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Pressemitteilung Gesundheitswesen

Reform des Medizinischen Dienstes: Leider nur ein Vorwand für weniger Klinik-Kontrollen – zu Lasten der Beitragszahlenden?

Berlin, 24.06.2019

© helloquence / unsplash

Die Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) sollen nach den Wünschen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht mehr von den Krankenkassen abhängig sein. Künftig soll der Medizinische Dienst als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts agieren. Spahn versucht auch, die Akzeptanz des Gesetzes durch ein Mitspracherecht für Patientenvertreterinnen und -vertreter zu erhöhen.

Ziel der Reform sei es, die Zahl der Prüfungen von Krankenhausrechnungen zu reduzieren. Das sei im Interesse der Patienten, so Spahn. Dr. Wolfgang Wodarg, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland, entgegnet:

„2017 waren 56 Prozent der geprüften Krankenhausrechnungen fehlerhaft. Die Krankenhäuser mussten rund 2,8 Milliarden Euro zurücküberweisen. Wenn die Prüfungen reduziert werden, droht den Beitragszahlern ein großer finanzieller Schaden. Spahn geht es beim MDK-Reformgesetz offenbar gar nicht um gute und gerechte Gutachter, sondern vielmehr um eine Schwächung der Kontrollen zugunsten der Klinik-Konzerne.“

Transparency Deutschland setzt sich jedoch grundsätzlich für eine kostenträgerunabhängige Begutachtung ein. Das Aufspüren und das Verfolgen von Falschabrechnungen ist etwas Anderes. Hier waren viele Kassen selbst sehr erfolgreich. Dr. Wolfgang Wodarg betont:

„Es stimmt, dass es in Deutschland bisher keine kostenträgerunabhängige Begutachtung gibt und dass jeder Kostenträger seine eigenen Gutachter beschäftigt und bezahlt. Das ist schlimm und ein historisch gewachsener, aber bisher geduldeter Interessenkonflikt. Aber das will Spahn ja offensichtlich gar nicht ändern. Sonst hätte er auch die gutachterlichen Dienste der Berufsgenossenschaften, der Jobcenter, der Rentenversicherung und anderer Kostenträger unter dem Dach eines neuen Medizinischen Dienstes versammeln müssen.“

Hintergrund

Transparency Deutschland unterstützt die Krankenkassen bei der wirksamen Fahndung nach Falschabrechnungen. Die Antikorruptionsorganisation fordert jedoch auch die grundsätzliche Kostenträgerunabhängigkeit bei individuellen sozialmedizinischen Gutachten. Bei der Begutachtung von Versicherten werden Antragsteller von Gutachter zu Gutachter geschickt, weil jeder Kostenträger nur aus seiner Perspektive untersuchen lässt. Das verzögert eine bedarfsgerechte Rehabilitation oder Versorgung, führt zu starken Interessenkonflikten, kostet viel Geld und belastet die Hilfesuchenden zusätzlich.

Kontakt

Dr. Wolfgang Wodarg
Vorstandsmitglied, Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheitswesen

Dr. Anna-Maija Mertens
Geschäftsführerin

030 - 54 98 98 0
presse@transparency.de