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Pressemitteilung Korruptionswahrnehmungsindex (CPI)

Korruptionswahrnehmungsindex 2002

28.08.2002

Der CPI 2002 bestätigt einen Trend, der sich seit 1996 abzeichnet: Auf der Skala von 0-10, mit der das Ausmaß der Korruption in einem Lande in der Wahrnehmung von in- und ausländischen Beobachtern bewertet wird, geht es kontinuierlich bergab. Erhielt Deutschland 1996 noch 8,3 von 10 möglichen Punkten, so sind es in diesem Jahr nur noch 7,3 Punkte. Dabei wirkt sich aus methodischen Gründen die Reaktion auf den "Kölner Skandal" noch kaum aus. Obwohl die ihm zugrunde liegenden Ereignisse Jahre zurückliegen, hat dieser Skandal das Bewusstsein in Deutschland spürbar verändert, mehr als zuvor die CDU-Spendenaffaire. Es wird jetzt weithin akzeptiert, was die Rangfolge der Länder im TI-Index bereits im vergangenen Jahr angedeutet hat: Deutschland ist in das untere Drittel der Länder abgerutscht, mit denen es sich normalerweise vergleicht. Das schädigt international den Ruf des Standorts Deutschland, doch hat es auch sein Gutes: Die Zeit der Verdrängung ist vorbei; die breite Öffentlichkeit reagiert zunehmend sensibel auf immer neue Hinweise, dass Korruption Deutschland außen wie innen beschädigt.

Die Politik hat begonnen, auf diese zunehmende Gereiztheit zu reagieren. Die Ereignisse in dieser Legislaturperiode haben zu einer Verschärfung des Gesetzes zur Parteienfinanzierung geführt. Das geht nach dem Urteil von TI-D nicht weit genug, doch haben Politiker schmerzhaft erfahren, dass die Öffentlichkeit noch weit wirksamere Sanktionen bereithält. Gegenüber der Wirtschaft noch wirksamer als das Strafrecht wäre ein zentrales Ausschlussregister für Unternehmen, die sich mit unlauteren Mitteln um öffentliche Aufträge bemüht haben. Trotz aller Widerstände könnte es noch gelingen, ein solches Gesetz in den letzten Tagen dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Die Mehrheitsparteien des Bundesrates, die das Gesetz aufgehalten haben, wollen eher gesetzestechnische Bedenken noch im Vermittlungsausschuss bereinigen. Sollte das nicht gelingen, werden wir nach der Wahl sehr penetrant nachhalten.

Vielleicht haben wir das zusammen mit Ihnen, den Medien, nicht ausreichend getan bei einem anderen Gesetzesvorhaben von zentraler Bedeutung. In dem heute vorgelegten Index liegen die skandinavischen Länder wieder in der Spitzengruppe. Es besteht Einvernehmen unter den Fachleuten, dass dazu die dort seit langem selbstverständliche Transparenz der öffentlichen Verwaltung wesentlich beiträgt. In der Koalitionsvereinbarung war ein Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen; ein durchaus akzeptabler Entwurf des Bundesinnenministeriums wurde in der letzten Phase so verdorben, dass das Ministerium ihn zurückzog. Erstaunlich, dass dabei die restriktiven Kräfte in der Ministerialbürokratie von Wirtschaftsverbänden unterstützt wurden. Es wird in der nächsten Legislaturperiode mehr Druck brauchen, damit das Handeln auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung auch in Deutschland transparenter wird.

Auch im internationalen Rahmen sieht sich Deutschland der Kritik ausgesetzt. Als die OECD die Umsetzung der OECD Konvention in Deutschland überprüfte, fiel z.B. die völlig unzureichende Ausstattung der Staatsanwaltschaften auf. Damit droht die Konvention, die die Bestechung ausländischer Beamter durch deutsche Geschäftsleute unter Strafe stellt, zum zahnlosen Tiger zu werden: noch ist kein Verfahren anhängig.

TI-D hat diese und andere Schwachstellen zum Anlass genommen, den Parteien in Wahlprüfsteinen Fragen darüber vorzulegen, mit welchen Maßnahmen sie der Korruption entgegenwirken wollen. Am 3. September 2002 werden auf einer Bundespressekonferenz die Antworten der Parteien und ihre Bewertung durch TI der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Es ist zu erwarten, dass die Diskussion um die Flutkatastrophe erhebliche Aufmerksamkeit beanspruchen wird. Wir hoffen jedoch, dass die gewachsene Aufmerksamkeit und Sensibilität der Öffentlichkeit gegenüber Korruption darüber nicht nachlässt. Schließlich geht es auch bei der Finanzierung der Behebung der Flutschäden zum erheblichen Teil um öffentliches Geld. Gerade das in Notzeiten gefragte unkonventionelle Handeln lädt Profiteure ein. Wie überall bei Korruption, wenn man sie zum Zuge kommen lässt, ist der gesellschaftliche Schaden weit größer, als was an Schmiergeldern in allzu offene Taschen fließt.

Vielen Dank

Hansjörg Elshorst

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Hansjörg Elshorst, Tel.: 030 - 34 38 20 23

Prof. Dr. Dieter Biallas, Tel.: 040 - 48 20 67

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