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Pressemitteilung Gesundheitswesen

Transparency Deutschland fordert lückenlose Aufklärung der Causa "Lex Lilly"

Medizinforschungsgesetz begünstigt Pharmaindustrie

Berlin, 14.10.2024

© Katja Fuhlert / pixabay

Das neue Medizinforschungsgesetz (MFG) wurde offenbar zugunsten der Pharmaindustrie angepasst – und zwar entsprechend der Forderung des amerikanischen Pharmakonzerns Eli Lilly. Laut Recherchen eines Teams von Investigate Europe, Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR legen interne Dokumente aus dem Bundesgesundheitsministerium diesen ungeheuerlichen Verdacht nahe. Nach dem MFG müssen Erstattungspreise der Krankenkassen an die Hersteller neuer Medikamente künftig nicht mehr offengelegt werden. Im Gegenzug dafür will der Konzern 2,3 Milliarden Euro in den Produktionsstandort Deutschland investieren: In Rheinland-Pfalz wird ein neues Werk des Pharmariesen gebaut.

Hierzu kommentiert Rolf Blaga, Leiter der AG Medizin & Gesundheit von Transparency Deutschland:

Wir sehen hier nur die Spitze des Eisbergs. Meist bleibt es im Dunklen, wie Pharmakonzerne ihre Macht missbrauchen und ihre Interessen durchsetzen.

Die Causa "Lex Lilly" ist ein Skandal und muss lückenlos aufgeklärt werden! Mitglieder der Bundesregierung müssen die Wahrheit sagen. Dazu gehört auch, Einflussversuche offenzulegen und nicht abzustreiten. Transparent wäre gewesen, die Mitglieder des Bundestags darüber abstimmen zu lassen, ob zugunsten einer Industrieansiedlung den Pharmakonzernen Vorteile bei der Gewinnerzielung gewährt werden sollen.

Außerdem müssten laut Transparency Deutschland Arzneimittel- und Impfstoffpreise gegenüber staatlichen Auftraggebern bzw. öffentlichen Erstattern wie Krankenkassen transparent gemacht werden. Sie müssen kalkulatorisch begründet werden und sachlich nachprüfbar sein.
Neue Medikamente werden vor allem für bisher schwer zu behandelnde oder seltene Erkrankungen entwickelt. Wenige oder manchmal auch nur ein einziger Hersteller legen die Preise dafür fest. Die liegen aber weit über den tatsächlichen Kosten (einschließlich Forschung und Entwicklung) zuzüglich eines angemessenen Gewinns.

Rolf Blaga fügt hinzu:

Medikamente gehören zur Grundversorgung kranker Menschen. Es muss alles getan werden, damit möglichst viele Betroffene damit versorgt werden und nicht nur diejenigen, die es sich leisten können.

Im Übrigen zeigt dieser Fall, wie wichtig ein Bundestransparenzgesetz ist: Denn das eingangs erwähnte Rechercheteam hatte die Akten rund um das MFG nach dem gültigen Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bereits im Dezember 2023 vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) und auch vom Kanzleramt angefordert. IFG-Anträge müssen innerhalb von drei Wochen erledigt werden. Passiert ist jedoch: Nichts. Erst im September 2024 schickte das BMG die Unterlagen an die Journalist:innen. Und das auch erst, nachdem wegen Untätigkeit Klage eingereicht wurde. Vom Kanzleramt dagegen kommt bis heute nur Funkstille. Das Fatale: Wenn die Bundesregierung rechtzeitig geantwortet hätte, hätte dies die Gesetzgebung noch beeinflussen können. So hat das Medizinforschungsgesetz am 27. September 2024 den Bundesrat passiert und ist damit beschlossene Sache: Ein Geschenk der Bundesregierung an die Pharmaindustrie.

Kontakt

Rolf Blaga
Leiter AG Medizin & Gesundheit
Transparency International Deutschland e.V.
rblaga@transparency.de

Julia Sassenberg
Pressesprecherin
Transparency International Deutschland e.V.
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+49 30 549898-15