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Korruption: Wenig Schmeichelhaftes im internationalen Vergleich

03.07.2003

Ein Jahr hat es gedauert, bis die OECD einen Prüfbericht über Deutschland veröffentlichen konnte. Als Teil eines weltweiten Programms hatte eine Prüfgruppe die Umsetzung der OECD Konvention gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger in Deutschland beurteilt (siehe dazu die Eingabe von TI Deutschland vom 4. Juni 2002). Die Verzögerung ist nicht zufällig. Die Beurteilung ist insgesamt doch sehr kritisch ausgefallen. Die Bundesregierung hat versucht, dies abzuschwächen. Dabei ist nach unserer Einschätzung die Beurteilung durch die OECD kompetent, fair und ausgewogen, urteilt Dr. Michael Wiehen, Vorstandsmitglied von Transparency International Deutschland.

Die offiziellen "Empfehlungen" der OECD-Arbeitsgruppe sind zahlreich, wenn auch sehr diplomatisch formuliert. Noch aussagekräftiger sind die durch den gesamten Text verteilten "Anmerkungen der Prüfer" (Vertreter von Österreich, Japan und des OECD Stabes), die eine Reihe wesentlicher Mängel zitieren.

So haben weder Regierung noch Industrieverbände die Öffentlichkeit ausreichend darüber informiert, dass Korruption im Ausland nun mit Gefängnis bestraft wird. Die Medien können noch nicht über Prozesse berichten, da es noch keine gibt: Die Verfolgungsbehörden sind noch nicht genügend mit personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet, um internationale Bestechung verlässlich aufzudecken. Die so fortbestehende Unkenntnis, die bekanntlich nicht vor Strafe schützt, bedeutet insbesondere für Verantwortliche in mittelständischen Firmen ein hohes Risiko.

Die OECD kritisiert weiter, dass die zentrale Vernetzung der Verfolgungsbehörden unzureichend ist. Sie mahnt ein zentrales, bundesweit verpflichtendes Zentralregister "unzuverlässiger" (einschließlich wegen Korruption aufgefallener) Firmen an. Nicht einmal vorhandene Informationsquellen werden genutzt: Die Meldepflicht von Hinweisen auf Korruption ist für Beamte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater mangelhaft. Hinweisgeber (Whistleblower) werden nicht gesetzlich geschützt. Die ausgezeichneten Erfahrungen der Deutschen Bahn mit zwei von der Unternehmensleitung unabhängigen Kontaktstellen für Hinweisgeber (Ombudsleuten) werden von der OECD lobend hervorgehoben. Doch ansonsten ist die Zahl von Ombudsleuten in Unternehmen und Verwaltung verschwindend gering.

Die Prüfer fordern systematische Bemühungen, die Aufklärung über die verschärfte Gesetzeslage wirksam in Ausbildungsprogramme für Strafverfolger einzubauen. Sie mahnen bessere und detailliertere Statistiken über Korruptionsfälle an. Aber auch die Unternehmen sollen verstärkt in die Pflicht genommen werden. Aufsichtsräte sollten verpflichtet werden, Hinweise der Wirtschaftsprüfer auf "ernsthafte Gesetzesverletzungen" im Unternehmen an die Verfolgungsbehörden zu melden. Unternehmensinterne Codes of Conduct und entsprechende Umsetzungsprogramme sind auch bei mittelständischen Exportunternehmen einzuführen.

Die OECD Konvention war weltweit ein Signal, dass die bisherige Tolerierung von Korruption durch Regierungen und Firmen inakzeptabel ist. Die Öffentlichkeit hat dies aufgegriffen und reagiert sehr sensibel auf neue Fälle von Korruption. Auf 45 Seiten bietet die Beurteilung durch die OECD klare Ansätze für Verbesserungsbemühungen in Deutschland. Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen in Politik, Verbänden und Wirtschaft diese Ansätze nutzen. TI Deutschland wird diesen Prozess weiterhin begleiten und sorgfältig beobachten.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Hansjörg Elshorst, Tel. 030 - 549898 0

Björn Rohde-Liebenau, Tel. 030 - 549898 0

Dagmar Schröder, Tel. 030 - 549898 0

Zum OECD-Prüfbericht über Deutschland (pdf, 270 kB, englisch)

Eingabe von TI-D vom 4. Juni 2002 (pdf, 68 kB, englisch)

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