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Koalitionsvertrag in Rheinland-Pfalz: Geringe Berücksichtigung unserer Anliegen

Ein Kommentar von Heinrich Fischwasser, Leiter der Regionalgruppe Frankfurt/Rhein-Main

20.05.2021

© Sven Mandel, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons, https://bit.ly/3GMJCvw
Malu Dreyer, alte und neue Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz

Die Ampelkoalition Dreyer III in Rheinland-Pfalz steht: Vorgestern wurde Malu Dreyer für eine dritte Amtszeit zur Ministerpräsidentin gewählt. Die Verhandlungen zum Koalitionsvertrag „hätten große Freude gemacht“, sagte Dreyer jüngst dem SWR.

Diese Freude teilen wir nicht. In dem Dokument findet sich trotz großer Detailfülle (insgesamt 190 Seiten, über 40 Seiten länger als die Version 2016) leider wenig Konkretes zu den Vorschlägen von Transparency Deutschland, die wir den Regierungskoalitionären übermittelt hatten. Das Wenige findet sich verschämt auf der vorletzten Textseite.

  • Schaffung eines echten Lobbyregisters: Aktuell verfügt Rheinland-Pfalz über eine unverbindliche und damit wertlose Verbändeliste, die den Namen „Lobbyregister“ eigentlich nicht verdient. Die Koalition will nun ein Gutachten des „Wissenschaftlichen Dienstes“ abwarten und auf dessen Grundlage das bereits vorhandene „weiterentwickeln“ – das ist kein klares Bekenntnis zu einem echten, umfassenden und verpflichtenden Lobbyregister.
  • Einführung des „legislativen Fußabdrucks“: Nach dem Thüringer Modell fordern wir eine umfassende Dokumentation der Beiträge externer Berater und Interessenvertreter bei der Ausarbeitung von Gesetzentwürfen. Im Koalitionsvertrag soll unspezifisch geprüft werden, ob die Grundsätze von Open Data hierbei zukünftig noch (sic!) besser umgesetzt werden können. „Hierbei“ bezieht sich auf das Landtagsinformationssystem OPAL. Externe Eingaben zur Beeinflussung des legislativen Prozesses sind damit weiter nicht erfasst.
  • Einführung einer Karenzzeitregelung für ausscheidende Regierungsmitglieder von mindestens drei Jahren: Bei diesem Punkt wird noch nicht mal „geprüft“. Fairerweise muss angemerkt werden, dass die Übergangsversorgung in Rheinland-Pfalz vergleichsweise weniger großzügig ist.
  • Angemessene Verschärfung der Verhaltensregeln für Abgeordnete: Wir fordern hierbei Verbesserungen hinsichtlich Nebeneinkünften, Spendenannahme und Interessenkonflikten bei der Ausschussarbeit. Von einer Verschärfung ist im Koalitionsvertrag keine Rede, es wird lediglich auf die bereits vorhandenen Regeln verwiesen.
  • Transparenzgesetz: Vor der Wahl hatten wir eine Einschränkung der Ausnahmen und begriffliche Konkretisierungen im rheinland-pfälzischen Transparenzgesetz zur Informationsfreiheit empfohlen. Im Koalitionsvertrag findet sich zu diesem Thema nichts.
  • Kommunal- und Verwaltungsreform: Der Koalitionsvertrag lässt keinen wirklichen Ehrgeiz zu einem energischen Vorantreiben der Kommunal- und Verwaltungsreform erkennen (S. 169). Diese ist überfällig und würde nicht nur zu Effizienzgewinnen und Einsparungen führen, sondern auch für Unsauberkeiten anfällige Strukturen beseitigen. Der eigenwillige Verwaltungsaufbau des Landes ist ein Dauerthema.
  • Personalführung in der Ministerialverwaltung: Ein Wort zur Verbesserung der Personalführung in der Ministerialverwaltung vermissen wir ebenfalls. Die Ereignisse im Umweltministerium hätten dies nahegelegt. Die resultierenden Rochaden führen allerdings dazu, dass ein abgewählter Bürgermeister aus der Eifel an die Spitze der „Struktur- und Genehmigungsbehörde Nord“ (das Äquivalent zum Regierungspräsidium in anderen Bundesländern) treten soll. Siehe auch Punkt zuvor.

Mit anderen Worten: In punkto Transparenzdefizite wird es leider ein klares „weiter so“ geben, keiner unserer Punkte wurde ernsthaft aufgenommen. Das Land Rheinland-Pfalz wird auf diese Weise nicht vorankommen, sondern allenfalls seinen Mittelplatz in unserem Lobbytransparenz-Ranking der Bundesländer halten. Weder die Maskenaffären im Bundestag und Bayerischen Landtag noch die unbefriedigende Wahlbeteiligung vermochten hier eine stimulierende Wirkung auf die Koalitionäre zu entfalten.