsvereinfachung wesentlich sinnvoller.

Wir begrüßen weiterhin, dass der Anwendungsbereich der Vergabevorschriften erheblich erweitert werden soll und zwar auf alle öffentlichen Liefer- und Dienstleistungsaufträge über 1000 Euro. Im ersten Entwurf des zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit war noch ein weit höherer Wert von 7500 Euro angesetzt worden.

Wir begrüßen Ansätze im Entwurf, die Transparenz im Vergabeverfahren zu erhöhen. Das geht noch nicht weit genug, könnte aber nach der Einschätzung von TI ein Weg sein, ein für die Nutzer unrealistisch arbeitsaufwändiges Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe zu verschlanken. Um dies zu erreichen, stellt der Entwurf den Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung zur Disposition. Das ist dann nicht akzeptabel, wenn nicht durchgreifend mehr Transparenz im Vergabeverfahren zur Regel wird. Auch wenn dies gesetzlich vorgegeben wird, wird es nach bisheriger Erfahrung nur dann alltägliche Praxis werden, wenn Geschädigte sich gegen Verstöße gegen diese Vorgaben wehren können.

Die geltenden Vergabevorschriften werden häufig nicht eingehalten. Auch als Folge von Personalabbau in den Behörden, so wird begründet, sind sie für den Routinefall zu arbeitsaufwändig. Korrupte Praktiken können sich in der Masse der Regelverstöße verstecken. Auch dort, wo ein Unternehmer Hinweise auf solche Praktiken hat, gibt es für ihn keinen Weg, sich dagegen zu wehren. Das muss und kann sich in Zukunft ändern. Wenn mehr Transparenz in die Abläufe selbst eingebaut wird, wird das den Arbeitsaufwand im Routinefall reduzieren. Wirksamer Rechtsschutz als Sicherung der Transparenz wäre dann durchaus mit dem Abbau von Bürokratie vereinbar. Der Rechtsschutz kann so gestaltet werden, dass er nicht den gesamten Vergabevorgang aufhält und dass er gegen Missbrauch gesichert ist. Transparency Deutschland hat dazu beispielhaft Vorschläge vorgelegt.

Hansjörg Elshorst fasst zusammen: „Transparency Deutschland fordert, dass bei Fehlverhalten das Risiko für beide an der Vergabe beteiligen Parteien erhöht wird: für den korrupten Unternehmer durch ein Zentralregister, für die Verwaltung durch mehr Transparenz und einen praktikablen Rechtsschutz.

TI mahnt erneut die Einsetzung eines zentralen Antikorruptions-Beauftragten für Korruptionsbekämpfung und -prävention auf Bundesebene an. Die Auseinandersetzung um die Neuregelung des Vergaberechts hat das Problem wieder deutlich gemacht: Bei Diskussionen im Ressortkreis sind alle Gesichtspunkte vertreten. Eine eigenständige Kompetenz, auf Vermeidung von Korruption zu achten, gibt es bisher nicht.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Hansjörg Elshorst, Tel. 030-549898 0

Dr. Michael Wiehen, Tel. 030-549898 0

RA Thomas Maibaum, Tel. 030-549898 0